Der 5. Westfälisch-Lippische Apothekertag (WLAT) ist prominent besetzt: Der Philosoph und Publizist Professor Dr. Richard David Precht wird zu den Apothekern sprechen, Staatssekretärin Ingrid Fischbach (CDU) beteiligt sich an der politischen Debatte und namhafte Professoren geben sich am 14. und 15. März 2015 in Münster ein Stelldichein. Ein Name löst schon jetzt Debatten aus: Dass die Apothekerkammer (AKWL) Professor Dr. Gerd Glaeske für einen Vortrag gebucht hat, findet Apotheker Reinhard Rokitta mehr als unglücklich.
Glaeskes Vortrag an sich sollte nicht das Problem sein. Der Gesundheitsökonom spricht über „Evidenzbasierte Entscheidungsfindung in der Apotheke, sportlich aber machbar“. Was Rokitta aufregt ist, dass der „Apothekerfeind Nr. 1“ überhaupt eingeladen wurde.
Rokitta, der auch in dem Verein Freie Apothekerschaft aktiv ist, hat einen offenen Brief an Kammerpräsidentin Gabriele Overwiening geschrieben. Er sei über das Verhalten der Kammer „mehr als erschüttert, ja geradezu entsetzt“. Von seinem sauer verdienten Kammerbeitrag werde eine Person bezahlt, „die das Ansehen der Apothekerschaft in der Vergangenheit unter anderem mithilfe ausgesuchter Medien bei jeder sich bietenden Gelegenheit in den Dreck gezogen hat“.
Rokitta verweist auf mehrere Beiträge, in denen Glaeske wahlweise die Überkapazitäten des Systems beklagt oder die Beratungsqualität der Apotheker angezweifelt hatte. Wiederholt hatte sich der Gesundheitsökonom auch an Apothekentests beteiligt – die nicht immer gut ausgingen.
Rokitta will von Overwiening wissen, was sie bewogen habe, Glaeske zu verpflichten und wer in diese Entscheidung involviert war. Auch nach den Gesamtkosten der Kammer inklusive Reisekosten und Spesen erkundigt sich Rokitta. Er könne nur hoffen, dass die Präsidentin ihre Entscheidung nochmals überdenke.
Overwiening ist derzeit im Urlaub und nicht zu erreichen. In der Geschäftsstelle der Kammer steht man zu der Entscheidung. Es bringe nichts, Gäste einzuladen, die einem nach dem Mund redeten, sagte ein Sprecher. Für viele Kammermitglieder sei der WLAT eine gute Gelegenheit, Glaeske live zu erleben und sich persönlich mit dem Kritiker auseinanderzusetzen. „Mit ist es lieber, wir können hier mit ihm diskutieren, als dass er in einer Sendung der dritten Programme über uns redet“, so der Sprecher.
Glaeske versteht sich selbst als Apothekenkritiker, aber im positiven Sinne. Er will, dass sich der Berufsstand weiterentwickelt und fordert eine leistungsbezogene Vergütung. Der Gesundheitsökonom moniert, dass die Qualität der Beratung beim derzeitigen Honorar nicht berücksichtigt wird.Detail
Vielleicht kann Philosoph Precht vermitteln. Der Autor bekannter Bücher wie „Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?“ und „Die Kunst, kein Egoist zu sein“ wird beim WLAT die Eröffnungsrede halten. In der Einladung ist sein Vortrag über Moral so zusammengefasst: „Fünf Wege zu einem besseren Umgang miteinander und damit nicht zuletzt zu einem erfüllten Leben.“
Zur Eröffnung des zweiten Kongresstags schließt Professor Dr. Andreas Kaapke aus Stuttgart mit dem nächsten heiklen Thema an. Der Titel seines Vortrags: „ABDA – Die Kunst, (k)eine erfolgreiche Interessenvertretung zu sein...!?“
Außerdem sprechen beim WLAT unter anderem Professor Dr. Ulrich Jaehde von der Universität Bonn über die Rolle der Apotheken in der onkologischen Versorgung und Professor Dr. Manfred Schubert-Zsilavecz von der Frankfurter Goethe Universität über Prävention und Pharmakotherapie.
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