Aufstiegschancen für MFA gefordert Laura Schulz, 19.09.2024 13:59 Uhr
Die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte beklagen immer weiter fortschreitenden Fachkräftemangel, obwohl flächendeckend medizinische Fachangestellte (MFA) ausbildet werden. Von aktuell 330.000 MFA, die in den Praxen angestellt sind, wechselten immer mehr in den stationären Versorgungsbereich, warnt das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (Zi).
Als Grund wird eine oftmals bessere Vergütung gesehen, weniger Bürokratie und besser funktionierende IT-Systeme – Kliniken würden hier von MFA vielfach den Praxen vorgezogen. Auch Praxisinhaberinnen und -inhaber werden zunehmend weniger. Hier seien die Renteneintritte der geburtenstarken Baby-Boomer und der Teilzeit-Trend als Gründe zu nennen. „Dieser führt zu einem stetigen Rückgang der verfügbaren Arbeitszeit“, so das Zi. Zusammen mit dem demographischen Wandel sei davon auszugehen, dass bis 2035 etwa 1,8 Millionen offene Stellen unbesetzt bleiben.
„Wir stehen in der ambulanten ärztlichen Versorgung vor einer Zeitenwende. Aus dem vermeintlichen personellen Überangebot ist eine drohende medizinische Unterversorgung geworden. Tatsache ist: Die tragende Säule der medizinischen Versorgung in Deutschland wird personell deutlich dünner werden“, so der Zi-Vorstandsvorsitzende Dr. Dominik von Stillfried. „Kostensprünge und Bürokratielast zehren die Praxen zusätzlich aus. Handfeste wirtschaftliche Nachteile gegenüber den Kliniken demotivieren die Praxisinhaberinnen und Praxisinhaber zunehmend, eine dysfunktionale IT-Infrastruktur tut ihr Übriges.“
„Mehr Förderung, weniger Kontrolle“
Es brauche nun dringend einen Paradigmenwechsel: „Mehr Förderung, weniger Kontrolle“, so von Stillfried zur Eröffnung des zweitägigen Zi-Congresses „Versorgungsforschung 2024“ in Berlin. Vorstellbar seien auch Teampraxen, wie Dr. Volker Schrage, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL), meint. In einer solchen Teampraxis könnten sich unterschiedliche Gesundheitsberufe entsprechend ihrer Kompetenzen ergänzen.
Dafür brauche es wiederum neue Berufsbilder, die direkt an die Praxen angebunden und nicht als eigenständige Leistungserbringer mit neuen Schnittstellen zu bestehenden Versorgungsstrukturen etabliert werden. Hier sei die neue Berufsgruppe des „Physician Assistent“ zu nennen. Im Rahmen praxisnaher Studiengängen könnten sich MFA für diesen deutlich erweiterten Delegationsrahmen qualifizierten. Nichtärztliche Praxismitarbeitende in den Praxen zu halten und mit solchen Maßnahmen Berufe attraktiver zu machen, sei für die Sicherstellung der Versorgung hochrelevant.
Die Digitalisierung könne beim Fachkräftemangel wesentlich entlasten, dafür müssten die Arbeitsprozesse angepasst werden, damit die Maßnahmen nicht als zusätzliche Belastung wahrgenommen werden.
Zahnärzt:innen reduzieren Angebote
Eine bundesweite Umfrage des Zi im Auftrag der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) zur Personalsituation in den Zahnarztpraxen zeigt, dass 40 Prozent ihre Personalsituation als schlecht oder sehr schlecht bewerten. Etwa 43 Prozent der befragten Praxen mussten aus Personalmangel bereits das Behandlungsangebot reduzieren.
„Unsere Mitarbeitenden sind das Herz unserer Praxen. Ihre Arbeit ist eine entscheidende Grundlage für die Funktionsfähigkeit der Praxen und damit für eine flächendeckende, qualitativ hochwertige zahnärztliche Versorgung“, so Martin Hendges, Vorstandsvorsitzender der KZBV. Der aktuell festgestellte Personalmangel sei „ein deutliches Alarmsignal an die gesundheitspolitisch Verantwortlichen in unserem Land endlich zu erkennen, dass bewährte Versorgungsstrukturen auf dem Spiel stehen“, mahnt Hendges.