Achtung Nebenwirkung: Ventrikuläre Tachykardie Cynthia Möthrath, 10.12.2018 11:58 Uhr
Keine Wirkung ohne Nebenwirkung: Unerwünschte Effekte von Arzneimitteln können mitunter gefährlich sein. Eine gravierende Nebenwirkung ist beispielsweise die ventrikuläre Tachykardie oder auch Torsade de Pointes Tachykardie. Doch was genau bedeutet das eigentlich und warum ist sie so gefährlich?
Ventrikuläre Tachykardien, die mit einer Herzfrequenz von 100 bis 125 Schlägen pro Minute einhergehen, zählen zu den sogenannten Kammertachykardien. Es handelt sich um tachykarde Arrhythmien des Herzens, die immer als absoluter Notfall zu behandeln sind. Es besteht akute Lebensgefahr, da sie unkontrolliert in Frequenzen von mehr als 300 Schlägen pro Minute und damit in ein Kammerflimmern übergehen und zu einem kardiogenen Schock führen können. Eine ventrikuläre Tachykardie wird daher immer auf der Intensivstation behandelt und per EKG diagnostiziert.
Ein Sonderfall der ventrikulären Tachykardie ist das sogenannte QT-Syndrom mit den klassisch auftretenden Torsade de Pointes-Tachykardien. Diese zeigen auf dem EKG das charakteristische Bild von wellen- oder schraubenförmigen Herzfrequenzen. Die QT-Zeit (oder auch QT-Intervall) bezeichnet den Bereich vom ersten negativen Ausschlag bis zur Erregungsrückbildung der Herzkammern. Ist dieses Intervall verlängert, steigt das Risiko für die oben genannten Tachykardien.
Das QT-Syndrom ist eine Ionenkanalerkrankung, bei der sich ein verlängertes QT-Intervall im EKG zeigt. Es kann angeboren sein oder durch verschiedene Faktoren erworben werden. Einer dieser Risikofaktoren sind spezielle Medikamente. Verschiedene Antibiotika wie Erythromycin, aber auch Ketokonazol, Digitalis-Präparate, Psychopharmaka oder Klasse 1 und 3, Antiarrhythmika – die sogenannten Natriumkanal- beziehungsweise Kaliumkanalblocker – können ein verlängertes QT-Intervall zur Folge haben. Werden die Arzneistoffe in Kombination eingenommen, kann sich das Risiko für die UAW verstärken. Auch durch eine Elektrolytverschiebung kann es zu Tachykardien kommen. Diese entstehen unter anderem durch einen Defekt der Ionenkanäle. Dadurch kommt es bei Natriumkanälen zu einer Depolarisations- beziehungsweise bei Kaliumkanälen zu einer Repolarisationsstörung.
Eine beginnende ventrikuläre Tachykardie äußert sich bei den Betroffenen meist zunächst in unspezifischen Symptomen wie Unwohlsein, Schweißausbrüchen, Übelkeit, Schwindel oder Herzrasen. Im weiteren Verlauf kann es zu Ohnmacht kommen. Unbehandelt geht eine ventrikuläre Tachykardie meist in ein Kammerflimmern über und kann zum Herzstillstand und damit zum Tod führen. Daher bedarf sie immer einer sofortigen Behandlung durch einen Notarzt.
Ziel ist in jedem Fall die Senkung der Herzfrequenz, mit Vermeidung einer Bradykardie. Dies wird häufig durch Gabe eines Betablockers erreicht und kann später auch zur Prophylaxe eingesetzt werden. Ist die Tachykardie medikamenteninduziert, muss das auslösende Medikament sofort abgesetzt werden. Die Wiederherstellung einer normalen Herzfrequenz nennt man auch Kardioversion. Diese kann medikamentös oder elektrisch durch eine Defibrillation eingeleitet werden. In der akuten Phase einer Tachykardie wird hochdosiertes Magnesium über mehrere Minuten intravenös verabreicht. Liegt eine Hypokaliämie vor, verabreicht der Notarzt ebenfalls kontrolliert Kalium, um die Elektrolytverschiebung zu beheben und eine Membranstabilisierung zu erreichen.
Die medikamentöse Kardioversion erfolgt dann, sofern keine Herzinsuffizienz vorliegt, mit dem Wirkstoff Ajmalin. Dieser zählt zu den Natriumkanalblockern und hemmt somit an den Zellen des Herzmuskels den schnellen Natriumeinstrom. Bei Herzinsuffizienz oder einer Überdosierung von Digitalis ist der Wirkstoff jedoch kontraindiziert. In diesen Fällen ist Amiodaron das Mittel der Wahl, um die Arrhytmie zu beheben. Langfristig kann auch die Implantation eines Herzschrittmachers in Erwägung gezogen werden.