Verfahren wegen Verstoß gegen Heilmittelgesetz

Zur Rose: Oberhänsli freigesprochen

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Berlin -

Zur-Rose-Chef Walter Oberhänsli ist in seinem Gerichtsverfahren wegen umstrittener Geschäftspraktiken freigesprochen worden. Der Schweizer Apothekerverband Pharmasuisse hatte gegen das Unternehmen geklagt, zu dem Europas größte Versandapotheke DocMorris gehört. Es ging dabei um Aktivitäten in der Schweiz zwischen 2010 und 2015, darunter Zahlungen an Ärzte sowie das Ausstellen von Rezepten.

Gerichte hatten die Geschäftspraktiken im Jahr 2014 untersagt und Zur Rose hatte sie eingestellt. Das Gericht entschied nun, dies nicht rückwirkend strafrechtlich zu ahnden – Oberhänsli hatte sich vor Gericht darauf berufen, in bestem Gewissen gehandelt zu haben, Pharmasuisse hingegen warf ihm vor, schon damals über die Unrechtmäßigkeit seines Handelns im Bilde gewesen zu sein und Regulierungslücken ausgenutzt zu haben. „Ich bin über das Urteil des Bezirksgerichts Frauenfeld erfreut“, erklärt Oberhänsli. „Im Grunde geht es aber um das größere Ganze: Als Unternehmen sehen wir uns mit diesem Gerichtsentscheid in unserem
Anliegen bestärkt, die Gesundheitsversorgung dank der Digitalisierung kostengünstiger, besser zugänglich und sicherer zu gestalten.“

Pharmasuisse zeigt sich in Anschluss an die Urteilsverkündung entrüstet. „Wir können dieses Gerichtsurteil nicht nachvollziehen“, so der Verband. Zur Rose habe mit ihrem Geschäftsmodell bewusst das geltende Recht umgangen. „Das Urteil zeigt, dass für Unternehmer andere Regeln gelten als für uns anderen. Ihr Modell, ohne Fachberatung oder individuelle Betreuung, war und ist an Umsatz und Gewinn orientiert.“ Es sei „langsam“ und biete keinen Beitrag zur Patientensicherheit und medizinischen Grundversorgung. „Dieses Urteil hat Signalwirkung: Liebe Unternehmerinnen und Unternehmer, kümmert euch nicht ums Gesetz und verdient viel Geld mit euren widerrechtlichen Geschäftsmodellen. Kommt‘s vor Gericht könnt ihr auf Freisprüche zählen“, so Pharmasuisse.

Die Staatsanwaltschaft Kreuzlingen hatte im vergangenen Frühjahr Anklage gegen Oberhänsli erhoben. Am 1. Dezember beginnt im großen Gerichtssaal des Bezirksgerichts Frauenfeld der Strafprozess und war eigentlich bis März terminiert. Die Anklage stützte sich auf eine Strafanzeige von Pharmasuisse und betrifft zwei verschiedene Sachverhalte: den Versand von rezeptfreien Medikamenten und Zahlungen an Ärzte zwischen 2010 und 2015. Oberhänsli war vorgeworfen worden, als CEO für das Geschäftsmodell des Versandhandels von Arzneimitteln verantwortlich zu sein. Dabei habe er in Kauf genommen, gegen die Bestimmungen des Heilmittelgesetzes zu verstoßen. Gleichzeitig habe Zur Rose mit den aus Sicht der Anklage unzulässigen Praktiken einen erheblichen Umsatz erzielt und sich einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der direkten Konkurrenz durch andere Apotheken verschafft. Zudem habe Zur Rose mit der Auszahlung von Entschädigungen an Ärzte ebenfalls gegen das Heilmittelgesetz verstoßen.

2011 hatte Zur Rose den Versand für rezeptfreie Medikamente eingeführt. Zuständig für die Ausstellung der ärztlichen Verschreibungen war ein unabhängiges, auf die telemedizinische Untersuchung spezialisiertes Unternehmen. Im September 2015 entschied das Bundesgericht in Lausanne, dass dieser von Zur Rose praktizierte und vom Kantonsapotheker freigegebene OTC-Versandhandel laut Gesetz verboten sei: Für den Versand von Arzneimitteln sei immer ein Rezept erforderlich, das auf Grundlage eines persönlichen Kontaktes mit einem Arzt ausgestellt sei. Dies gelte auch für Medikamente, die in der Apotheke oder Drogerie vor Ort ohne Rezept abgegeben werden dürfen. Zur Rose stellte daraufhin den OTC-Versand ein.

Was die Zusammenarbeit mit Ärzten angeht, so ging es um Zahlungen an Mediziner in Kantonen, in denen die Selbstdispensation verboten ist. Die Ärzte erhielten 40 Franken (rund 33 Euro) für jeden Neukunden, jährlich zwölf Franken für den Dosiercheck sowie einen Franken pro Rezeptzeile für die sogenannte Interaktionskontrolle. Im Juli 2014 untersagte das Bundesgericht auch dieses Modell: Diese Zahlungen wurden als „therapiefremde geldwerte Vorteile“ bewertet, die im Heilmittelgesetz verboten sind.

Der Verwaltungsrat wies im Mai die Anschuldigungen gegen seinen CEO entschieden zurück und kündigte an, Oberhänsli in der Abwehr der gegen ihn erhobenen Vorwürfe „uneingeschränkt zu unterstützen und seine Integrität zu schützen“. „Zur Rose verstand sich stets und versteht sich auch weiterhin als Protagonistin einer zeitgemäßen, sicheren und kostendämpfenden Art der Medikamentenversorgung“, sagte Verwaltungsratspräsident Professor Dr. Stefan Feuerstein. „Diese juristische Attacke gegen unseren CEO durch Kreise, die den technologischen Wandel mit all seinen unbestrittenen Vorteilen allein zur Verteidigung ihrer wirtschaftlichen Individualinteressen aufhalten wollen – und dies über fünf Jahre nach Beendigung des beanstandeten Verhaltens – erachte ich als grotesk.“ Dies gelte umso mehr, als die kantonalen Behörden und Gerichte das Vorgehen zuvor wiederholt als zulässig eingestuft hätten. Feuerstein: „Walter Oberhänsli ist ein ausgezeichneter und höchst integrer Unternehmer; wir werden seinen guten Ruf in jeder Hinsicht schützen.“

 

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