Rabattverträge

Zwei Gutachten gegen das AMNOG

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Der Branchenverband Pro Generika wirft der Koalition vor, die Rabattverträge ohne Rücksicht auf Sicherheitsrisiken durchzusetzen. In der Kritik stehen die neuen Vorschriften für die Substitution und die geplante Änderung der Packungsgrößenverordnung (PackungsV). Der Verband legte heute zwei Gutachten zu den negativen Folgen der geplanten Änderungen vor.

Der ehemalige PZ-Chefredakteur Professor Dr. Hartmut Morck kommt in seiner Bewertung der geplanten PackungsV zu dem Schluss, dass die Novelle das System weder vereinfacht noch transparenter macht. Probleme sieht er vor allem bei Arzneimitteln, die bei unterschiedlichen Indikationen in anderen Dosierungen eingesetzt werden: Je nach Anwendungsgebiet müssten dann unterschiedliche Packungsgrößen für 10-, 30- oder 100-Tage-Therapie zur Verfügung stehen. Denn in vielen Fällen dürften seiner Einschätzung nach die erlaubten Abweichungsspielräume nicht ausreichen, um eine einzige N-Packung zu definieren.

Auch für Kinder, bei denen die Dosierung in der Regel geringer ist, müssten nach Morcks Berechungen zum Teil eigene Packungen produziert werden. Die Anzahl der Handelsformen zu erhöhen, könne nicht im Sinne des Gesetzgebers sein, so Morck.

Zudem gebe es viele Arzneimittel, die sich nicht in die Norm zwängen ließen. Als Beispiel nennt Morck das Antibiotikum Azithromycin, dass lediglich drei Tage lang eingenommen wird. Auch bei Antiepileptika, die zu Therapiebeginn aufdosiert werden müssten, sei es nicht möglich, eine Tablettenzahl für eine bestimmte Behandlungsdauer vorzugeben. Auch bei Antihypertensiva seien individuelle Anpassungen notwendig.


Das zweite Gutachten, angefertigt von Professor Dr. Dr. Wilhelm Kirch von der Universität Dresden, beschäftigt sich mit der Substitution von Rabattarzneimitteln. Sie sollte nur erfolgen, wenn die Indikationsbereiche des verordneten und abgegebenen Arzneimittels gleich sind, so Kirch. Ansonsten sei die Patienten- und Arzneimitteltherapiesicherheit gefährdet.

Dem Entwurf des Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetzes (AMNOG) zufolge sollen Apotheken ein Arzneimittel abgeben, „das mit dem verordneten in Wirkstärke und Packungsgröße identisch ist, für ein gleiches Anwendungsgebiet zugelassen ist und die gleiche oder eine austauschbare Darreichungsform besitzt; als identisch gelten dabei Packungsgrößen mit dem gleichen Packungsgrößenkennzeichen“.

Eine Substitution kann also auch dann erfolgen, wenn die Generika in nur einer Indikation übereinstimmen. Das würde dazu führen, dass Patienten Arzneimittel erhalten, die gar nicht für die sie betreffende Erkrankung zugelassen sind, so Kirch. Fehle das entsprechende Anwendungsgebiet in der Gebrauchsinformation, könne dies zu einer Verunsicherung und damit zu mangelnder Compliance der Patienten führen. Neben fehlenden Indikationen können laut Kirch auch andere Angaben in den Fach- und Gebrauchsinformationen wie zum Beispiel die Kontraindikationen oder Dosierungen variieren.

Der AOK Bundesverband hält wie gewohnt dagegen: „Es handelt sich hier um identische Produkte, deren gleiche Wirksamkeit und Sicherheit bereits durch das hochsensible deutsche Zulassungsverfahren gewährleistet ist“, sagte AOK-Verhandlungsführer Dr. Christopher Hermann. Die Kasse zeigte sich erfreut über die Klarstellung im AMNOG. Den Pharmaherstellern warf Hermann vor, weiterhin bewusst Unsicherheit unter Patienten, Ärzten und Apothekern zu schüren.

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