In Kassel muss weiter um den Standort der PTA-Schule gebangt werden. Der Betrieb läuft nach aktuellem Stand nur noch bis Sommer 2016. Ob ein neuer Träger einspringt, ist noch immer nicht ganz klar. Erst wurde über die Miete der Schule gestritten, jetzt über das pädagogische Konzept. Bereits seit anderthalb Jahren wird nach einer Lösung für die PTA-Ausbildung an der Willy-Brandt-Schule gesucht.
Nach dem Wegfall staatlicher Fördergelder stand die Schule im Sommer vergangenen Jahres vor dem Aus. Die Mittel der Arbeitsförderungsgesellschaft (AGiL) reichen für einen Betrieb nicht aus. Doch im Juli 2014 sah alles nach Rettung aus: Die Bernd-Blindow-Schulen wollte als Träger einspringen. Schon vor einem halben Jahr hätten sie die Ausbildung der PTA vom Landkreis übernehmen können – was aber scheiterte.
Die Blindow-Gruppe betreibt in Kassel bereits die Rohrbach-Schule neben der Orthopädischen Klinik in Kassel-Wilhelmshöhe. Hier werden bisher Masseure, Ergotherapeuten und Physiotherapeuten geschult und ausgebildet. Geplant war ein Anbau an die bestehenden Gebäude, in dem dann auch PTA ausgebildet werden sollten.
Aufgrund der Baumaßnahmen wollten die Blindow-Schulen vorübergehend die Räume der Willy-Brandt-Schule nutzen. Danach war ursprünglich für Anfang 2016 der Umzug in die neuen Räumlichkeiten in Kassel-Wilhelmshöhe geplant. Doch auch für das Schuljahr 2016/17 steht die Genehmigung des Regierungspräsidiums Darmstadt (RP) noch aus, wie Geschäftsführer Bernd Blindow der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen (HNA) sagte.
Sein Sohn Andreas Blindow sagte der HNA, dass die Baupläne für den Anbau nun erst einmal auf Eis lägen. Solange es keine Genehmigung durch das RP gebe, könne der Weiterbau nicht verantwortet werden. Aktuell scheitert die Einigung offenbar an einer Forderung des RP nach einem Nachweis über die pädagogische Qualifikation des Lehrpersonals.
Das „pädagogische Fortbildungskonzept“, dass die Blindow-Schulen nun vorlegen müssten, sei laut Andreas Blindow fragwürdig. Schließlich sollten die bisherigen Lehrkräfte der Willy-Brandt-Schule, die dort teilweise viele Jahre lang unterrichteten, übernommen werden. „Die müssen jetzt plötzlich 400 Stunden pädagogische Qualifizierung absolvieren“, so Blindow.
Dr. Klaus Schaible, der für PTA-Ausbildung an der Willy-Brandt-Schule mitverantwortlich ist, zufolge ist die künftige Trägerschaft nach den vergangenen Gesprächen weiterhin ungeklärt. Das nächste Treffen zwischen der Gruppe und dem RP soll in den nächsten Tagen stattfinden. Hier müsse es endlich zu einer Einigung kommen, meint Schaible, damit die aktuell „traurige Entwicklung“ ein Ende nehme.
Die Landesapothekerkammer Hessen sieht es laut Schaible nicht als ihre Aufgabe, sich um die Trägerschaft zu bemühen und auch sonst sei keine Alternative in Sicht. Sollten das RP und die Blindow-Gruppe keine Lösung finden, sieht es schlecht aus. Schüler, die sich für eine PTA-Ausbildung in Kassel interessieren, werden an die Rohrbach-Schule verwiesen. Auf deren Internetseite ist das geplante Ausbildungsangebot für PTA weiterhin als „in Vorbereitung“ aufgeführt.
Die Schüler, die in diesem Sommer neu an der PTA-Schule aufgenommen wurden, wurden auf andere Schulen umverteilt. In Kassel wird nur noch der letzte Jahrgang unter der Trägerschaft der AGiL ausgebildet. Im Sommer 2016 werden die Schüler ihren Abschluss machen. Der aktuelle Betrieb und Unterricht könne bis dahin normal aufrecht erhalten werden, heißt es. Wie es danach weitergeht, wissen auch die Lehrkräfte nicht.
Laut RP-Sprecher Dieter Ohl lagen im Juli überhaupt noch keine Genehmigungsunterlagen vor. Derzeit hänge es jedoch nur noch an dem pädagogischen Konzept, das von den Blindow-Schulen noch nicht vorliege. Bei dem Gespräch in wenigen Tagen wird es somit vor allem darum gehen. „Ob man sich einigt, wird man sehen“, so Ohl.
Noch im Sommer gab es Unstimmigkeiten bezüglich der Miete der Räume der Willy-Brandt-Schule. „Der Landkreis hat uns den Mietvertrag nicht gegeben“, sagte der Seniorchef der Gruppe. Deshalb habe man sich nicht weiter um die Zulassung bemüht. Blindow wollte mit einem neuen Jahrgang starten, die aktuellen Schüler hätten vom alten Träger weitergeführt werden sollen. „Aber man wollte offenbar keine zwei Träger unter einem Dach. Damit war die Sache für uns geplatzt“, so Blindow.
Auch über die Refinanzierung machte sich Blindow bereits Gedanken. Ohne staatliche Zuschüsse, so seine Rechnung, müsste er ein Schulgeld von monatlich mindestens 370 Euro kassieren. Schaible spricht inzwischen sogar von 400 Euro monatlich, die nötig wären. Das sei für Schüler nicht zumutbar – vor allem, wenn die Verdienstaussichten der späteren PTA berücksichtigt werden.
Die PTA-Schule in Kassel wurde bereits 1968 gegründet. Sie gehört räumlich zur Willy-Brandt-Schule, der Beruflichen Schule des Landkreises Kassel. Der über die AGiL beteiligte Landkreis kann den Betrieb nach dem Wegfall der Fördergelder aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) nicht alleine stemmen. Im März 2014 beschloss der Kreisausschuss, die Defizite nicht mehr auszugleichen. Im August vergangenen Jahres wurde schon nur noch eine neue Klasse aufgenommen, statt wie bisher zwei.
In Hessen gibt es derzeit vier PTA-Schulen: Die Marburger Schule wird von der Deutschen Angestellten-Akademie (DAA) betrieben, hinter der Schule in Idstein steht der Konzern Fresenius. Die Frankfurter Schule wird von der Stiftung Collegium Pharmazeuticum getragen, bei der wiederum der Hessische Apothekerverband (HAV) engagiert ist. Die Blindow-Gruppe bildet PTA an ihren Berufsschulen in Aalen, Baden-Baden, Berlin, Bonn, Friedrichshafen, Hannover, Heilbronn, Leipzig, Mannheim, Schwentinental und Bückeburg aus.
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