Mehr als sieben Millionen Standardrezepturen für gesetzlich Versicherte fertigen die Apotheken pro Jahr auf ärztliche Verordnung an. Hinzu kommen noch solche, die nicht mit der Kasse abgerechnet werden, grüne Rezepte sowie individuelle Kundenwünsche. Die Häufigkeit zeigt, dass Rezepturen unverzichtbar in der pharmazeutischen Betreuung sind. In der Hektik des Berufsalltag können bei der Arzneimittelherstellung falsche Entscheidungen getroffen werden. Ein Übersicht zu den häufigsten Fehlern in der Rezeptur.
Ganz am Anfang der Rezepturherstellung kann es bei der Auswahl der Wirkstoffe zu Verwechslungen kommen – ähnlich klingende Substanzen können in die Irre führen. Die gewünschte Wirkung der Rezeptur kann auch ausbleiben, weil beispielsweise das Salz nicht für die Indikation geeignet ist. Zu den prominenten Beispielen gehört Betamethason-17-valerat, das mit Betamethason oder Betamethason-21-valerat verwechselt werden kann.
Bei Dexamethason, Hydrocortison und Prednisolon kann versehentlich die -acetat-Variante gewählt werden. Bei Hydrocortison/-acetat kann sich das auf die Löslichkeit auswirken: Hydrocortison hat gegenüber der Ester-Form eine höhere Löslichkeit bei der Herstellung von Hautspiritus-Rezepturen. Hydrocortisonacetat ist im Vergleich zu Hydrocortison oxidationsstabiler in Rezepturen mit höheren pH-Werten oder prooxidativen Faktoren. Weiterhin kann Triamcinolonacetonid mit dem topisch nahezu unwirksamen Triamcinolon verwechselt werden.
Rezepturen müssen vor der Herstellung auf Plausibilität geprüft werden, dabei können manifeste und larvierte Inkompatibilitäten auftreten. Beispielsweise kann es zur Ausfällung von Salzen kommen, weil eine Säure und Base gleichzeitig verrührt wurde. Um derartige Fehler zu vermeiden, sollten kationische Stoffe nicht mit anionischen Stoffen, phenolische oder grenzflächenaktive Stoffe nicht mit nichtionischen PEG-haltigen Hilfsstoffen oder Celluloseethergelen, grenzflächenaktive Stoffe nicht mit wasserhaltigen, lipophilen Cremes (W/O) kombiniert sowie Salben und Cremes nur mit identischen Systemtypen gemischt werden. Auch die Optimierung des pH-Werts spielt bei vielen Rezepturen eine große Rolle. Manche Substanzen sind nur bei einem bestimmten Bereich stabil.
Rechenfehler können das nächste Übel sein: Falsch berechnet werden kann der individuelle Korrekturfaktor f, der sich dann durch alle neuen Rezepturen verschleppt. Durch Kommafehler kann es beispielsweise zu einer unzureichenden Konservierung kommen, was zu einer Verminderung der mikrobiellen Stabilität führen kann. Oder die Konservierung wird komplett vergessen. Außerdem kann es bei der Umrechnung zu Fehlern kommen. Prozentangaben können mit Massenangaben verwechselt werden und in einer falschen Wirkstoffkonzentration resultieren. Es ist möglich, dass die erhaltene Konzentration in den subtherapeutischen oder toxischen Bereich kommt.
In diesem Zusammenhang sind die Wägefehler von Bedeutung, denn hier lauert schon die nächste Gefahr. Wichtig ist zunächst die Auswahl der richtigen Waage. Zur Auswahl stehen Fein- beziehungsweise Analysenwaagen, bei der der kleinste Anzeigeschritt Eichwert bei ≥ 0,001 g liegt. Außerdem gibt es Präzisionswaagen mit Anzeigeschritten mit ≤ 0,01 g. Beispielsweise sollten mikronisierte und potente Wirkstoffe wie Triamcinolonacetonid auf der Analysenwaage abgewogen werden. Beim Wiegen kann unterschiedlich vorgegangen werden. Eine relativ sichere Variante um Rechenfehlern vorzubeugen ist, nach jeder Einwaage den Taraknopf zu betätigen.
Bei der Herstellung sollte auf die Methode geachtet werden. So kann eine falsche Herstellungstechnik zu einer verminderten Qualität führen. Bei halbfesten Zubereitungen ist auf die empfohlene Umdrehungszahl und die Zeit zu achten, falls mit automatischen Salbenrührsystemen gearbeitet wird. Zu viele Umdrehungen können zu einer mechanischen Erwärmung führen; bei thermolabilen Substanzen kann das von Nachteil sein.
Auch die Herstellungstemperatur ist bei manchen Arzneistoffen von enormer Bedeutung. Beispielsweise wird Metronidazol bei Wärme und unter Lichteinfluss zersetzt. Hier muss die erzeugte Reibungswärme durch Kühlung effektiv abgefangen werden. Das NRF empfiehlt hier die manuelle Herstellung.
Nach der Herstellung sollte die Rezeptur in das richtige Abgabegefäß abgefüllt werden. Eine Schüttelmixtur sollte beispielsweise nicht in eine Kruke gegeben werden, geeigneter sind Klappscharnier-Verschlüsse für entsprechende Flaschen. Manche Substanzen müssen in Braunglasflaschen abgegeben werden, um einen photolabilen Stoff vor UV-Strahlung zu schützen. Das spielt auch bei der Lagerung eine Rolle, manche Wirkstoffe mögen es dunkel, manche Grundlagen wollen kühl gelagert werden.
Bei der Haltbarkeit muss die Angabe genau gemacht werden. Augensalben beispielsweise sind nur begrenzt mikrobiell stabil, eine Aufschrift „nach Anbruch sechs Monate haltbar“ kann bei tatsächlicher Nutzung in diesem Zeitraum wahrscheinlich gefährlich werden. Nicht zuletzt sollte auf eine korrekte Kennzeichnung geachtet werden. Falsche Dosierungsangaben können zu Nebenwirkungen beim Patienten oder auch zu einem Ausbleiben der Wirkung führen. Insgesamt empfiehlt sich in der Rezeptur das Vier-Augen-Prinzip, um das Risiko für Fehler zu minimieren.
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