Fehler sind menschlich – und auch dort, wo Menschen sich um die Gesundheit von anderen kümmern, passieren welche. Kommt es trotz aller Sorgfalt in der Apotheke zu einem Zwischenfall, kann es ganz schnell gefährlich werden. Jeder PTA steht in solchen Situationen der Schweiß auf der Stirn. Wird der Fehler bemerkt, muss es schnell gehen – wichtig ist es dann, ihn so schnell wie möglich zu korrigieren und dafür zu sorgen, dass ein Fehler dieser Art möglichst nicht noch einmal vorkommt. Wie so etwas im Apothekenalltag passieren und aussehen kann – eine PTA berichtet.
Es ist ein ganz normaler Montagmorgen. Meine Kollegin Mona und ich öffnen die Apotheke und schon nach kurzer Zeit ist das Wochenende vergessen. Den ganzen Morgen über ist gut zu tun, die Apotheke ist voll. Ich habe sogar einige Vorgänge, die ich noch nicht abgeschlossen habe. Kaum verlässt der eine Kunde die Apotheke, stehen schon zwei neue in der Offizin, die Schlange reißt nicht ab. Zwischendurch kommt unsere PKA Laura von hinten und fragt mich, ob ich kurz ans Telefon kann. Frau Berger hat eine Frage zu ihren Medikamenten. Ich gehe also in einem Moment, in dem kurz Luft ist, nach hinten ans Telefon, um ihre Fragen zu beantworten. Kaum aufgelegt, muss ich wieder weiter bedienen.
Ein Rezeptkunde steht da – er reicht mir insgesamt fünf Rezepte über den HV. „Einmal die Monatsration für meine Frau und mich. Wir haben nichts mehr und brauchen das dringend“, meint er. Ich tippe alles in den Computer ein. Es dauert eine Weile, bis alle Medikamente eingegeben sind, und ich merke, dass der Kunde ungeduldig wird. Als ich fertig bin, gehe ich zügig zur Schublade, um alles zusammen zu suchen. Furosemid, Ramipril, Metoprolol, Simvastatin, Amitriptylin, Sertralin, Candesartan und Metformin. Dazu kommen noch Teststreifen und Pennadeln.
Während ich mich durch das Alphabet suche, spricht mich unsere PKA wieder an. Ein Kunde ist am Telefon: „Sag mal, kannst du dich an Herrn Köhler erinnern? Er hat grade angerufen und meinte, er hätte ein Medikament von dir nicht bekommen.“ Ich antworte nur kurz und eile nach vorne zu meinem wartenden Kunden.
Laut seufzend steht er dort, die Arme in die Seiten gestemmt. „So, da haben wir alles für Sie und Ihre Frau“, sage ich freundlich. Ich packe alles ein und wünsche ihm einen schönen Nachmittag. Ich bin froh, als meine Mittagspause beginnt. Puh – war das ein Vormittag. Habe ich alles aufgearbeitet und auch nichts vergessen? Hoffentlich wird der Nachmittag etwas ruhiger. Nach meiner Mittagspause kommt meine Kollegin ganz aufgeregt zu mir.
„Ich hab grade die Rezepte vom Vormittag kontrolliert, du hast etwas Falsches abgegeben!“ Oh nein! Bitte lass es nur die falsche Packungsgröße sein. Doch aufgrund ihrer Reaktion ist mir klar, es wird nicht nur die Packungsgröße sein. Mir rutscht das Herz in die Hose. Es ist wie ein Schlag in den Magen. Mein Herz rast, ich habe Schweiß auf der Stirn und male mir die schlimmsten Horrorszenarien aus. „Bei wem? Was habe ich falsch gemacht?“, frage ich panisch. „Du hast Metformin in der doppelten Stärke abgegeben.“ Wie kann das sein, ich habe doch alles kontrolliert? Ich zweifle an mir selbst.
Sofort greife ich zum Hörer und rufe den Kunden an, in der Hoffnung, die Tabletten wurden noch nicht eingenommen. Zum Glück ist die Telefonnummer im System gespeichert. Ich bin völlig aufgelöst und habe ganz wacklige Knie. Meine Hände zittern, als ich den Hörer ans Ohr nehme. Wie soll ich das nur erklären? Und was wird der Kunde sagen? Wie konnte mir das nur passieren? Ich verstehe es immer noch nicht.
Als der Kunde abnimmt, stocke ich kurz, bin aber erleichtert zu hören, dass das Medikament noch nicht eingenommen wurde. „Wir tauschen Ihnen das selbstverständlich in die richtige Stärke. Unser Bote kommt sofort vorbei.“ Ich bin sehr erleichtert, dass der Kunde mir keine Vorwürfe macht. „Sie sind auch nur ein Mensch, es ist ja nichts passiert“, meint er.
Im Anschluss füllen wir ein sogenanntes Fehlerprotokoll aus, in dem wir festhalten, warum der Fehler passiert ist und wie wir Fehler solcher Art in Zukunft verhindern können. Mein Chef legt sehr viel Wert auf die rechtzeitige Rezeptkontrolle, damit Falschabgaben möglichst schnell festgestellt werden und eine Einnahme noch verhindert werden kann. In diesem Fall ist es auch gut gegangen, aber dennoch lässt mich der Fehler auch nach Feierabend nicht los.
Ich war so im Stress, dass ich die falsche Stärke gegriffen habe, als ich die Frage meiner Kollegin beantwortet habe. Ich beschließe nun, mich beim Heraussuchen der Medikamente nicht mehr durch Fragen ablenken zu lassen. Die Fragen können auch ein paar Minuten warten, der Kunde nicht, wenn er durch meinen Fehler ernsthafte gesundheitliche Probleme bekommt.
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