Bundesgerichtshof

Zuweisungsverbot gilt nicht für Holland-Versender

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Berlin -

Apotheker dürfen sich nicht mit Ärzten über die Zuweisung von Rezepten verständigen. Doch ausländische Versandapotheken sind nicht an dieses Verbot gebunden. So hat es jedenfalls das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) in einem Urteil ausgeführt, das unlängst vom Bundesgerichtshof (BGH) bestätigt wurde. Die Urteilsbegründung steht noch aus. Die Karlsruher Richter waren dem Vernehmen nach mit der Entscheidung selbst nicht glücklich, sahen sich aber aufgrund einer offenbar bestehenden Gesetzeslücke dazu gezwungen.

In dem Verfahren wurde über ein Werbefax der Apotheek Bad Nieuweschans (Apotheke Bad Neuschanz) gestritten. Die niederländische Versandapotheke hatte gynäkologischen Praxen in Deutschland den Direktversand von Kupferspiralen und Hormonimplantaten angeboten. 24 Stunden nach Bestellung sollten die Verhütungsmittel geliefert werden – mit Rabatt und Mengenstaffel.

Dagegen hatte der Verband Sozialer Wettbewerb (VSW) geklagt und in erster Instanz recht bekommen. Das Landgericht Düsseldorf hatte der Klage mit Verweis auf das Zuweisungsverbot gemäß §11 Apothekengesetz (ApoG) stattgegeben. Doch die Berufung der Apotheek Bad Nieuweschans hatte Erfolg, das OLG wies die Klage vor fast genau einem Jahr ab. Die Revision gegen diese Entscheidung wurde nun Ende April vom BGH als unbegründet zurückgewiesen, wie eine Gerichtssprecherin gegenüber APOTHEKE ADHOC bestätigte. Die Urteilsgründe liegen noch nicht vor.

Vor allem mit Bezug auf das Zuweisungsverbot bleibt die Begründung des BGH mit Spannung zu erwarten. Im Urteil der Vorinstanz hieß es hierzu: „Die Beklagte als niederländische Apotheke ist nicht von § 11 ApoG gebunden, denn dieser richtet sich allein an deutsche Apotheken.“ Der BGH hat dies Prozessbeobachtern zufolge im Ergebnis ebenso gesehen. Demnach entspricht es aus Sicht der Karlsruher Richter zwar Sinn und Zweck der Vorschrift, dass auch ausländische Versender daran gebunden sind. Der BGH hatte aber wohl wegen des Wortlauts Bedenken, die Regel analog anzuwenden.

Zwar hat der BGH in früheren Entscheidungen eine verbotene Zuweisung angenommen, in denen Applikationsarzneimittel an Arztpraxen geliefert worden waren. Das deutsche Apothekengesetz richtet sich aber die „Erlaubnisinhaber und deren Personal“. Das treffe auf die Apotheek Bad Nieuweschans nicht zu, die habe eine Erlaubnis nach niederländischem Recht, heißt es im OLG-Urteil. „Ihr Verhalten unterliegt damit nicht nur der Aufsicht der niederländischen Behörden, es richtet sich allein danach, was in den Niederlanden zulässig ist“, so die Richter.

Dass das deutsche Recht für niederländische Versender nicht gelte, ergibt sich laut OLG-Urteil aus den Vorschriften zum Versandhandel (§ 73 Abs. 1 Nr. 1a AMG). Aus dem EU-Ausland ist dieser nur erlaubt, wenn die jeweiligen nationalen Vorschriften dem deutschen Apothekenrecht „im Hinblick auf die Vorschriften zum Versandhandel“ entsprechen. Dieses „Äquivalenzerfordernis“ wäre überflüssig, wenn das ApoG generell auf niederländische Versandapotheken anzuwenden sei, argumentiert das OLG. Das Zuweisungsverbot aus § 11 ApoG beziehe sich aber eben nicht auf den Versandhandel, sondern allgemein auf Apotheken.

Jetzt bleibt mit Spannung abzuwarten, wie sich der BGH in seinen Urteilsgründen äußert. Womöglich erhalten die EU-Versender mit dieser Entscheidung einen weiteren Vorteil gegenüber deutschen Anbietern. Einer ungezügelten Zuweisung stünden zwar immer noch das ärztliche Berufsrecht und gegebenenfalls das Anti-Korruptionsgesetz entgegen, eine Erleichterung für DocMorris & Co. wäre es allemal.

In diesem Fall war das Angebot der Apotheek Bad Nieuweschans nach Auffassung des OLG keine Verleitung des Arztes, verbotenerweise Arzneimittel in Verkehr zu bringen. Denn bei den angebotenen Präparaten handele es sich ausnahmslos um Applikationsarzneimittel, die direkt in der Praxis angewendet würden. Juristisch spricht man vom „Endverbrauch“. Apotheek Bad Nieuweschans verstoße als zugelassene Versandapotheke daher auch nicht gegen das Verbringungsverbot. Endverbraucher der Applikationsmittel sei der Arzt, nicht die Patientin.

Die Versandapotheke verleitet die Ärzte aus Sicht des OLG auch nicht zu einem berufsrechtswidrigen Verhalten. Zwar verbiete die Musterberufsordnung der Ärzte, Patienten ohne echten Grund an eine bestimmte Apotheke zu verweisen. „Ein hinreichender Grund kann aber schon darin liegen, dass der Patientin durch die hier beworbene Verfahrensweise ein erneutes Aufsuchen der Arztpraxis erspart bleibt“, so das OLG.

Das hat der BGH in der mündlichen Verhandlung Prozessbeobachtern zufolge zwar anders bewertet und die Ausführungen der Vorinstanz zu einem hinreichenden Grund kritisiert. Es bestünden aber Zweifel, ob der Arzt seine Patientinnen in dieser Konstellation tatsächlich an eine bestimmte Apotheke verweise.

Und dann wurde vor dem BGH noch über die Rabatte auf verschreibungspflichtige Arzneimittel und einen etwaigen Verstoß gegen die Preisbindung diskutiert. Der BGH sieht die Frage – anders als das OLG – auch für ausländische Versandapotheken nicht als endgültig geklärt an, trotz EuGH-Urteil zu Rx-Boni. Der Punkt war aber vom VSW offenbar selbst nicht stark gemacht worden. Das OLG hatte sich in seiner Entscheidung noch eingehend mit der Frage auseinandergesetzt – was nicht weiter wundert, da derselbe Senat das Verfahren zu den DocMorris-Boni für die Deutsche Parkinson Vereinigung (DPV) seinerzeit vor den EuGH gebracht hatte.

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