150 Millionen Euro Preisnachlass bei der Hilfstaxe hatte der Deutsche Apothekerverband (DAV) den Krankenkassen angeboten, um die Zyto-Ausschreibungen aus der Welt zu schaffen. Gleichzeitig versuchen Apotheker und Fachärzte gemeinsam, die Politik von den Nachteilen der Exklusivverträge zu überzeugen. Der GKV-Spitzenverband lehnt den Deal kategorisch ab: „Das Angebot zerplatzte bei genauem Hinschauen wie Seifenblasen“, teilte der Kassenverband mit und wirft dem DAV vor, kein Interesse an ernsthaften Verhandlungen zu haben.
Das Angebot fixiere vielmehr ein vom Wettbewerb abgekoppeltes Preisniveau. Aber die Kassen wollten die bisherigen Wettbewerbskräfte im Sinne der Beitragszahler weiterhin nutzen. „Außerdem kamen statt der von der Apothekerschaft in Aussicht gestellten Einsparungen von 150 Millionen Euro pro Jahr für die gesetzliche Krankenversicherung beim Nachrechnen nur 109 Millionen Euro heraus“, wirft GKV-Vize Johann-Magnus von Stackelberg dem DAV vor. „Ausschreibungen halten wir im Bereich der Zubereitungen nach wie vor für sinnvoll, sind aber gerne bereit, über Änderungen am Vertrag zu verhandeln, solange es echte Verhandlungen auf verlässlicher Datenbasis sind.“
Aber am ernsthaften Interesse des DAV hegt der Kassenverband Zweifel: Angesichts des laufenden Gesetzgebungsverfahren zum Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz (AM-VSG) hätten Apothekervertreter in den vergangen Wochen mehrfach versucht, die Möglichkeit der Ausschreibung parenteraler Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie durch die Krankenkassen in Presseäußerungen in Frage zu stellen. „Zugleich stand der Verband für echte Verhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband nicht bereit“, lautet der Vorwurf.
Vielmehr habe der DAV dem GKV-Spitzenverband mit einem Schreiben vom 16. September eine einseitig von ihm unterzeichnete Ergänzungsvereinbarung zur Änderung der Anlage 3 zum Vertrag über die Preisbildung für Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen (Hilfstaxe) vorgelegt. „Selbst nach dem Eingang dieses Schreibens verweigerte die Apothekerseite Verhandlungen, um inhaltliche Punkte zu klären“, so der GKV-Spitzenverband. Die Apothekerseite sei lediglich zu einem „Erörterungsgespräch“ am 30. September bereit gewesen.
Inhaltlich sah das DAV-Angebot von Mitte September laut Kassenverband eine Abkehr von prozentualen Abschlägen auf aktuelle Listenpreise vor. Stattdessen sollte es prozentuale Abschläge auf feste Milligramm-Preise für insgesamt elf unterschiedliche Zytostatika geben, die angeblich Einsparungen von 150 Millionen Euro pro Jahr für die GKV umfassen sollten. „Tatsächlich sind damit jedoch nur Einsparungen von 109 Millionen Euro pro Jahr (zzgl. Umsatzsteuer) möglich, wie sich aus aktuellen Daten ergibt“, hält der GKV-Spitzenverband dem DAV vor.
Strukturell seien feste Milligramm-Preise für die gesetzliche Krankenversicherung perspektivisch nachteilig, weil Preissenkungen, die sich im Laufe der Zeit aus dem Wettbewerb der Anbieter ergäben, nicht mehr zum Tragen kämen. Dieses Angebot habe man daher „in seiner aktuellen Form nicht unterzeichnen“ können. Der Kassenverband sei aber zu Verhandlungen „über weitere Einsparoptionen“ bereit, teilte Stackelberg DAV-Chef Fritz Becker in einem Schreiben vom 5. Oktober mit.
Seit Monaten streiten Apotheker, Ärzte und Kassen über den Zytostatika-Ausschreibungen. Gestartet war damit die AOK. Die Ortskrankenkassen vergaben im Sommer Zuschläge in verschiedenen Regionen exklusiv an einzelne Apotheken. Der DAV sieht dadurch die wohnortnahe Versorgung gefährdet. Kürzlich hatten dessen ungeachtet weitere große Kassen wie die DAK, die TK und die Barmer GEK bundesweit Zyto-Ausschreibungen angekündigt.
Am 19. Oktober will der Gesundheitsausschuss des Bundestages dazu Experten befragen. Ob sich daraus eine Gesetzesinitiative entwickelt ist noch offen. Das Bundesgesundheitsministerium will die Situation beobachten, hatte aber auch erklärt, an Ausschreibungen festhalten zu wollen.
CDU-Arzneimittelexperte Michael Hennrich hatte statt Ausschreibungen eine Rabattvertragslösung vorgeschlagen. Dem Deutschen Apothekertag (DAT) liegt ebenfalls ein Antrag vor, der ein Festhonorar für die Zyto-Herstellung für die Apotheken und Rabattverträge für die Ausgangsstoffe fordert.
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