Zahlreiche Apotheken bewerben FFP2-Masken speziell für Kinder. Die Nachfrage nach kleinen Schutzmasken stieg insbesondere mit der Öffnung von Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen an. Dazu kommen die Anfragen wegen Bezugsscheinen. Mehreren Apotheke in Rheinland-Pfalz wurde die Abgabe von der Gewerbeaufsicht jetzt untersagt. Bei Zuwiderhandlung drohen Strafen.
In Rheinland-Pfalz prüft die Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord mit Sitz in Koblenz die Maskenständer ganz genau. Sie stellte bei der Inspektion von Apotheken fest, dass FFP2-Schutzmasken für Kinder verkauft werden. Zudem würden die Masken bei Vorlage von Bezugsscheinen abgegeben werden. In einem anschließend verschickten Schreiben weist die Aufsicht auf die fehlende Rechtsgrundlage in Europa hin: „Die Vorschriften für FFP2 Schutzmasken (insbesondere die DIN EN 149) regeln die Anforderungen für persönliche Schutzausrüstungen am Arbeitsplatz und gelten deshalb nur für Erwachsene“, heißt es.
Die Prüfparameter könnten nicht einfach auf Kinder übertragen werden, argumentiert die Behörde. Es gebe beispielsweise keine Vorgabe, welcher Atemwiderstand für Kinder geeignet sei. „Auf den Kinder FFP2 Schutzmasken und deren Verpackung ist angegeben, dass diese nach der Norm DIN EN 149 ‚Atemschutzgeräte – Filtrierende Halbmasken zum Schutz gegen Partikeln – Anforderungen, Prüfung, Kennzeichnung“ geprüft worden seien. „Es wurden mittlerweile bereits Prüfzertifikate für Kinderschutzmasken, von der auf der Schutzmaske angegebenen akkreditierten Stelle, zurückgenommen“, heißt es weiter.
Für die Marktüberwachungsbehörde sei es nicht nachvollziehbar, welche Soll-Parameter der Prüfung zugrunde gelegt wurden. „FFP2 Schutzmasken für Kinder sind wegen des Fehlens einer Rechtsgrundlage in der EU grundsätzlich nicht verkehrsfähig und dürfen deshalb in Ihrer Apotheke nicht mehr verkauft bzw. abgegeben werden“, teilte die Behörde mit.
Die auf dem Markt befindlichen Produkte seien keine konformen FFP2-Masken. „Die Kinderschutzmasken können deshalb auch keinem der in der Anlage zur ‚Verordnung zum Anspruch auf Schutzmasken zur Vermeidung einer Infektion mit dem Coronavirus Sars-Cov-2 (Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung – SchutzmV) aufgeführten abgabefähigen Maskentypen zugeordnet werden.
Die Aufsicht empfiehlt der Apotheke, dem Lieferanten die FFP2-Kinderschutzmasken zurückzugeben und auf das Schreiben der Aufsicht zu verweisen. In Koblenz will man noch mehr Informationen: Die Behörde bittet um die Kontaktdaten des Lieferanten. Zudem soll die Apotheke die Zahl der eingekauften und bereits verkauften Produkte nennen. Ihr wurde eine Frist bis Mitte April gesetzt. Sie will die Anbieter kontaktieren: „Wir werden versuchen, die Lieferketten nachzuverfolgen und den Handel mit diesen Masken zu verhindern. Sollten Apotheken oder andere Wirtschaftsakteure wider besseren Wissens die Kindermasken weiter verkaufen, so müssten wir gegebenenfalls weitere geeignete behördliche Maßnahmen prüfen“, sagt eine Sprecherin der Gewerbeaufsicht.
Eine pauschale Empfehlung für betroffene Kunden gebe es nicht, so die Sprecherin. „Die Verpflichtung zum Tragen medizinischer Masken für Kinder in bestimmten öffentlichen Bereichen und die Abgabe von Masken im Rahmen der Schutzmaskenverordnung mit Berechtigungsscheinen von Apotheken sind politische Entscheidungen und können unsererseits nicht kommentiert werden.“ Die Formen und Abmessungen von FFP 2-Masken für Erwachsene seien nicht identisch, sodass es durchaus möglich sei, dass bestimmte Maskentypen auch Kindern relativ gut passen und andere wiederum nicht.
Zahlreiche Apotheken werben mit FFP2-Masken in kleiner Größe etwa für Kinder. Über die Webshops wird beispielsweise auf das Zertifikat für die Marke YWSH eines chinesischen Herstellers aus dem Jahr 2020 verwiesen. Auch im Internet bieten zahlreiche Händler FFP2-Kindermasken an. Kinder-OP-Masken, die nicht kritisiert werden, gibt es mittlerweile von zahlreichen Anbietern.
Kinderärzte stehen den filtrierenden Halbmasken ebenfalls kritisch gegenüber. In einer gemeinsamen Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI), des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ), der Gesellschaft für Pädiatrische Pulmologie (GPP) und der Süddeutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (SGKJ) raten die Mediziner zum Tragen eines chirurgischen Mundschutzes, dies sei „die vernünftigste Lösung“. Die Kinder sollten zudem stets die Möglichkeit haben, die Masken abzusetzen und Tragepausen einzulegen.
Weiter heißt es in der gemeinsamen Stellungnahme: „Eine Maske sollte nur bei wachen Kindern verwendet werden und nicht bei Kindern unter zwei Jahren, nicht bei schweren Atemproblemen, wenn die Kinder die Maske nicht ohne Hilfe entfernen können oder wenn sie aufgrund einer geistigen oder körperlichen Behinderung, ihrer intellektuellen Reife oder wegen Verhaltensauffälligkeiten diese nicht bestimmungsgemäß einsetzen können.“
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