„Zeit“ zu Besuch bei Overwiening Laura Schulz, 11.07.2024 16:13 Uhr
Das Nachrichtenmagazin „Zeit“ war bei der Abda-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening zu Gast in ihrer Apotheke im münsterländischen Borken. Dort hat sie auch einen Kommissionierer – ob sich die Apothekerin mit ihren Robotern selbst abschaffe, fragt die „Zeit“-Autorin, als ob sich die Tätigkeit von Apotheker:innen auf das reine Heraussuchen des entsprechenden Präparats beschränke. Im anschließenden Artikel versucht der Beitrag jedoch mit Vorurteilen aufzuräumen und zu erklären, wie das Apothekengeschäft funktioniere. Argumente, die für die Apothekenreform sprechen, verfangen hier nicht.
Overwiening klärt auf, dass diese Roboter mehr Zeit ließen für die eigentlichen pharmazeutischen Inhalte des Jobs, nämlich die Beratung am Patient:in. Das schaffe Vertrauen und Nähe, wird die Abda-Präsidentin zitiert. Auf Pharmazeut:innen sei daher nicht zu verzichten in der Apotheke, auch wenn der Entwurf für das Apotheken-Reformgesetz (ApoRG) von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) etwas anderes vorsehe, warnt sie. „Der Minister schafft damit langfristig den Beruf des Apothekers ab“, so Overwiening zur „Zeit“. Damit spreche sie nicht nur für sich, sondern als Abda-Präsidentin für alle Apotheker:innen. Sie sei so „eine der ärgsten Gegenspielerinnen von Lauterbach“.
Wie die Versorgung auf dem Land funktioniere, habe Overwiening selbst bewiesen. Mit ihrer zweiten Apotheke in Nienborg an der niederländischen Grenzen erhielt sie die pharmazeutische sowie die ärztliche Betreuung des Dorfes mit 3000 Einwohner:innen. 2015 habe sie dort auf Wunsch des Bürgermeisters eröffnet, weil die Ärztin sonst drohte, wegzuziehen.
Und auch sonst seien sie und ihr Team für viele Menschen der erste Anlaufpunkt für Gesundheitsfragen. Das bleibe zwar auch so, aber eben in womöglich vielen Fällen ohne Approbierte. Das sei für leichte Beschwerden sicher irrelevant, so der „Zeit“-Beitrag, anders sehe das jedoch bei schwereren Erkrankungen aus, wo starke Schmerzmittel benötigt würden, die unter das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) fallen. Die Versorgung damit sei in der Konsequenz des Gesetzes dann womöglich an nur noch einem Tag in der Woche möglich. „Am Bedarf der Patienten und Patientinnen geht das völlig vorbei“, meint Overwiening zur „Zeit“.
Lauterbachs Reform geht nicht auf
Die „Zeit“ zeigt auch, dass Lauterbachs Rechnung, eine Apotheke ohne Approbierte wäre günstiger, nicht aufgeht. Zwar nicht, weil PTA mit mehr Verantwortung vielleicht auch mehr Geld als bisher fordern könnten, sondern weil „eine Schule ohne Lehrer“ auch günstiger wäre, wie Overwiening argumentiert.
Overwiening sei „trotzig“, ließe sich bei der Reform auf keinen Kompromiss ein. Aufgrund des finanziellen Drucks fürchteten die Apotheker:innen in Deutschland einen massiven Stellenabbau, so die „Zeit“. Und auch die Inhaber:innen arbeiteten kaum noch auskömmlich, einige verdienten am Ende weniger als ihre Angestellten, stellt das Magazin fest.
Insgesamt vermittelt der Beitrag den Eindruck, dass die Apothekerschaft durchaus Grund für ihre Kritik hätten. Als Gegenstimme taucht hier neben Lauterbachs Argumenten noch AOK-Chefin Carola Reimann auf. Sie war allerdings auch lange für die SPD im Bundestag und sei nun als Kassen-Vorständin nun einmal an Kosteneinsparungen interessiert und unterstütze Lauterbachs Vorschläge daher naturgemäß.