Apothekenreform

Zweigapotheke: Rezeptur per Botendienst

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Berlin -

Zweigapotheken sind derzeit nur Relikte aus vergangenen Zeiten oder Sonderfälle. Ende 2023 gab es ganze elf solcher Standorte, dabei handelt es sich um Überbleibsel aus DDR-Zeiten, Flughafen- und Inselapotheken. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) setzt jetzt auf genau dieses Konzept und will die Neugründung durch verschiedene Lockerungen forcieren.

Bis zu zwei Zweigapotheken sollen Inhaber:innen zusätzlich zur Haupt- und den bis zu drei Filialapotheken besitzen dürfen. Mit der geplanten Apothekenreform soll der Grundstein für eine einfachere Gründung von Zweigapotheken in Orten mit eingeschränkter Arzneimittelversorgung und Weiterentwicklung der Zweigapotheken als Versorgungsform gelegt werden. Das BMG geht von der Neugründung von rund 100 Zweigapotheken im Land aus.

§ 16a Apothekengesetz wird ergänzt

„(1) In Orten oder Ortsteilen mit eingeschränkter Arzneimittelversorgung erteilt die zuständige Behörde auf Antrag die Erlaubnis zum Betrieb einer Zweigapotheke, wenn der Antragsteller

  1. Inhaber einer Erlaubnis zum Betrieb einer Apotheke ist und
  2. nachweist, dass er im Falle der Erteilung der Erlaubnis über die nach der Apothekenbetriebsordnung vorgeschriebenen Räume verfügen wird.

(2) Die Erlaubnis nach Absatz 1 wird einem Apotheker für bis zu zwei Zweigapotheken erteilt. § 1 Absatz 3 gilt entsprechend.
(3) Die Erlaubnis wird für einen Zeitraum von zehn Jahren erteilt; sie wird bei Vorliegen der Voraussetzungen nach den Absätzen 1 und 2 auf Antrag erneut erteilt.“

Inhaber kann Leitung übernehmen

Mit dem Gesetzentwurf muss für eine Filial- oder Zweigapotheke keine Apothekenleitung mehr benannt werden. Die Leitung der Zweigapotheken können Inhaber:innen selbst übernehmen. Außerdem besteht die Möglichkeit der Aufteilung der Leitung auf zwei Apotheker:innen – gleiches gilt für Filialen.

Zweigapotheken ohne Rezeptur

Zwingend erforderlich bleiben Offizin und ausreichender Lagerraum. In Zweigapotheken muss es aber keinen Rezepturarbeitsplatz geben, wenn Apotheken des Filialverbundes die Herstellung übernehmen. Dadurch ergeben sich – zumindest für neu gegründete Zweigapotheken – Einsparungen durch verminderte Miet- und Energiekosten sowie notwendige Geräte, heißt es im Referentenentwurf.

„Eine Zweigapotheke muss mindestens aus einer Offizin, ausreichendem Lagerraum und einem Nachtdienstzimmer bestehen“, so steht es schon jetzt in § 4 Absatz 3 Apothekenbetriebsordnung.

Laut Referentenentwurf soll folgender Passus eingefügt werden. „Weitere Räume und Geräte sind vorzusehen, soweit in der Zweigapotheke entsprechende Tätigkeiten durchgeführt werden. Soweit die Zweigapotheke Rezeptur- und Defekturarzneimittel gemäß § 17 Absatz 6c Satz 2 Nummer 2 im Filialverbund bezieht und nicht selbst herstellt, finden die Absätze 2b und 2c keine Anwendung.“

Rezeptur per Botendienst

Der Kontrahierungszwang der Zweigapotheke besteht für Rezepturarzneimittel weiterhin. Hat eine Zweigapotheke keine Rezeptur, müssen „Verschreibungen über Rezepturarzneimittel unverzüglich durch eine andere Apotheke des Filialverbunds, hergestellt und an die Zweigapotheke oder an den Patienten per Botendienst der Apotheke“ geliefert werden. So soll es in § 17 Absatz 4 ApBetrO eingefügt werden.

Öffnungszeiten

Zweigapotheken sind montags bis sonnabends zur Dienstbereitschaft für die Dauer von vier Stunden während der ortsüblichen Geschäftszeiten verpflichtet.

Das ist außerdem neu

Bislang ist nur der Betrieb einer Zweigapotheke pro Inhaberin oder Inhaber erlaubt, und zwar für jeweils fünf Jahre. Die zuständige Behörde kann dem Inhaber einer nahe gelegenen Apotheke auf Antrag die Erlaubnis zum Betrieb einer Zweigapotheke erteilen, wenn dieser die dafür vorgeschriebenen Räume nachweist und aufgrund des Fehlens einer Apotheke ein Notstand in der Arzneimittelversorgung eingetreten ist.

Künftig sind es bis zu zwei Zweigapotheken, die Dauer der Erlaubnis liegt bei zehn Jahren. Auch von einem Notstand ist nicht mehr die Rede, sondern von einer „eingeschränkten Arzneimittelversorgung“ im Ort oder Ortsteil. Das gilt beispielsweise dann, wenn dort oder in der näheren Umgebung keine Apotheke angesiedelt ist. Soweit alle Voraussetzungen vorliegen, haben Antragstellende nunmehr einen Anspruch auf Erteilung einer Betriebserlaubnis; bisher stand dies im Ermessen der zuständigen Behörde.

Bereits erteilte Erlaubnisse zum Betrieb von Zweigapotheken bleiben bis zu ihrem Ablauf weiterhin gültig.

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