Die Kontrolle des Qualitätsmanagementsystems (QMS) hat in manchen Apotheken den Stellenwert einer Revision. Der Rundgang des Auditors ist nicht bei jedem Inhaber beliebt. PTA und Auditorin Bianca Manaf berichtet aus ihrem Arbeitsalltag und beschreibt typische „Knackpunkte“ in der Apotheke.
Manaf hat sich beim Lette-Verein Berlin bis 2004 zur PTA ausbilden lassen. Danach arbeitete sie zwei Jahre lang in öffentlichen Apotheken in Berlin und Darmstadt. Dort hat sie bereits im Bereich QMS gearbeitet. Ab 2006 war sie im Bereich Weiterbildungen des Hessischen Apothekerverbands (HAV) tätig.
Als die akkreditierte Zertifizierungsstelle Sanprocert, ein Tochterunternehmen des HAV, eine Aushilfe suchte, kehrte Manaf zum QMS zurück. „Ich ließ mich 2012 von der DGQ, der Deutschen Gesellschaft für Qualität, in drei Monaten zur Auditorin ausbilden“, berichtet sie. Die Ausbildung kostete mehrere tausend Euro.
Zunächst arbeitete Manaf als Co-Auditorin, unterstützte also einen erfahrenen Auditor bei den Apothekenbesuchen. Seit gut drei Jahren leitet sie selbst Audits und ist seit Jahresbeginn stellvertretende Zertifizierungsstellenleiterin der Sanprocert. Außerdem bietet sie beim HAV Grundlagenseminare zum Thema QMS an.
Manaf besucht Apotheken, die sich dafür entschieden haben, ihr QMS zertifizieren zu lassen. Dann muss in jedem Jahr ein Auditor vorbeikommen, alle drei Jahre gibt es eine große Inspektion. Manaf führt etwa 200 Audits pro Jahr durch. Maximal schafft sie zwei Überwachungsaudits pro Tag, in den Apotheken „kleine Audits“ genannt. Ein Zertifizierungs- oder Rezertifizierungsaudit dauert dagegen – je nach Apothekengröße – bis zu einem ganzen Tag.
In Apotheken übernimmt sie den pharmazeutischen Rundgang gemeinsam mit Inhaber und Qualitätsmanagement-Beauftragtem (QMB). „Oft sind das PTA oder auch PKA, die einen sehr guten Job machen“, lobt sie. Wichtiges Merkmal eines guten QMB: „Offene Augen“, sagt Manaf. „Sie sollten ohne Scheuklappen Prozesse beobachten und Änderungsbedarf erkennen.“ Allerdings sei der Einfluss des QMB immer davon abhängig, wie viel Bedeutung der Inhaber Qualität beimesse.
Zum pharmazeutischen Rundgang gehört unter anderem die Besichtigung des Labors. „Hygiene ist ein großes Thema“, berichtet Manaf. Sie achte auf eingestaubte Regale, zugestellte Arbeitsflächen und verdreckte Wasserbäder und Schläuche. „So etwas kann die Patienten gefährden“, so Manaf.
Außerdem begutachtet Manaf die Protokolle aus Rezeptur und Herstellung. Auch die Dokumentation nimmt die Auditorin ins Visier. Während die Kartei der Betäubungsmittel (BtM) meist in Ordnung sei, müsse sie den Transfusionsgesetz-Ordner, sowie die Import- und Tierarzneimittelkarteien recht oft beanstanden. „Darin ist fast immer etwas durcheinander“, sagt Manaf. Außerdem schaut sie nach der Barrierefreiheit. Die werde in nicht denkmalgeschützten Apotheken bereits gut umgesetzt.
Manafs Besuch ist nicht immer willkommen. „Manche Inhaber stehen mir sehr ablehnend gegenüber und haben mich auch schon verbal angegriffen“, berichtet sie. Andere wiederum zeigten großes Interesse an Qualität und seien für Hinweise dankbar. „Sie wollen verstehen, warum ich auf bestimmte Dinge Wert lege“, sagt Manaf.
Ihr gehe es keineswegs darum, Apotheken zu kritisieren. „Ich will Apotheke und Kunden vor Risiken schützen“, erklärt Manaf. Ihre Anmerkungen seien wertfrei. „Wenn ich Abweichungen feststelle, ist damit nicht die ganze Apotheke schlecht“, betont sie. Anders als der Pharmazierat darf ein Auditor eine Apotheke nicht schließen. Beim Audit würden jedoch ähnliche Punkte angesprochen. Somit könne der Auditor den Inhaber schon vor einer Revision auf Probleme hinweisen, so Manaf. Verbesserungstipps dürfe sie allerdings nicht geben.
Ziel eines QMS sei nicht, Schuldige zu finden, so Manaf. Stattdessen sollen die Umstände aufgedeckt werden, die zu einem Fehler führen könnten. In einem Fall wurde zum Beispiel ein falsches Arzneimittel an den Kunden ausgeliefert: „Die PKA packten die Botentüten an einem zu kleinen Tisch, der Bote kam eine halbe Stunde früher als angekündigt und der Apotheker hatte kaum Zeit für die Freigabe, weil viele Kunden im Verkaufsraum warteten.“ Eine größere Arbeitsfläche, eine Kraft mehr im Verkauf und eine Anweisung an den Boten, nicht vor der vereinbarten Zeit zu kommen, entschärften die Fehlerquelle.
Bei einem guten QMS reiche es nicht, Arbeitsabläufe zu verbessern. Genauso wichtig sei, zu prüfen, ob die Änderungen wirksam seien. „Das wird oft vergessen und dann heißt es: 'Ein QMS bringt nichts und kostet nur Geld'“, berichtet Manaf. Einige Wochen oder Monate nach einer Veränderung im Betriebsablauf sollte geprüft werden, ob beispielsweise weniger Kundenreklamationen eingegangen seien oder sich die wirtschaftlichen Apothekenkennzahlen verbessert hätten. „Wann und woran evaluiert werden sollte, hängt von der jeweiligen Veränderung ab“, sagt Manaf.
Manaf kann sich selbst nicht vorstellen, als PTA wieder in der Apotheke zu arbeiten. „Dort kriege ich keine Luft“, sagt sie. „Ich habe mich einfach in eine andere Richtung entwickelt.“
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