Job-Interview

Jederzeit wieder PTA

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Berlin -

PTA aus Leidenschaft: Auch nach 20 Jahren hat Patrick Brodhuhn seine Begeisterung für den Job nicht verloren. Der enge Umgang mit Menschen und die Vielfalt seiner Tätigkeiten wiegen für ihn Nachteile wie geringe Bezahlung oder zunehmende Bürokratie auf – und zwar bei Weitem.

Im idyllischen Westerwald, genauer gesagt in der 3300-Seelen-Gemeinde Hamm an der Sieg, wuchs Brodhuhn auf. Schon früh war ihm klar, dass er das Gymnasium nicht zu Ende führen würde. „Ich wollte beruflich etwas machen, das mir Spaß macht“, erzählt der heute gerade noch 37-Jährige. „Etwas naturwissenschaftliches am besten, die Botanik war mein Steckenpferd.“

Der Zufall spielte ihm gleich zweifach in die Hände. „Eine Klassenkameradin erzählte mir, wie toll sie das Praktikum in der Apotheke fand.“ Kurz darauf fand Brodhuhn einen Aushang am schwarzen Brett seiner Schule: „Bernhard Pohlmann suchte einen Lehrling für seine Neue Apotheke. Ich hab mich vorgestellt, dort erst mal einen Ferienjob gemacht und mich parallel für eine PTA-Ausbildung an der Pharmazeutisch-technischen Lehranstalt in Siegen beworben.“

19 Jahre sollte Brodhuhn aus Überzeugung in der Neuen Apotheke bleiben, zunächst parallel zur Schule, dann nach Abschluss seiner Ausbildung als PTA. Nur für 18 Monate musste er seinem Stammbetrieb untreu werden, den Zivildienst leistete er in einer Krankenhausapotheke im benachbarten Waldbröl ab.

Seine Leidenschaft hat er schon früh gefunden: „Die Herstellung von individuellen Rezepturen macht mir viel Freude, vom Anrühren von Salben bis zur Herstellung von Kapseln und Gelen. Gerade letzteres ist immer wieder aufs Neue eine Herausforderung, weil ich viel berechnen muss.“ In all den Jahren habe sich jedoch eine gewisse Routine eingestellt. „Ich fühle mich sehr sicher. Und wenn sich doch mal eine Unsicherheit einstellt, kann ich sie mit lieben Kollegen im Vier-Augen-Prinzip klären.“

PTA sei überhaupt einer der vielseitigsten Berufe, die es gebe, schwärmt Brodhuhn: „Ich habe es mit vielen Krankheitsbildern und Medikamenten zu tun, kann Naturheilkunde anwenden. Das finde ich toll. Und ich kann mich immer weiter fortbilden. Auch die Mischung aus Büroarbeit und Verkauf macht mir Spaß.“ Es sei sicher von Vorteil, einer der wenigen Männer in diesem Beruf zu sein, meint der überzeugte Bartträger. „Das macht uns besonders attraktiv, denn wir fallen nicht wegen Schwangerschaft aus.“

Den engen Kontakt zu den Kunden zählt der PTA zu den großen Pluspunkten: „Wir gehen sehr persönlich miteinander um, helfen den Leuten bei Freud und Leid. Ich habe ganze Familien durch viele Jahre begleitet, die kleinen Kinder aus meiner Anfangszeit haben mittlerweile selbst Kinder.“

Sicherlich seien nicht immer alle Kunden zu jeder Zeit gleich nett. „Es gibt unter ihnen viele verschiedene Charaktere. Da gibt es Menschen, die schon mal unwirsch reagieren, wenn es nicht nach ihrem Sinne läuft. Da wird diskutiert, vielleicht wird es auch schon mal lauter. Aber wenn man es dem Kunden in Ruhe erklärt, dann kann man sich auch verständlich machen. Wir sitzen schließlich alle im selben Boot.“

Nach 37 Lebensjahren im ländlichen Hamm entschloss sich Brodhuhn 2016 noch einmal zu einem Ortswechsel und zog nach Köln. „Hier sind die Freizeitmöglichkeiten ganz andere als im Westerwald“, erzählt er. „Auch pflege ich mein Hobby schon seit ein paar Jahren hier: Ich singe im Kölner Männergesangsverein mit und stand schon beim Divertissementchen, dem Karnevalsspecial des Chors, mit auf der Bühne des Opernhauses.“

Dennoch sei der Wechsel vom Dorf im Westerwald in die rheinische Metropole erst einmal ein Kulturschock gewesen, räumt er ein. „Aber auch in der Braunsfelder Apotheke habe ich ein tolles Team und mit Ines Buschmann eine tolle Chefin gefunden.“ Im namensgebenden Stadtteil gehe es ähnlich familiär zu wie in der alten Heimat: „Die Menschen in Braunsfeld kennen und akzeptieren mich, auf der Straße werde ich mit Namen angesprochen.“

Sicher habe sich die Arbeit in den letzten 20 Jahren in Teilen sehr verändert – und das nicht immer zum Positiven, meint Brodhuhn. Wenig Freude machen ihm die Auswirkungen der Gesundheitsreformen der letzten Jahre: „Die Arbeit ist viel bürokratischer geworden. Inkontinenzmittel müssen jetzt immer genehmigt werden. Es gibt eine Vielzahl von Krankenkassen und jede hat ihre eigenen Rabattverträge.“ Doch nicht immer sei das rabattierte Mittel auch lieferbar. „Die Angst vor Retaxationen ist dann immer im Hinterkopf.“ Kundenfreundlich sei das nicht. „Und auch ich brauche das in meinem Beruf nicht ganz so nötig. Das müsste dringend reformiert werden.“

Mit den Versandapotheken sei Konkurrenz erwachsen: „Die günstigen Preise aus dem Internet können wir nicht toppen. Das trifft aber auch andere Branchen. Wir punkten mit dem persönlichen Kontakt und unserer Begeisterung für den Beruf. Doch wenn der Gesetzgeber den Versand von Rx-Medikamenten weiter fördert, dann haben wir schon ein Problem.“

Zudem mache der demographische Wandel seinem Berufsstand zu schaffen. „In allen Branchen fehlt es an Nachwuchs, auch in den Apotheken. Der PTA-Beruf ist unattraktiv geworden, weil wir unsere Ausbildung selbst zahlen müssen. Das schreckt viele ab. Wenn man die privaten Ausbildungsstätten an die öffentlichen Berufsschulen angliedert und die Kosten abschafft, wäre schon viel gewonnen.“

Auch die Betriebe sieht Brodhuhn in der Pflicht: „Die meisten Apotheken wollen schon fertige Mitarbeiter haben. Ihnen fehlt die Geduld, selbst PTA zu schulen. Doch wer als Auszubildender seine Apotheke gefunden hat, hört ungern auf. So ging das ja auch mir.“

Die Entlohnung sei sicher noch ausbaufähig, findet Brodhuhn. „Ich wünsche mir schon mehr Geld. Aber andererseits, wer ist mit seinem Gehalt schon zufrieden? Ich finde es immer wieder erschreckend, wie viel ein angestellter Apotheker verdient, der lange studiert hat. Überhaupt gibt es viele Angestellte im Gesundheitswesen, die noch schlechter bezahlt werden, obwohl sie im Schichtdienst arbeiten und körperlich viel stärker gefordert werden.“

Doch die Vorteile seines Jobs wiegen für Brodhuhn die Minuspunkte bei Weitem auf. „Der Beruf ist toll, ich würde mich jederzeit wieder dafür entscheiden“, bekräftigt er. „Etwas anderes als PTA zu sein, kann ich mir nicht mehr vorstellen.“

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