Das hilft, wenn die Welt sich dreht Cynthia Möthrath, 26.06.2017 13:52 Uhr
Schwindel ist ein Symptom und keine eigenständige Krankheit. Dem drehenden und schwankenden Gefühl liegen unterschiedliche Ursachen zugrunde. Vor allem ältere Kunden leiden oft unter Schwindel, der sich in sehr unterschiedlichen Arten zeigen kann und je nach Ursache auch verschieden behandelt werden muss.
Die meisten Menschen kennen Schwindel, Jüngere eher nach einer Karussellfahrt oder übermäßigem Alkoholkonsum. Man fühlt sich unsicher auf den Beinen und kann sogar das Gleichgewicht verlieren. Für Schwindelpatienten ist dieses Gefühl alltäglich und nicht auf außergewöhnliche Belastungen zurückzuführen. Das Symptom kann in Attacken auftreten oder zu einem Dauerschwindel werden. Betroffene sind in ihrem Alltag beeinträchtigt. Viele trauen sich nicht mehr aus dem Haus und halten sich nur noch in ihrer gewohnten Umgebung auf.
Es wird zwischen verschiedenen Schwindelformen unterschieden – Dreh-, Lift-, Lagerungs- und Schwankschwindel. Drehschwindel ist durch ein Kreisen der Umgebung gekennzeichnet und kann von Kopfschmerzen, Ohrgeräuschen oder starker Übelkeit begleitet werden. Schwankschwindel führt in vielen Fällen zu einer starken Gangunsicherheit und geht deshalb mit einer erhöhten Fallneigung einher. Diese entsteht, da die Umgebung hin und her zu schwanken scheint.
Begleitsymptome stehen nicht im Vordergrund und treten nur gelegentlich auf. Neben diesen beiden Formen gibt es auch noch den sogenannten Liftschwindel. Bei ihm fühlt sich das Schwindelgefühl an wie ein Sog oder Strudel, der den Betroffenen nach unten zieht. Der häufig bekannte Lagerungsschwindel entsteht, wenn sich kleine Kristalle im Ohr bilden, die den Gleichgewichtssinn durcheinander bringen. Diese Art von Schwindel ist jedoch meist harmlos und sehr gut zu behandeln.
Ursache von Schwindel können zahlreiche Erkrankungen sein. Meist kommt es durch eine gestörte Wahrnehmung der Umgebung zu den typischen Beschwerden. Die Ursache liegt häufig im Innenohr, wo sich das Gleichgewichtsorgan befindet.
Auch Störungen im Gleichgewichtszentrum des Gehirns können eine Ursache sein. Zudem können auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Augenerkrankungen, Durchblutungsstörungen im Gehirn, Migräne, Multiple Sklerose oder Nervenentzündungen zu Schwindel führen. Eine weitere ernsthafte Erkrankung, die oft im Zusammenhang mit Schwindel steht, ist Morbus Manière. Bei dieser Erkrankung befindet sich zu viel Flüssigkeit im Ohr, die den Schwindel verursacht. Tritt dieser in bestimmten Situationen auf, wie zum Beispiel bei Stress, Angst oder in großen Menschenmassen, kann die Ursache auch psychischer Natur sein. Angststörungen und Depressionen können ebenfalls zu Schwindel führen.
Bei einer Umfrage von TNS Emnid unter mehr als 1000 Verbrauchern ab 60 Jahren kam 2014 heraus, dass 42 Prozent unter Schwindel leiden, ein Drittel davon mindestens einmal pro Woche. Zwei von drei Betroffenen hatte den Arzt konsultiert, 43 Prozent gaben aber an, „ohne Diagnose und ohne Medikament“ wieder nach Hause geschickt worden zu sein. Nur 18 Prozent der Betroffenen nehmen demnach ein Medikament, fast acht Millionen Menschen sind damit unbehandelt.
Apotheker werden nur mit 14 Prozent zu Rate gezogen und spielen bisher eher eine untergeordnete Rolle. Da der Leidensdruck da ist und es sich oft um Stammkunden handelt, können die Mitarbeiter hier eine wichtige Lücke schließen. Denn Schwindel ist keineswegs nur ein Altersphänomen oder ungefährlich.
Kommen Kunden in die Apotheke, die über Unwohlsein und plötzlichen Schwindel klagen, sollte auch auf Sprach- oder Koordinationsstörungen geachtet werden. Bei einem Schlaganfall kann es nämlich ebenfalls zu Schwindelgefühlen kommen. Im Ernstfall sollte so schnell wie möglich der Notarzt gerufen werden!
Die Behandlung von Schwindel erfolgt je nach Ursache verschieden und in der Regel zunächst symptomatisch. Wichtig ist, dass eine korrekte Diagnose gestellt wird. Deshalb sollte Schwindel, wenn er häufiger auftritt oder mit bestimmten Kopfbewegungen assoziiert ist, unbedingt vom Arzt kontrolliert und überwacht werden. Dasselbe gilt, wenn er mit starken Begleitsymptomen wie Benommenheit oder Fieber einhergeht.
Je nach Diagnose überweist der Hausarzt den Patienten weiter zum HNO, Neurologen oder Kardiologen, um die genaue Ursache abklären zu lassen. Nur dann kann die richtige Behandlung erfolgen.
Medikamentös kommen in erster Linie Antivertiginosa wie der Histaminagonist Betahistin zum Einsatz. Bei Entzündungen des Gleichgewichtsnervs muss die Behandlung in der Regel mit einem Kortison erfolgen, um die Ursache zu bekämpfen.
Wird der Schwindel von starker Übelkeit begleitet, ist es ebenfalls sinnvoll, ein Antiemetikum wie Dimenhydrinat oder Ondansetron zu verabreichen.
Auch Calciumkanalblocker wie Flunarizin oder das in Kombinationen verwendete Arlevert (Cinnarizin/Dimenhydrinat, Hennig) können Betroffenen helfen, den Schwindel in den Griff zu bekommen und ein Stück Lebensqualität zurückzuerlangen. Neben diesen Wirkstoffen wird häufig auch der Dopaminantagonist Sulpirid bei chronischem Schwindel eingesetzt.
Viele Patienten bevorzugen bei leichten Beschwerden auch pflanzliche Alternativen wie Ginkgo zur besseren Durchblutung des Gehirns oder Ingwer gegen Übelkeit. Auch Homöopathika wie Vertigoheel können unterstützend eingenommen werden. Neben der medikamentösen Behandlung kann oft gezielte Krankengymnastik helfen, den Gleichgewichtssinn zu trainieren.