Im Apothekenalltag passieren Fehler, meist arbeitet das Team dann gemeinsam daran, Schlimmeres zu verhindern. Aber was ist, wenn der Chef den Standpunkt vertritt, dass seine Mitarbeiter für mögliche finanzielle Folgen einstehen müssen? Können etwa Retaxationen vom Gehalt abgezogen werden?
Im Grundsatz ist der Apothekeninhaber für den ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb verantwortlich. Er muss beispielsweise über die Regelung von Verantwortlichkeiten, Strukturen und Abläufen gewährleisten, dass Fehler möglichst gar nicht erst passieren können. Daher wird bei der Frage nach der Schuld eines Mitarbeiters in der Regel zuerst geprüft, ob der Inhaber ein sogenanntes Organisationsverschulden selbst zu verantworten hat.
Aber auch wenn einem Mitarbeiter tatsächlich ein Fehler zuzuschreiben ist, ist die Arbeitnehmerhaftung beschränkt. Denn Pannen gehören zum allgemeinen Betriebsrisiko. Der Inhaber muss in einem möglichen Gerichtsverfahren beweisen, dass sein Angestellter arbeitsvertragliche Pflichten verletzt hat und dass dadurch ein konkreter Schaden verursacht wurde.
Wenn ein Fehler aus Versehen passiert ist, obwohl der Mitarbeiter sorgfältig gearbeitet hat, liegt eine leichte Fahrlässigkeit vor. In solchen Fällen, die praktisch jedem passieren können und die nur geringfügige und zu entschuldigende Pflichtverstöße bedeuten, gibt es keine persönliche Haftung, heißt es von der Apothekergewerkschaft Adexa.
Anders sieht es bei einer sogenannten mittleren Fahrlässigkeit aus. Dabei wird abgewogen, wie schwer das Verschulden oder wie hoch der entstandene Schaden ist und wie sich der Mitarbeiter zuvor verhalten hat. Erst bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz muss der Arbeitnehmer für einen Teil des Schadens oder für den vollen Betrag haften.
Das heißt aber nicht, dass der Chef nach Belieben das Gehalt einbehalten darf. Es gibt sogenannte Pfändungsfreigrenzen; dem Angestellten muss ein monatliches Nettoeinkommen von 1080 Euro bleiben. Wenn Kinder versorgt werden müssen, liegt diese Grenze noch deutlich höher – bei einem Kind beispielsweise bei 1480 Euro.
Unzulässig ist zudem, wenn der Chef für den Fehler eines Mitarbeiters das gesamte Team zur Rechenschaft zieht: So können nicht alle Mitarbeiter bei einer Retaxation zur Kasse gebeten werden. Grundsätzlich muss man als Angestellter allenfalls für Schäden eintreten, die man nachweislich selbst verursacht hat.
Eine Strafkasse hat nach Ansicht zahlreicher Kollegen ebenfalls nichts in der Apotheke zu suchen. Bei einer Umfrage aus dem Jahr 2015 sprachen zwei von drei Teilnehmern gegen ein solche Sanktionsmittel aus: 20 Prozent verorteten Strafkassen ins „finsterste Mittelalter“, 33 Prozent waren der Meinung, das man so nicht mit Angestellten umspringen dürfe. 13 Prozent gaben an, Strafkassen nützten nichts, sondern brächten nur Ärger. 23 Prozent der Teilnehmer gaben an, sie fänden eine Strafkasse nur dann okay, wenn es zeitgleich die Kaffeekasse sei. 9 Prozent sprachen sich uneingeschränkt dafür aus: Es sei eine gute Idee, denn Fehler kosteten Geld und müssten bestraft werden.
Wer trägt bei euch die Verantwortung, wenn eine teure Retax kommt oder Kosten entstehen, weil die falsche Packung abgegeben und ersetzt werden musste? Übernimmt der Chef alles? Gibt es Kritikgespräche? Oder eine Strafkasse? Teilt uns eure Erfahrungen mit! Jetzt anmelden im LABOR von APOTHEKE ADHOC und mitdiskutieren!
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