Sprudelnde GKV-Beitragseinnahmen

Zi: Lauterbach könnte Milliarden verteilen

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Berlin -

Im Gesundheitswesen gibt es für Honorarerhöhungen oder einen Inflationsausgleich angeblich kein Geld. Stimmt nicht, sagt der Vorstandsvorsitzende des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi), Dr. Dominik von Stillfried: Alleine in den ersten drei Quartalen 2023 hätten die Kassen vor allem aufgrund der günstigen Lohnentwicklung rund 10,3 Milliarden Euro zusätzlich eingenommen. Dieses Geld solle in die Versorgung investiert werden, so seine Forderung.

Weniger als die Hälfte der zusätzlichen Einnahmen würden laut von Stillfried mehr als ausreichen, um die dringend benötigten Erleichterungen für die Praxen zu finanzieren. Dazu zählt er die von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) angekündigte Strukturpauschale für rund 30.000 Hausarztpraxen, eine verbesserte Jahrespauschale für die hausärztliche Versorgung chronisch kranker Patientinnen und Patienten, eine neue hausärztliche Beratungsleistung zur Hitzeberatung – aber auch für die komplette Entbudgetierung für alle Haus- und Facharztpraxen. Drei Milliarden Euro würde die Abschaffung der Honorargrenzen, die bislang nur für Pädiater und Allgemeinmediziner vorgesehen ist, laut dem Zi-Vorsitzenden überschlägig kosten.

„Dass eine vollständige Entbudgetierung möglich ist, sieht man nicht nur an den gestiegenen Einnahmen im Jahr 2023, sondern auch daran, dass 2024 von weiteren Mehreinnahmen in Höhe von 13,5 Milliarden Euro bei konstanten Beitragssätzen ausgegangen werden kann“ so von Stillfried weiter.

Bei Kassen sparen

Und auch der Anstieg der Verwaltungskosten bei den Krankenkassen könne durchaus als „Effizienzreserve“ angesehen werden: Diese seien bis Ende September um 4 Prozent auf mehr als 9 Milliarden Euro an, während für die ärztliche Versorgung nur 1,1 Prozent mehr ausgegeben wurde; dies bei einer Inflationsrate von 5,9 Prozent für das Gesamtjahr. „Die Steigerung der Leistungsausgaben lag insgesamt bei 5,2 Prozent, die für Krankenhäuser sogar bei deutlichen 6,9 Prozent.“

„Die Politik hat also die Mittel dafür, die Abwanderung hochmotivierter Ärztinnen und Ärzte aus der Niederlassung zu bremsen und der drohenden Wartelistenmedizin Einhalt zu gebieten – und zwar ohne, dass die Versicherten dadurch mit höheren Beitragssätzen belastet werden müssten.“

Jedes Land, jedes Gesundheitssystem bekomme die medizinische Versorgung, für die es bezahle, so von Stillfried. „Wenn die stationären Leistungen der Krankenhäuser jahrzehntelang systematisch besser bezahlt werden als die der haus- und fachärztlichen Praxen, obwohl diese in weiten Teilen vergleichbar sind, darf man sich nicht wundern, wenn die Praxisinhaberinnen und -inhaber sowie ihre Teams mit den Füßen abstimmen und sich andere Betätigungsfelder suchen. Sei es die Flucht in die privatärztliche Liquidation, sei es zu besser dotierten Positionen an Kliniken oder in der Gesundheitswirtschaft.“

Nehme ein Angestellter eine höher bezahlte Stelle an und wechsele dafür den Arbeitgeber, habe man dafür volles Verständnis. „Das Gleiche passiert über die Jahre auch in der ärztlichen Versorgung. Wer möchte, dass die gesetzlich Versicherten künftig wieder mehr Ärztinnen und Ärzte in den Praxen antreffen, die auch Zeit für die Anliegen der Patientinnen und Patienten haben, muss diesen Arbeitsplatz attraktiv gestalten. Die volle Bezahlung der erbrachten Leistungen ohne Abstriche ist dabei das Mindeste.“

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