Nächster Rückschlag für die AOK: Zwei Apotheker aus Moers und Krefeld haben ihre Zyto-Verträge nach nur gut einer Woche wieder gekündigt. Betroffen sind die Losgebiete Duisburg und Krefeld, als Grund nennen die Apotheker das Verschreibungsverhalten der Ärzte. Die AOK habe bei der zu erwartenden Anzahl an ad-hoc-Belieferungen in der Ausschreibung andere Vorgaben gemacht.
Die Adler Apotheke in Moers und die Mühlen Apotheke in Krefeld haben sich in der Region auf insgesamt sieben Losgebiete in räumlicher Nähe der Apotheken beworben und für alle Lose den Zuschlag erhalten. Die Verträge starteten am 1. August.
Apotheker Günter Krivec, Inhaber der Adler-Apotheke in Moers, und sein Sohn Simon Krivec, Inhaber der Mühlen-Apotheke in Krefeld, haben eine gemeinsame Erklärung abgegeben. Demnach traten in einzelnen Losgebieten „unterschiedliche Auffassungen über die Häufigkeit der täglichen Belieferung, insbesondere über die Versorgung ad-hoc auf Abruf, zwischen der AOK Rheinland/Hamburg, den liefernden Apotheken und den verordnenden Arztpraxen auf“. Die Ärzte verlangten nämlich viel häufiger als erwartet eine ad-hoc-Belieferung, als in der Ausschreibung in Aussicht gestellt.
An den ersten Tagen versuchten die Apotheken alles, um „die Versorgung auf Abruf“ zu ermöglichen. Zusätzliche Mitarbeiter seien hinzugezogen worden, die teilweise 14-Stunden-Schichten geschoben hätten, teilen die Krivecs mit. Die AOK und die onkologischen Arztpraxen seien mehrfach aufgefordert worden, das Problem zu lösen.
Zudem habe sich gezeigt, dass strittig ist, welche Partei für die Herstellung einer applikationsfertigen Zubereitung zuständig ist und wie die Vergütung geregelt sei. „Da in der Kürze der Zeit die Probleme trotz allseitiger Bemühungen nicht gelöst werden konnten, blieb uns keine andere Wahl, als die Belieferung für die betreffenden Losgebiete 33 Duisburg (Adler Apotheke) und 34 Krefeld (Mühlen Apotheke) außerordentlich aufzukündigen“, so die Erklärung der Apotheker.
Aus Sicht der Krivecs steht damit ab dem 9. August allen Apotheken die Belieferung zu den Bedingungen der Hilfstaxe wieder offen. „Kein Patient der AOK Rheinland/Hamburg erleidet einen Schaden oder wird schlechter gestellt gegenüber Versicherten anderer Krankenkassen“, so die Krivecs.
Die Apotheker verweisen auf die Vergabeunterlagen, in denen die Belieferungshäufigkeit beschrieben worden sei. „Eine Versorgung ad-hoc auf Abruf wurde von Seiten der AOK als seltener, medizinisch begründeter Ausnahmefall beschrieben“, erinnern die Krivecs. Dies sei zudem in den Antworten der Kasse auf verschiedene Bieterfragen mehrfach und ausdrücklich bestätigt worden. Bei Ausschreibungen gibt es im Vorfeld ein für alle Bieter öffentliches Frageverfahren.
In den ersten Tagen nach dem Start der Verträge habe sich aber gezeigt, dass verschiedene Arztpraxen in den Losgebieten Duisburg und Krefeld ein anderes Verordnungsverhalten als von der AOK beschrieben an den Tag legten. Die Versorgung ad-hoc auf Abruf werde regelmäßig mehrmals täglich gefordert, so die Apotheker. „Darüber hinaus wurde auch eine Belieferung an Wochenendtagen und Feiertagen verlangt“, heißt es in der Erklärung.
Die Apotheker vermuten das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) zu Retaxationen im Rahmen der Zyto-Verträge der AOK Hessen als Ursache für die falsche Erwartungshaltung bei der AOK Rheinland/Hamburg. Die Kasseler Richter hätten bei der mündlichen Verhandlung im November 2015 sowie später im Urteil dieser Thematik keine große Bedeutung beigemessen.
Die Apotheker haben fünf weitere Losgebiete gewonnen: Linker Niederrhein, Oberhausen und Bergisch Gladbach/Leverkusen gingen an die Adler Apotheke, die Mühlen Apotheke holte zusätzlich die Gebiete rechter Niederrhein und Neuss. Diese Losgebiete seien nicht aufgekündigt worden, „da sich die dargestellte Dramatik der Versorgung auf Abruf dort nicht in diesem Maße gezeigt hat“, heißt es in der Erklärung.
Die AOK hatte zuvor in Hamburg schon selbst einen Vertrag gekündigt: Der Vertrag mit der Elb-Apotheke über die Versorgung des Gebietsloses Hamburg-Nord/Wandsbek wurde kurz vor Start der Verträge aufgelöst. Die Kasse beendete die Zusammenarbeit mit Apotheker Günter Zeifang „aufgrund aktueller Erkenntnisse“, sagt eine Sprecherin.
In anderen Losgebieten kam es an den ersten Tagen nach dem Start zu erheblichen Problemen bei der Versorgung. So berichtete eine onkologische Praxis aus dem Rheinland, die Apotheke habe am ersten Tag „nahezu vollständig versagt“. Chemotherapien, die laut Ausschreibungsbedingungen 45 Minuten später in der Praxis sein sollten, seien erst Stunden später gekommen. Dazu hab es große Probleme mit der Erreichbarkeit der Apotheke gegeben.
Die AOKen Nordost und Rheinland/Hamburg hatten im August Verträge in insgesamt fünf Bundesländern gestartet. Aktuell laufen Ausschreibungen von DAK/GWQ und KBS, Spectrum K hat sich für ein Open-house-Verfahren entschieden.
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