Fresh-up: Schlafphasen und Schlafstörungen Cynthia Möthrath, 21.06.2020 08:04 Uhr
Schlaf nimmt in unserem Leben einen ähnlich hohen Stellenwert wie Essen und Trinken ein – denn rund ein Drittel unseres Lebens verschlafen wir. Doch Millionen von Menschen in Deutschland leiden unter Schlafstörungen. Die Physiologie des Schlafes ist sehr komplex, auch die Ursachen der Schlafstörungen können unterschiedlich sein. Hier kommt ein Fresh-up mit den wichtigsten Fakten.
Schlaf bezeichnet definitionsgemäß „einen Zustand der äußeren Ruhe bei Menschen und Tieren“. Doch ganz so ruhig, wie es von außen aussieht ist es gar nicht. Während des Schlafs sinken zwar bestimmte Vitalparameter wie Blutdruck, Puls und Atemfrequenz, dennoch spielt sich im inneren des Körpers einiges ab: Unter anderem werden Stoffwechselprodukte abgebaut und das Immunsystem läuft auf Hochtouren. Zudem finden bestimmte Prozesse wie das Haar- und Nagelwachstum weiterhin statt, Wunden der Haut regenerieren sich und das Gehirn kann die Tageserlebnisse verarbeiten. Schlaf ist also ein extrem wichtiger Prozess – Störungen können daher massive Folgen haben.
Bedeutung des erholsamen Schlafs
Schon eine Nacht mit schlechtem Schlaf zeigt, wie sehr der Körper auf ihn angewiesen ist: War die Nacht kurz, unruhig und wenig erholsam, so ist sie Aufmerksamkeit am Folgetag meist gedämpft, ebenso wie Aktivität und Leistungsfähigkeit. Oft kommen Müdigkeit, Stimmungsschwankungen und körperliche Beschwerden wie Kopfschmerzen hinzu. Eine feste Regel wie viel Schlaf benötigt wird gibt es jedoch nicht – jeder Mensch hat ein individuelles Schlafbedürfnis. Die meisten Erwachsenen benötigen etwa sieben bis acht Stunden Schlaf. Während Säuglinge und Kinder noch besonders viel schlafen, nimmt das Schlafbedürfnis im Alter in der Regel ab. Senioren schlafen häufig besonders wenig.
Der Zyklus der Schlafphasen
Schlaf ist kein einheitlicher Prozess, er besteht aus mehreren Phasen, die sich mehrfach pro Nacht wiederholen und abwechseln. In den einzelnen Phasen ist das Gehirn unterschiedlich aktiv. Rund ein Viertel des Schlafs besteht im Idealfall aus Traumphasen, dem sogenannten „REM-Schlaf“ – der Name stammt von den schnellen Augenbewegungen unter den geschlossenen Lidern, die „rapid eye movements“ (REM). In dieser Phase ist das Nervensystem besonders aktiv, gegen Ende der Nacht nehmen die REM-Phasen immer weiter zu, sodass der Anteil insgesamt bei etwa 20 Prozent liegt.
Beim Einschlafen geht der Wachzustand des Schlafenden jedoch zunächst in den sogenannten „Non-REM-Schlaf“ über: Die Wachheit sinkt und bestimmte Hirnareale verringern ihre Aktivität. Während dieses Stadiums sinken auch die Vitalwerte wie Blutdruck und Puls, die Atmung wird ruhiger und flacher. Außerdem entspannt sich die Muskulatur und die Körpertemperatur kann um etwa ein halbes Grad absinken.
Der Non-REM-Schlaf wird jedoch noch weiter in Leicht- und Tiefschlaf unterteilt: Ohne eine Schlafstörung beträgt der leichte Schlaf etwa 50 Prozent der gesamten Schlafdauer, nur 20 Prozent sind Tiefschlaf. Meist findet der Tiefschlaf in der ersten Nachthälfte statt, er ist besonders wichtig für die Erholung des Körpers. Schlafende sind in dieser Phase besonders schwer aufzuwecken. Der Non-REM-Schlaf wird mehrfach pro Nacht von REM-Schlaf-Phasen abgelöst. Dabei können bis zu fünf Zyklen pro Nacht stattfinden.
Vielfältige Ursachen möglich
Bei Schlafstörungen werden verschiedene Arten unterschieden, neben Einschlafstörungen stellen Durchschlafstörungen und eine schlechte Schlafqualität die häufigsten Probleme dar. Langanhaltende Schlafstörungen können wegen mangelnder Erholung auf Dauer massiv die Lebensqualität beeinträchtigen und weitere Beschwerden wie psychische Erkrankungen mit sich bringen. Die Ursachen für Schlafstörungen können sowohl organisch wie auch neurologisch oder psychisch bedingt sein: Schmerzen, hormonelle Einflüsse, Schlafapnoe und das Restless-Leg-Syndrom können ebenso die Qualität des Schlafes beeinträchtigen wie Traumata, Posttraumatische Belastungsstörungen oder Alzheimer.
Auf die Schlafhygiene achten
Oft kann auch vorübergehender Stress oder ein einschneidendes Erlebnis zu Gedankenspiralen und Problemen beim Ein- oder Durchschlafen führen, aber auch Schichtarbeit oder eine schlechte Schlafhygienekönnen schuld sein. So sollte das Schlafzimmer beispielsweise nicht zu warm und gut gelüftet sein. Außerdem sorgt ein ausreichendes Abdunkeln des Raums für besseren Schlaf. Handy, Tablet und Fernseher haben im Schlafzimmer nichts zu suchen – so wird ein „kurzer“ Blick in die E-Mails oder der Blick in die sozialen Medien verhindert. Das alles kann für Aufregung, Emotionen, kreisende Gedanken und Vergessen der Zeit sorgen. Auch Telefonieren vor dem Schlafengehen sollte besser vermieden werden, denn ist das Gehirn erstmal in Gang, braucht es eine Weile, um wieder abzuschalten.
Bei Schlafstörungen können auch feste Rituale helfen: Ein warmer Tee mit Lavendel oder Melisse oder auch Entspannungstechniken können geeignet sein, um die Nacht einzuläuten. Ruhige Musik und ein Buch sind den flackernden schnellen bewegten Bildern aus dem Fernseher vorzuziehen. Schwere Speisen, Alkohol oder Koffein sind vor dem Einschlafen ebenfalls zu vermeiden. Wichtig ist auch, erst dann ins Bett zu gehen, wenn man müde ist. Ein fester Schlaf-Wach-Rhythmus, der auch am Wochenende eingehalten wird, kann die innere Uhr beeinflussen und Schlafstörungen mindern. Zudem sollte auf das Mittagsschläfchen verzichtet werden.
Medikamentöse Behandlungsoptionen
Zur Behandlung von Schlafstörungen können verschiedene Wirkstoffe zum Einsatz kommen: Bewährt haben sich zu Beginn vor allem pflanzliche Arzneimittel – sowohl Mono- als auch Kombinationspräparate. Neben Baldrian kommen auch Lavendel oder Kombinationen mit Hopfen, Passionsblume oder Johanniskraut zum Einsatz. Außerdem sind chemische Arzneistoffe wie beispielsweise Doxylamin oder Diphenhydraminhydrochlorid als stark sedierende Antihistaminika für die Kurzzeitbehandlung geeignet. Die Wirkstoffe können sowohl bei Ein- wie auch bei Durchschlafstörungen eingesetzt werden. Derzeit wird allerdings ein Rx-Switch der Substanzen für Patienten ab einem Alter von 65 Jahren diskutiert.