Hämophilie-Versorgung

Zurückgehaltene Rezepte: Gesundheitsamt ermittelt gegen Uniklinik APOTHEKE ADHOC, 18.10.2021 11:03 Uhr

Versorgung bleibt im Haus? In de Region Köln/ Bonn werden Vorwürfe gegen die Uniklinik Bonn laut, wonach sie Rezepte zur Hämophilie-Versorgung zurückhält. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

Seit über einem Jahr ist die Versorgung von Hämophilie-Patient:innen in der Hand der Apotheken – doch ist das auch überall so? Im Raum Köln/Bonn sind Vorwürfe laut geworden, wonach die Uniklinik Bonn Rezepte zurückhält und Patient:innen weiter über das eigene Zentrum versorgt. Die Klinik dementiert das und sieht sich keinerlei Vorwürfen ausgesetzt. Doch das Gesundheitsamt bestätigt, dass es dem Fall nachgeht.

Apotheken in Köln und Bonn sind frustriert über das Ausbleiben von Hämophilie-Patienten – und haben eine Ahnung, welche Ursache das hat. „Wir haben uns alle gewundert, denn wir haben uns die Präparate rausgelegt, dann kam aber nichts“, sagt ein Inhaber aus der Domstadt. Ihm gehe es wie vielen Kollegen: Sie hätten sich vergangenes Jahr auf die Hämophilie-Versorgung vorbereitet und von Patienten gewusst, die nun in die Apotheken wechseln würden. Doch niemand kam. „Patienten haben mir und anderen Kollegen in der Region gesagt, dass sie von ihren Apotheken in Köln versorgt werden wollen, aber keine Rezepte bekommen.“

Woran das liegt, sei schnell klar geworden: Die meisten Hämophilie-Patienten in der Region wurden bisher am Zentrum der Uniklinik Bonn versorgt. Mit dem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) hatte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) die Versorgung der rund 10.000 Betroffenen jedoch in die Apotheken verlagert. Mit Hilfe der Apotheke als Vertriebsweg soll der Markt unter Kontrolle gebracht, Einkauf und Verabreichung der bei Hämophilie eingesetzten Arzneimittel sollen wieder getrennt werden. 44 Apotheken schlossen sich extra im Verband der Hämophilie-Apotheken (VHA) zusammen. Zumindest in der Region Köln/ Bonn scheinen aber bisher nicht viele Patienten in den Apotheken angekommen zu sein.

Vorwürfe wurden laut, dass die Uniklinik Rezepte zurückhalten würde, Apothekern zufolge hätten ihnen Patienten bestätigt, dass sie hingehalten würden – Klinikmitarbeiter würden ihnen gegenüber beispielsweise darauf pochen, dass die Präparate im Hämophiliezentrum noch vorrätig seien.

Gerüchte machen gar die Runde, dass die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) rechtlich gegen die Uniklinik vorgehe. Die AKNR will das auf Anfrage weder bestätigen noch dementieren, sondern verweist auf das Gesundheitsamt der Stadt Bonn. Auch der VHA will sich auf Anfrage nicht zum Fall äußern. Die Uniklinik selbst weist Vorwürfe von sich: „Wir stehen als Universitätsklinikum natürlich in kontinuierlichem Austausch mit vielen Berufsvertretungen. Dies ergibt sich aus unseren Aufgaben in der Krankenversorgung“, erklärt ein Sprecher auf Anfrage. „Unsere angestellten Apotheker:innen sind Kammerangehörige. Eine Auseinandersetzung mit der AKNR haben wir nie geführt.“

Zufrieden mit der rechtlichen Neuregelung aus dem vergangenen Jahr ist das Krankenhaus aber offensichtlich auch nicht: Die mit dem GSAV in Bezug auf die Versorgung von Hämophilie-Patient:innen durch Hochschulambulanzen entstandenen offenen Rechtsfragen bedürften einer weiteren juristischen Klärung, heißt es. Dennoch halte man sich an die Regelung: „Ambulante Rezepte erhält der Patient zur Einlösung in der Apotheke seiner Wahl“, so die Uniklinik. „Wir sehen uns keinem Vorwurf ausgesetzt und unterliegen im Übrigen der Überwachung durch das Gesundheitsamt.“

Das wiederum bestätigt aber, dass es die Vorwürfe ernst nimmt: „In dieser Angelegenheit findet derzeit die Prüfung durch das Gesundheitsamt statt“, so ein Sprecher auf Anfrage. „Aufgrund des laufenden Verfahrens kann zum jetzigen Zeitpunkt keine Auskunft gegeben werden.“ Apotheker aus der Region hoffen auf eine schnelle Klärung. „Es geht ja nicht darum, dass wir den Umsatz wollen, sondern dass wir die Patienten vor Ort versorgen wollen“, so einer von ihnen. „Der Patient soll ja frei wählen können, wo er hingeht. Es geht darum, dass wir dem Wunsche der Patienten nachkommen wollen, es aber es nicht können. Ohne Rezept können wir nicht beliefern.“