Syrische Geschwister mit Bestnoten

„Apotheker ist das Ziel“

, Uhr
Berlin -

Hamza Mohammad und seine beiden Schwestern Roshan und Shirin haben jetzt alle drei ihren Realschulabschluss in der Tasche und das mit wirklich guten Noten. Roshan ist sogar Jahrgangsbeste. Ihre Familie ist stolz, denn die drei Geschwister sind erst seit knapp vier Jahren in Deutschland. 2016 sind sie aus Syrien geflohen, damals herrschte in ihrer Heimatstadt Bürgerkrieg. Nun wollen die drei ihre berufliche Karriere planen – Medizin und Pharmazie sind die Wunschstudiengänge. Um dieses Ziel zu erreichen, beginnen alle drei eine Ausbildung – Hamza und Roshan besuchen ab Herbst die PTA-Schule Braunschweig.

In diesem Jahr gestalteten sich die Schulabschlüsse etwas ruhiger als in den Vorjahren – große Abschlussbälle und Jahrgangsfahrten mussten aufgrund von Corona entfallen. Doch das tat der Freude der Geschwister Mohammad keinen Abbruch. Sie halten alle drei ihren Realschulabschluss in den Händen. Schwester Roshan ist Jahrgangsbeste, auch Bruder Hamza und die jüngere Schwester Shirin haben einen guten Zweier-Schnitt. Mutter und Vater sind stolz auf ihre drei Kinder. Genauso wie der Klassenlehrer. Innerhalb von vier Jahren haben alle drei gut Deutsch gelernt und ihre Lieblingsfächer zu beruflichen Interessen ausgebaut. Diese sind klar definiert: Arzt und Apotheker, das sind die Wunschberufe. Da bei ihrer Ankunft 2016 kein Platz auf einem Gymnasium frei war, muss das Abitur noch nachgeholt werden, berichtet Hamza.

„Gute Noten sind wichtig. Deshalb haben wir uns von Anfang an angestrengt“, berichtet Hamza, „aber Abitur ist unser Ziel. Das Fachabitur können wir dann während der Ausbildung erwerben.“ Doch am Anfang war es gar nicht so einfach, gute Noten zu schreiben, erinnern sich die drei. Denn keiner konnte Deutsch. „Zunächst haben wir nur Fünfen geschrieben. Als wir die Sprache besser konnten, wurden natürlich auch die Noten besser.“ Nach der Ankunft in Deutschland haben sie einen dreimonatigen Sprachkurs absolviert. „Das hat aber natürlich nicht ausgereicht, um die Sprache zu können. Also haben wir danach selbstständig weitergelernt – mit Youtube, sechs Stunden am Tag bis zu viermal die Woche. Durch das Unterhalten mit anderen Jugendlichen konnten wir die Sprache noch schneller lernen“, so Hamza.

Ihr Klassenlehrer sei immer eine große Hilfe gewesen. Er habe sich auch nach dem Unterricht Zeit genommen, um Fragen zu beantworten oder ein paar Deutschkenntnisse zu vermitteln. An der Realschule in Salzgitter hatten die Geschwister nach eigenen Aussagen einen guten Start. Das Trio wurde von den Lehrern stets als sehr ehrgeizig empfunden. Hört man den Geschwistern zu, so wird deutlich, wie wichtig ihnen der Zusammenhalt ist. Das gemeinsam „neu sein“ hat ihnen viele vergangene Tage Kraft gegeben. Und die Disziplin und der Fleiß haben sich nun ausgezahlt – auf einer ersten Etappe. „Ein Realschulabschluss reicht nicht. Wir wollen Abitur machen und dann noch studieren.“

Hamza möchte Apotheker werden, genauso wie seine Schwester Roshan. Hierfür absolvieren beide bald die Ausbildung zum PTA in Braunschweig. Ob der Ausbildungsstart regulär erfolgen kann, wissen die Geschwister noch nicht. „Sie wollen uns bald Bescheid geben. Aber aufgrund von Corona konnte man uns noch nicht sagen, wie genau die ersten Wochen aussehen werden“, so Hamza. Die letzten Wochen auf der Realschule seien ja auch ganz besonders gewesen, so die Geschwister. Auch nach der Schule werden die drei ein Team bleiben, denn auch Schwester Roshan folgt ihren Geschwistern an die Dr. von Morgenstern Berufsschule. Sie will den Beruf der BTA erlernen – ebenfalls als Vorbereitung auf ein Studium. Ihr Ziel: Ärztin.

Sind die Berufe in der Familie Tradition? „Nein, bislang haben wir keinen Apotheker in der Familie, auch keinen Arzt. Unser Vater ist Koch. Der Berufswunsch entstand in Deutschland.“ Als langfristiges Ziel gilt die Eröffnung einer eigenen Apotheke. „Zusammen mit meiner Schwester möchte ich diese dann führen. So etwas gemeinsam zu machen, ist immer besser.“ Roshan ist vor allem an Chemie begeistert. Hier freut sie sich schon auf die Praktika in der Ausbildung. „Während der Ausbildung können wir parallel das Fachabitur machen.“ Mit der PTA-Ausbildung und dem höheren Schulabschluss steht dem Pharmaziestudium an einigen Studienorten nichts mehr entgegen.

Vier Jahre ist die wochenlange Flucht aus Syrien erst her, berichtet Mohammad. In der ersten Zeit war noch nicht klar, wo in Deutschland sie leben können und wo sie die Schule besuchen können. Salzgitter ist der zweite Wohnort der Familie. Mit Braunschweig folgt für die Geschwister in den kommenden Wochen der Dritte. Die Eltern sind stolz auf ihre Kinder, besonders darauf, dass alle drei so langfristige Ziele verfolgen. Auch der Bürgermeister der Stadt Salzgitter wollte in dieser Woche seinen Respekt vor der guten Leistung aussprechen und lud die Familie Mohammad zum Essen ein. Solche Anlässe freuen die Geschwister und lassen sie noch stärker an ihren Traum festhalten. In wenigen Wochen geht dann ein neuer Lebensabschnitt für die Geschwister los. Auch hier, so scheint es, hilft ihnen vor allem das Zusammensein. Im Gespräch spürt man die ehrliche Unterstützung untereinander. „Zusammen zu sein ist immer das Beste“, so Hamza.

 

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Neuere Artikel zum Thema
Mehr zum Thema
„Hessen hat eine weitere Apothekerin verloren“
Jahrelanges Warten: Pharmazeutin wechselt in die Industrie
Mehr aus Ressort
Gesundes Weihnachtsgewürz
Nach dem Festessen: Eine Tasse Zimttee
10 Prozent auch nachmittags
Heiligabend: Jeder Fünfte arbeitet
Gesund durch die Weihnachtszeit
Nüsse sind wahre Kraftstoffpakete

APOTHEKE ADHOC Debatte