50 Euro für eine Atemmaske?

Angeblicher Wucher: Reporter soll PTA bedroht haben

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Berlin -

Viele Apotheken sehen sich im Moment neben Dankbarkeit auch Vorwürfen ausgesetzt. Sie würden sich durch überteuerte Preise an der Not vieler Menschen bereichern, behaupten manche. Zum Beispiel der Düsseldorfer Express: Erst kürzlich hatte die rheinische Boulevardzeitung eine Apotheke vor sich hergetrieben, weil sie Atemmasken für 20 Euro verkauft hatte. Nun hat diese aber angeblich nachgelegt: Diesmal sollen es sogar 50 Euro gewesen sein. Die Version der betroffenen Apotheke klingt allerdings dramatisch anders. Der Inhaber erhebt schwere Vorwürfe gegen die Lokalzeitung – die wiederum weist diese entschieden von sich.

Eigentlich ist die Story schnell erzählt: Ein Kunde wollte eine Atemschutzmaske, der Apotheker verlangt 50 Euro, der Kunde beschwert sich bei ihm und kriegt sie für die Hälfte. „Apotheker wollte 50 Euro für Atemschutzmaske“, titelt der Express dazu. Die Aufregung über teure Atemmasken scheint Leser zu finden, erst kürzlich hatte die Lokalzeitung die Schadow-Apotheke auf dem Kieker: „Da bleibt einem die Luft weg“, titelte der Express. „Apotheke verlangt 20 Euro für Atemschutzmaske.“ Dass der Apotheker für die Masken selbst fast 18 Euro im Einkauf ausgeben muss, also mit einer Marge von 2 Euro arbeitet, wurde im Artikel nicht erwähnt. Der Shitstorm ließ nicht lange auf sich warten.

Im jetzigen Artikel hat der Express nochmal kräftig nachgelegt. „Die wenigen Düsseldorfer Apotheken, die noch Masken im Sortiment haben, verkaufen diese zu immer schwindelerregenderen Preisen. Einer der Spitzenreiter war bislang die Schadowapotheke, die 20 Euro pro Atemschutzmaske mit dem mittleren Schutzfaktor FFP 2 veranschlagt“, heißt es im Artikel. „Ein Preis, den die Zoo-Apotheke auf der Rethelstraße nun locker in den Schatten stellt. Hier hält der Inhaber das Stück für unglaubliche 50 Euro feil.“

Inhaber Saeid Asghari will von diesem Angebot allerdings gar nichts wissen: „Das ist eine Unterstellung, eine Verleumdung, eigentlich müsste man so eine Person anzeigen, aber das ist mir die Zeit gar nicht wert“, sagt er hörbar aufgebracht. „Wir haben keine Atemmasken für 50 Euro, es sei denn der Anbieter verkauft sie mir für 49.“ Aus seiner Sicht haben sich die Ereignisse grundlegend anders abgespielt als in der Zeitung dargestellt. Er erhebt schwere Vorwürfe gegen den Express – die dieser mit Nachdruck von sich weist.

Aghari zufolge war der im Artikel genannte Käufer der Atemschutzmaske – ein gewisser Georg T. – gar nicht selbst in der Apotheke, sondern seine Frau. Die habe eine Maske für 25 Euro gekauft – Asghari arbeitet bei den Masken nach eigenen Angaben mit einer ähnlich geringen Marge wie sein Kollege in der Schadow-Apotheke. „Am Abend, eine halbe Stunde nach Feierabend, hat dann der Ehemann hier angerufen und sich beschwert“, erzählt der Inhaber. Der Kunde habe von ihm verlangt, dass er die Maske zurückgeben kann und das Geld zurückerstattet bekommt. Das gehe nicht, habe Asghari ihm erklärt. Er wisse doch nicht einmal, ob er sie schon getragen hat. „Ich hatte gerade einen 12-Stunden-Tag hinter mir und habe ihn gebeten, dass er doch morgen früh nochmal anrufen soll. Da meinte er, morgen könne er nicht, entweder wir würden das jetzt regeln oder er zeigt mich an. Daraufhin habe ich ihm gesagt, er solle mir nicht drohen und habe aufgelegt.“

Daraufhin, so mutmaßt Asghari, habe sich der Kunde wohl an die Zeitung gewandt und ihr seine Version der Geschichte aufgetischt. „Ich gehe davon aus, dass er Rache nehmen will, weil er etwas retounieren wollte und das nicht geklappt hat“, sagt er. Auf die Diskrepanz zwischen den beiden Geschichten angesprochen, räumt der Düsseldorfer Express ein, dass der Kunde anders als im Artikel dargestellt tatsächlich nicht selbst in der Apotheke war. „Durch einen Übermittlungsfehler haben wir fälschlicherweise suggeriert, dass Georg T. der Käufer der Atemschutz-Maske gewesen ist, tatsächlich war es seine Frau. Diesen Fehler haben wir im Artikel mittlerweile korrigiert und am Ende des Textes kenntlich gemacht“, so die Redaktion auf Anfrage.

Doch das ist nur die Spitze des Eisbergs – Asghari erhebt nämlich noch weitaus schwerere Vorwürfe gegen die Zeitung. Deren Reporter habe seine Mitarbeiterinnen am Telefon derart beleidigt und ihr gar gedroht, dass sie in Tränen ausgebrochen sei. Laut dem Artikel war die Apotheke auf Anfrage des Express dagegen zu keiner Stellungnahme bereit. „Keine Stellungnahme?! Wir haben uns lange Zeit genommen, um die Situation zu erklären!“, erregt sich Asghari darauf angesprochen. Ein Reporter der Zeitung habe in der Apotheke angerufen und sich dabei mehr als unflätig verhalten. „Der Reporter am Telefon war so dreist, er hat meine Mitarbeiterin gequält. Ich stand hinten und habe von dort gehört, dass sie weint“, sagt er. Daraufhin habe er das Telefon genommen und das Gespräch weitergeführt.

Die Mitarbeiterin gibt dieselbe Version der Geschichte wieder. „Er hat mich nicht nur beleidigt, er hat mir gedroht, dass man mich aufhängen werde“, sagt die PTA, die nicht namentlich genannt werden will. „In dem Moment war ich so geschockt, dass ich gar nicht reagieren konnte.“ Asghari hat daraufhin nach eigener Darstellung ausführlich Stellung zu den Vorwürfen gegen ihn bezogen und dem Reporter erklärt, dass die Geschichte des Kunden nicht wahr sei. „Warum hätte ich denn lügen sollen? Wenn ich einen Artikel für 25 Euro habe, dann verkaufe ich den auch für 25 Euro“, sagt er.

Der Düsseldorfer Express wiederum weist die Vorwürfe gegen seinen Reporter entschieden zurück. Beleidigungen oder gar Drohungen habe es nicht gegeben, die Apotheke habe tatsächlich auf Anfrage hin geantwortet, dass sie zu dem Fall keinen Kommentar abgebe. „Nach Prüfung teilen wir Ihnen mit, dass sich grundsätzlich der Fall so zugetragen hat, wie von uns im Artikel geschildert“, sagt der Redaktionsleiter auf Anfrage. „Die Vorwürfe entbehren jeder Grundlage.“

Ob es besagte Beleidigungen nun gegeben hat oder auch nicht: Für Asgharis Apotheke ist der PR-Schaden da, sie steht in einer der meist gelesenen Zeitungen der Stadt als Wucherer da. „Ich finde es richtig erschreckend, wir reißen uns alle gerade den Hintern auf, machen Überstunden, telefonieren stundenlang und werden dann noch diskreditiert“, klagt die PTA. Immerhin einen Vorteil habe das Ganze aber, sagt der Inhaber: Es habe sich dadurch herumgesprochen, dass es beim ihm noch Masken gibt. „Durch den Artikel kommen jetzt Leute zu uns und wollen Masken kaufen“, so Asghari.

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