Um Zytostatika-Selektivverträge zu verhindern, machen die Apotheker der Politik und den Krankenkassen ein konkretes Angebot: Der Anspruch der Kassen auf Auskunft bei der Preisprüfung soll gestärkt werden. Im Gegenzug fordert der Verband der Zytostatika herstellenden Apothekerinnen und Apotheker (VZA) eine Ende der Ausschreibungen in diesem Versorgungsbereich. Aktuell gibt es bei der Umsetzung der neuen AOK-Verträge in der Praxis Probleme.
Der VZA schlägt eine Anpassung der kollektivvertraglichen Regelungen vor. Denn mit der Hilfstaxe seien schon erhebliche Einsparungen erzielt worden. Der Mechanismus habe sich bewährt, weil er einerseits Einsparungen ermögliche, andererseits aber die bewährten Strukturen in der Versorgung erhalte.
Künftig sollen wieder nur noch der GKV-Spitzenverband und Deutsche Apothekerverband (DAV) über die Preise verhandeln – und nicht mehr Kassen einzelnen Apotheken Zuschläge erteilen. Um weiter und kontinuierlich Einsparungen für die Versicherten aller Krankenkassen zu erzielen, sollten die in der Hilfstaxe vereinbarten Preise „regelmäßig überprüft“ werden, schlägt der VZA vor.
Das ist bislang bereits der Fall, doch nun soll der Auskunftsanspruch der Kassen gestärkt werden. Damit sollen nach dem Vorschlag des VZA „gewichtete Durchschnittspreise“ ermittelt werden. Die Auskunftsrechte gelten für den DAV und den GKV-Spitzenverband gleichermaßen. Sie sollen laut VZA auch Herstellungsbetriebe und Krankenhausapotheken einbeziehen, die parenterale Zubereitungen in der Onkologie für Apotheken herstellen.
Die erweiterten Auskunftsrechte sollen sich laut VZA zudem auf die Versorgung durch Krankenhausapotheken im ambulanten Bereich erstrecken. „Die Preise sollen künftig in der Hilfstaxe als feste Preise (beispielsweise in mg) vereinbart werden. Diese Preise sollen mindestens einmal jährlich überprüft und in der Anlage 3 der Hilfstaxe an die geänderte Marktlage angepasst werden“, schlägt der Verband vor.
Preise für Fertigarzneimittel in Sterilrezepturen unterliegen seit 2009 nicht mehr dem einheitlichen Abgabepreis. Die Apotheken dürfen mit den Herstellern Rabatte aushandeln, die Krankenkassen vereinbaren in der Hilfstaxe mit dem DAV Abschläge. Der GKV-Spitzenverband hat seit 2011 das Recht, bei Apotheken und Herstellern die Einkaufskonditionen abzufragen. Bestellt eine Apotheke dagegen bei einem Herstellbetrieb, muss sie laut einem Urteil des Sozialgerichts Reutlingen (SG) bislang gegenüber der Kasse nur die Kosten für die Gesamtleistung angeben, nicht aber die Einkaufskonditionen des Lohnherstellers.
Entsprechend beklagten die Kassen in der Vergangenheit erhebliche Intransparenzen: Herstellbetriebe konnten mit Apothekern Pakete schnüren, die die Rückverfolgbarkeit der tatsächlichen Einkaufspreise für die eingesetzten Stoffe unmöglich machte. Rabatte und Rückvergütungen wurden über andere Leistungen abgewickelt.
Selektivverträge mit Apotheken in diesem Bereich sollen dagegen generell verboten werden: „Die Zytostatikaversorgung ist eindeutig nicht dafür geeignet, sie dem Ausschreibungsregime der Krankenkassen zu unterstellen“, heißt es in der VZA-Stellungnahme des zum Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums zum GKV-Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz (Arzneimittel-VSG).
Mit Ausschreibungsmodellen werde die wohnortnahe Versorgung der Patienten zerstört, die zur Sicherstellung einer effizienten Arzneimittelversorgung gerade gestärkt werden solle. Hinzu komme, dass Ausschreibungen die Patientenautonomie verkenne: „Auch krebskranke Patienten dürfen nach der Gesetzeslage entscheiden, wer sie behandelt und mit Arzneimitteln versorgt“, so der VZA.
Auch die ABDA hat sich in ihrer Stellungnahme gegen Zyto-Exklusivverträge ausgesprochen: Das Instrument der Ausschreibung eigne sich, „wenn es um standardisierte Leistungen geht, in denen eine Orientierung am Massenprodukt für Leistungsanbieter und Leistungsempfänger vorteilhaft ist“. Im Falle der patientenindividuellen Versorgung förderten Ausschreibungen hingegen „die Gefahr gravierender Einbußen im Versorgungsniveau und steigender Kosten, wenn nur noch wenige Anbieter den Markt beherrschen“.
Mit der Regelung zur Hilfstaxe greift laut ABDA die „systematisch angelegte Spirale im Preismarkt nach unten“. Einkaufsvorteile würden an die Krankenkassen weitergegeben. Europaweite Ausschreibungen zerstörten dagegen die bestehende Versorgungsstruktur: „Denn es werden jene Anbieter privilegiert, die sich ausschließlich auf die Herstellung der Zytostatika konzentrieren, ohne die Bedürfnisse der Patienten und behandelnden Ärzte zu berücksichtigen“, so die ABDA.
Mit der Konzentration des Marktes werde sich auch die Abhängigkeit von einigen wenigen großen Anbietern, zumeist Lohnherstellern, erhöhen, warnt die ABDA. Der Preisdruck werde sich dadurch weiter erhöhen.
„Hier kann es in der Folge zu weiteren Verknappungen bei einschlägigen Arzneimitteln kommen. In der Konsequenz kommt es insgesamt zu einer Oligopolbildung in der Versorgung von Krebspatienten, was letztlich zu steigenden Preisen und somit geringerer Wirtschaftlichkeit in der Leistungserbringung führt“, heißt es in der Stellungnahme. Daher sollte den Kassen die Möglichkeit genommen werden, Zyto-Verträge zu schließen.
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