Lohnzahlung

Apotheker zahlen Gehalt nicht pünktlich Lothar Klein, 23.06.2017 10:54 Uhr

Berlin - 

Nicht nur Kinderreichtum ist einer der Gründe, warum auch PTA in die Armut abrutschen können. Jeden Monat melden sich Apothekenmitarbeiter bei der Adexa, weil ihr Gehalt nicht pünktlich gezahlt wurde. Wird dann zum 1. des Monats die Miete fällig, gibt es rasch Probleme. „Immer häufiger zahlen Apotheker das Gehalt nicht pünktlich“, heißt es bei der Apothekengewerkschaft, „das sind leider keine Ausnahmen“. Auch in Streitfällen oder bei der Beendigung von Arbeitsverhältnissen behielten Apotheker häufig das Gehalt komplett oder teilweise ein.

Am Telefon der Adexa-Rechtsberatung melden sich mehrmals im Monat PTA, weil der Chef wieder einmal das Gehalt nicht pünktlich gezahlt hat. Laut Tarifvertrag muss das Geld am vorletzten Banktag des Monats auf dem Konto der Mitarbeiter angekommen sein. Nach der Erfahrung von Adexa kommt es aber immer häufiger vor, dass dieser Termin nicht eingehalten wird. Kommt das Geld nur ein paar Tage später, gibt es in der Regel keine Probleme. Dauere der Verzug länger, werde aber schon mal die Zahlung der Miete von der Bank zurückgewiesen. „Dann gibt es Ärger“, heißt es bei Adexa, „denn schließlich ist der Arbeitnehmer mit seiner Arbeit in Vorleistung gegangen.“

In solchen Fällen rät Adexa zuerst zu einem Gespräch zwischen Mitarbeiter und Chef. Sollte dass nicht helfen, bietet Adexa an, einen Brief an den Apothekeninhaber zu schreiben. Darin wird auf den Anspruch auf Schadensersatz bei säumigen Gehaltszahlungen für die Mitarbeiter hingewiesen. „Dann wird meistens sofort gezahlt“, so Adexa-Rechtsanwältin Minou Hansen.

Zu gerichtlichen Auseinandersetzungen kommt es in solchen Fällen nicht. „Das dauert zu lange.“ Angesichts des guten Arbeitsmarktes könnten sich die Mitarbeiter ja nach einer Anstellung in einer anderen Apotheke umsehen. Auf keinen Fall sollten Mitarbeiter Arbeitsverträge unterschreiben, die die Gehaltszahlung erst am 15. des Folgemonats vorsähen, rät Adexa.

Streit ums Geld gibt es nach den Erfahrungen von Adexa auch häufiger am Ende von Arbeitsverhältnissen. „Einige Apotheker halten dann einen Teil des Gehalts oder das komplette Gehalt zurück“, so Hansen „Offene Gehälter einzuklagen, ist heute für Adexa an der Tagesordnung.“

In finanzielle Schwierigkeiten geraten können PTA auch schnell, wenn sie Teilzeit arbeiten: Nur 41 Prozent der PTA arbeiten laut einer Adexa-Statistik in Vollzeit. 15 Prozent reduzieren ihre Arbeitszeit nur um bis zu vier Stunden wöchentlich. 13 Prozent der PTA arbeiten zwischen 31 und 35 Wochenstunden, 12 Prozent zwischen 26 und 30 Stunden, weitere 9 Prozent zwischen 21 und 25 Stunden, 8 Prozent 16 bis 20 Stunden und eine kleiner Minderheit von 2 Prozent bis zu 15 Stunden.

Eine PTA, die ihre Arbeitszeit beispielsweise wegen der Kinderbetreuung oder der Pflege eines Angehörigen auf 30 Stunden reduzieren muss, gerät in die Armutsfalle. Wie so etwas im realen Leben aussehen kann, schilderte kürzlich die ZDF-Reportage „Armut in Deutschland“. Dort wurde versehentlich eine Apothekerin vorgestellt, die wegen einer Drillingsgeburt in finanzielle Nöte geriet und putzen gehen musste.

Wie sich nach Ausstrahlung der Sendung herausstellte, handelte es sich bei Marion Sprenger aber nicht um deine Apothekerin, sondern um eine PTA. Am finanziellen Sachverhalt ändert das nichts: Mit ihrem Mann Martin lebt Sprenger in Datteln, etwa eine Autostunde nördlich von Düsseldorf. Der Mann arbeitet laut ZDF als Außendienstler, seine Frau habe ihre Arbeit in der Apotheke aufgeben müssen.

Damit werde das Familienbudget am Monatsende knapp: 3226 Euro beträgt laut ZDF das monatliche Haushaltseinkommen. Davon gehen 1882 Euro als Fixkosten ab. Den größten Teil davon müssen die Sprengers für den Hauskredit abbezahlen: 1110 Euro jeden Monat. 1344 Euro blieben der fünfköpfigen Familie als Haushaltsgeld. „Manchmal muss ich mit der Kreditkarte bezahlen“, beschreibt der Familienvater die Lage. So könne er die Kosten auf den nächsten Monat verlagern. Unter Strich gehe es so „plus minus Null“ auf.

Selbst für neue Kinderbetten reiche das Geld nicht aus. „Mein Gehalt fällt ja komplett weg“, erzählt die PTA. Jetzt arbeite sie im Nachbardorf als Reinigungskraft: „Putzfrau ist kein Job, das ist Dreck aufräumen“, beschreibt sie frustriert, „aber ich verdiene mein Geld damit.“ Wenn sie an die Zukunft der drei Kinder denke, „bereitet mir das schon Kopfschmerzen.“ Extras wie Musikunterricht oder ähnliches seien da nicht drin. Bis zu 130.000 Euro kostet in Deutschland im Schnitt ein Kind bis zum Ende der Ausbildung, zitiert das ZDF die Statistik.