Kammer will einschreiten

Apothekentest: Globuli gegen Sars-CoV-2

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Berlin -

Hygiene, Desinfektion und Abstand: Das sind bisher die wichtigsten Maßnahmen, um eine Infektion mit dem neuen Coronavirus Sars-CoV-2 zu vermeiden. Arzneimittel, die dabei helfen können, sind noch nicht bekannt. Zumindest keinen seriösen Apothekern. In Österreich scheint es dennoch zahlreiche Apotheken zu geben, die vorgeben, eine Lösung parat zu haben: Globuli. Die Kammer kündigt an, gegen solche Empfehlungen vorzugehen.

Ob man zu denen gehört, die von der Effektivität von Homöopathie überzeugt sind, oder zu denen, die Homöopathie als Pseudomedizin ablehnen, ist eigentlich egal: Dass Globuli nicht gegen eine Infektion mit dem neuen Coronavirus helfen, sollte eigentlich jedem Pharmazeuten und Apothekenmitarbeiter klar sein. Überall scheint diese Aufassung aber nicht auf Zustimmung zu stoßen. Für einen launigen Blogbeitrag in der österreichischen Zeitung „Der Standard“ hat sich ein Journalist die Mühe gemacht, ein gutes Dutzend Apotheken zu kontaktieren, um in Erfahrung zu bringen, wie sie zu Homöopathika zur Coronavirus-Prävention stehen – und ein paar überraschende Antworten erhalten.

Sie habe ihm beispielsweise die Apotheke Kaiserkrone in Wien – laut eigener Homepage auf Homöopathie spezialisiert – eigens „Corona-Nosoden“ angeboten, die es seit der Sars-Epidemie 2003 gibt: „Es gibt die Corona-Nosode schon seit dem Jahre 2003 im Zusammenhang mit SARS. Gerne können Sie am Nachmittag vorbeikommen und die Corona-Nosode in Auftrag geben“, zitiert er die Apotheke. Die Mariahilf-Apotheke im steirischen Trofaiach hat ihm demnach sogar noch genauere Tipps gegeben: „Es sind genug lagernd, ein Fläschchen kostet 17,90 Euro“, habe sie ihm geantwortet. „Einnahme als Einmalgabe, fünf Globulis lutschen und nach zehn Minuten nochmals fünf Globulis.“

In der Apotheke zur Heiligen Elisabeth im wohlhabenden 3. Wiener Bezirk Landstraße habe er zwar keine Nosoden erhalten. Dafür habe ihm die Apotheke „informierte Schwingungsglobuli“ des Unternehmens Solid-Sol empfohlen. Hinter Solid-Sol stehe eine Esoterikerin namens Nicola Wohlgemuth, die zwar keine Medizinerin ist, sich dafür aber selbst als „Sonnehexe“ bezeichnet. Ihre „Rostock Globuli“ helfen laut eigenen Angaben vor allem gegen Virenerkrankungen.

Tatsächlich sind einer Broschüre des Unternehmens zahlreiche Produkte zu entnehmen, die als wirksam gegen teils sehr ernste Infektionskrankheiten gepriesen werden. Die Globuli enthalten demnach eine „Löschfrequenz der Viren inklusive deren natürlicher und künstlicher Mutationsformen“. Ernsthaft steht in der Broschüre, dass die Globuli präventiv genommen werden sollen, bevor man in Kontakt mit Infizierten tritt. „Diese Anwendung ist prophylaktisch zur Erreichung einer selektiven Aufmerksamkeit des Immunsystems (z.B. Reise in ein Gebiet, wo es immer wieder Infektionen gibt)“, heißt es in der Broschüre.

Sind Fälle von infektionen bekannt, solle man einmal drei Globuli täglich nehmen, ist man selbst infiziert, dreimal fünf Globuli täglich. Und die Viren, gegen die das Portfolio der von Solid-Sol auf im Online-Shop angebotenen Globuli helfen soll, haben es in sich: Neben Masern, Mumps und Röteln finden sich darunter auch humane Papillomviren bis hin zu Ebola.

Immerhin: Der Standard gibt sich Mühe, es nicht so darzustellen, als seien Apotheker Quacksalber. Die Mehrzahl der Apotheken habe darauf hingewiesen, dass die Einnahme von Globuli gegen Sars-CoV-2 nicht hilft. Auch Apotheken, die Homöopathie führen, hätten mehrheitlich seriös auf die Anfragen reagiert. „Die Anwendung derartiger Nosoden ist wirkungslos“, wird beispielsweise die Schutzengel-Apotheke in Wels zitiert, „bis zu einem Nachweis einer Wirksamkeit werden wir ein derartiges Produkt weder auf Lager haben noch jemandem empfehlen.“

Mittlerweile hat sich auch die Apothekerkammer geäußert: Unter der Überschrift „Kein Einsatz von homöopathischen Mitteln gegen Coronavirus“ weist die Geschäftsstelle darauf hin, dass „Apotheken gemäß §12 Berufsordnung bei der Marktkommunikation die Zielsetzung zu beachten haben, das wissenschaftliche Ansehen der Apothekerschaft zu bewahren und auszubauen sowie das darauf gründende Vertrauen der Öffentlichkeit in den Berufsstand zu sichern“. Die klare Botschaft: „Derartiges Verhalten wird unverzüglich beim Disziplinarrat zur Anzeige gebracht.“

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