Sicherlich gehören „patientenindividuelle“ Anfertigungen für Tiere zu einer Randaufgabe in der Rezeptur. Doch ab und an kommt es vor, dass Fertigarzneimittel für die humane Anwendung runterdosiert werden, sodass auch Hund und Katze das Arzneimittel vertragen. Durch das neue Tierarzneimittel-Gesetz könnten solchen Anfertigungen der Riegel vorgeschoben werden. Es könnte zur Anzeigepflicht jeder Tier-Rezeptur kommen.
Arzneimittel, die speziell für Tiere bestimmt und zugelassen sind, gibt es nicht wirklich viele auf dem deutschen Markt. So kommt es immer mal wieder vor, dass Kund:innen mit Rezepturanfragen für ihre Vierbeiner in die Apotheke kommen. Meistens handelt es sich um runterdosierte Humanarzneimittel. Bei vielen Wirkstoffen weiß man, dass Hunde und Katzen sie genauso gut vertragen wie Menschen, nur eben in einer geringeren Dosierung. Dann zerkleinern PTA die benötigten Tabletten und stellen, analog zur pädiatrischen Verordnung, Kapseln her. Apropos Kapseln – einige Apotheken dosieren auch fertige Kapseln für die Vierbeiner runter. Dann öffnet die PTA jede einzelne Kapsel, entleert sie und füllt sie im Falle von Granulat oder Mikro-Pellets, mit dem Spatel oder Löffel erneut wieder auf.
Dieses zweckentfremden von Humanarzneimitteln wird umwidmen genannt. Auch bei der Verwendung eines Humanarzneimittels als Basis für eine Rezeptur handelt es sich um eine Umwidmung. Das geplante neue Tierarzneimittel-Gesetz sieht nun eine Anzeigepflicht für Tier-Rezepturen vor. Bislang verfügte Deutschland nicht über ein gesondertes Tierarzneimittel-Gesetz (TAMG) – das Arzneimittelgesetz (AMG) deckte alle Rahmenbedingungen und Regelungen ab. Nach dem neuen TAMG sollen alle Tierarzneimittel, die nicht der Zulassungspflicht unterliegen, bei der Behörde gemeldet werden.
Die Abda kritisierte diesen Punkt in ihrer Stellungnahme vom 16. April: „Die vorgesehene Anzeigepflicht bei der Bereitstellung nichtzulassungspflichtiger Arzneimittel nach § 25 Absatz 6 TAMG geht zu weit, da sie auch die Bereitstellung von Rezepturtierarzneimitteln durch Apotheken erfassen würde.“ Eine Herstellung in der Apotheke wäre demnach mit stark erhöhtem Aufwand und strengen rechtlichen Hürden verbunden und würde zu zeitlichen Verzögerung bei der Versorgung des Tieres führen: „Sie [diese Regelung] wäre geeignet, die Herstellung dringend in der tierärztlichen Therapie benötigter Rezepturarzneimittel zu erschweren.“
Generell gilt, dass Veterinärmediziner:innen eine Rezeptur für Hund, Katze & Co. nur verordnen dürfen, wenn es Tierart und das Anwendungsgebiet keine zugelassenen Tierarzneimittel gibt und auch kein Humanarzneimittel ersatzweise infrage kommt. Zusätzlich muss nach § 56a Abs. 2 Satz 4 AMG noch erfüllt sein, dass kein Import eines Tierarzneimittels aus einem EU-Land oder des Europäischen Wirtschaftsraums möglich ist. Zur Art der Herstellung schreibt das NRF, dass die Herstellung der unterschiedlichen Darreichungsformen zur Anwendung bei Tieren sich nicht grundsätzlich von der Herstellung von Humanarzneimitteln. Aufgrund der Körpergröße bestimmter Tierarten könnten jedoch Hartkapseln in sehr kleinen oder sehr großen Größen erforderlich sein.
Bei der Kennzeichnung der Rezeptur muss §14 Abs. 1 ApBetrO befolgt werden. Somit werden Rezepturen für Tiere, die nicht der Lebensmittelgewinnung dienen, analog zu Humanrezepturen gekennzeichnet. Bei Rezepturarzneimitteln für Lebensmitteltiere muss die Kennzeichnung nach §10 AMG ausgeführt und eine Gebrauchsinformation nach § 11AMG erstellt werden.
Auch die Veterinärmediziner:innen warnen vor dem Gesetz. Ihnen geht es vor allem um das Rx-Versandverbot. Denn ab kommendem Jahr sollen verschreibungspflichtige Tierarzneimittel innerhalb der Europäischen Union nicht mehr verschickt werden dürfen. Fachtierärzte sehen darin eine Gefahr für die Behandlung exotischerer Haustiere, für die es oft nur wenige Experten gibt. Die Regelungen könnten sich „gravierend“ auf die Therapie von Millionen Wassertieren und anderen seltenen Spezies auswirken, befürchten Experten.
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