Beratungsschwerpunkte

Babyprofis in der Apotheke

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Berlin -

In Apotheken ist das Mutter- und Kindregal oft nur eine Randerscheinung. In der Freiwahl dominieren Kosmetik- und Hygieneprodukte sowie Vitamine. Apothekerin Karin Muß will die Schwangerenberatung in der Offizin verbessern. Die angestellte Approbierte wollte sich selbst zur Stillberaterin weiterbilden, fand aber zunächst keine hochwertigen wissenschaftlichen Seminare. Vor acht Jahren gründete sie deshalb den Verein „Babyfreundliche Apotheke“.

Muß ist immer wieder auf Kritik an der Schwangerenberatung in Apotheken gestoßen: „Während meiner Ausbildung zur Still- und Laktationsberaterin erzählten mir viele Hebammen, Frauenärzte und Stillberater vom schlechten Fachwissen in der Offizin“, erinnert sie sich. Daraufhin bot sie selbst Seminare an. Teilnehmer fragten nach einer Zertifizierung – die Idee zur Vereinsgründung.

Heute sind von den 140 Mitgliedern 66 Apotheken zertifiziert. Die Anforderungen sind hoch: Inhaber müssen mindestens drei Mitarbeiter in ein Seminar schicken. „Wir wollen, dass in der Apotheke von 8 bis 18 Uhr die Beratung abgedeckt ist“, sagt Muß. Die Schulung umfasst 24 Stunden und ist auf drei Tage eingeteilt.

Am ersten Tag ist Schwangerschaft der Schwerpunkt. Inhaltlich gehe es um spezielle Ernährung und Medikamente in den neun Monaten, mögliche Schädigungen sowie die Anatomie der Brust und die Hormone in der Schwangerschaft. An Tag 2 dreht sich alles um das Thema Stillen. Hilfsmittel werden gezeigt und die Zusammensetzung der Muttermilch besprochen.

Tag 3 informiert über den Säugling. Dabei gehe es um Pflege und künstliche Nahrung, sagt Muß. Außerdem würden Probleme wie Erkrankungen, Schreibabys oder der plötzliche Kindstod diskutiert. Je nach Veranstaltungsort, also Apothekerkammer oder -verein, kostet die Teilnahme zwischen 400 und 800 Euro pro Person.

Außerdem müssen Mitglieder ein 130 Seiten umfassendes QM-Handbuch umsetzen. Dabei gehe es vor allem um Beratungskompetenz, sagt Muß. Die Apotheken müssten zudem über ein Netzwerk aus Gynäkologen, Hebammen, Kinderärzten und Stillberatern verfügen, um die Kundinnen weiterleiten zu können. Bestehen die Anwärter eine mündliche Prüfung, erhalten sie das Siegel.

Die einmalige Aufnahmegebühr liegt bei 100 Euro, jährlich fallen 300 Euro an. Das QM-Handbuch kostet 200 Euro, pro Filialapotheke sind es 100 Euro. Für die erste Zertifizierung werden 1500 Euro fällig. Nach drei Jahren werden die Apotheke erneut zertifiziert – Kostenpunkt: 1000 Euro. Momentan stagniere die Nachfrage nach der Mitgliedschaft, sagt Muß. „Viele Apotheken schrecken vor dem Aufwand zurück.“ Derzeit werde an einem Konzept gearbeitet, um wieder Schwung in die Akquise zu bringen.

Finanziell lohnt sich die relativ hohe Investition laut Muß erst im zweiten Schritt: „Kurzfristig lässt sich mit Stilleinlagen und Nahrungsergänzungsmitteln kein Geld verdienen“, sagt sie. Die Schwangeren würden bei guter Beratung aber zu Stammkunden.

Die Frauen erhalten vor der Geburt über den Verein eine Tüte mit Produktproben, Infomaterialien und einen Gutschein für eine „Stilltasche“ – das Pendant zur „Schwangerentüte“. Junge Familien bräuchten immer wieder den Rat aus der Apotheke, was sich auch in den Abverkäufen niederschlage.

Apothekerin Birgit Schade ist seit Beginn dabei. Für die Inhaberin der Leipziger Petersbogen-Apotheke sind die Schulungen eine gute Ergänzung zum Studium. „In der Ausbildung wird zu wenig zum Thema Arzneimittel in der Schwangerschaft und Stillzeit unterrichtet“, sagt sie. Wichtig sei, dass das komplette Team beim „Baby-Schwerpunkt“ mitziehe. Sie bietet in ihrer Apotheke außerdem Kurse zu den Themen Tragetuch, Wickeln, Elternschaft und Babynahrung an.

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