Generationswechsel

WIV-Apotheker suchen Nachwuchs Patrick Hollstein, 30.07.2024 12:22 Uhr

Die Fachgruppe WIV-Apotheker sucht neue aktive Kolleginnen und Kollegen (Dr. Stephan Linden, Nils Landsiedel, Dr. Maria Verheesen, Christian Wilhelm Licht, Dr. Ulf Maywald, Carl Ulrich Henneberg, v.l.n.r.). Foto: WIV-Apotheker
Berlin - 

Neben der Offizin sind auch Wissenschaft, Industrie, Verwaltung und Bundeswehr potenzielle Betätigungsfelder für Apothekerinnen und Apotheker. Die Zahl der hier tätigen Kolleginnen und Kollegen wächst seit Jahren – und sie hat mit dem Verein „Fachgruppe WIV-Apotheker“ sogar eine eigene Interessenvertretung. Allerdings war die Zusammenarbeit zuletzt etwas eingeschlafen; mit Blick auf den anstehenden Generationswechsel sucht der Vorstand jetzt engagierte Kolleginnen und Kollegen.

Am 6. September findet das Jahrestreffen der WIV-Apotheker statt; hier soll turnusgemäß auch ein neuer Vorstand gewählt werden. Carl Ulrich Henneberg (Sanofi), der den Vorsitz vor einigen Jahren von Dorothee Brakmann (Pharma Deutschland) übernommen hat, würde gerne aus Altersgründen aufhören. „Ob jung oder alt, alle pharmazeutischen Kollegen sind herzlich eingeladen und aufgefordert, sich im Verein aktiv an der Fortentwicklung des Berufsbildes zu beteiligen.“

Für ihn und Vize Dr. Ulf Maywald wäre der Generationswechsel auch eine Gelegenheit, frischen Schwung in den Verein zu bringen. „Uns wäre es am liebsten, wenn wir ein paar ‚junge Wilde’ überzeugen können.“

Aus ihrer Sicht brauchen die immer zahlreicher werdenden Apothekerinnen und Apotheker, die nicht in einer Apotheke arbeiten, eine stärkere Stimme. Zuletzt hatte sich die Fachgruppe zur Apothekenreform und den geplanten Apotheken ohne Approbierte zu Wort gemeldet: Die Honorare müssten auskömmlich gestaltet sein, eine Strukturreform dürfe nur gut begründet beginnen. Eine Vertretung durch PTA sei denkbar, allerdings nur stundenweise und nur, wenn diese sich verpflichtend weiterqualifizierten.

„Das war das Politischste, was wir seit langem gemacht haben“, sagt Henneberg. Maywald verweist auf frühere Stellungnahmen, etwa zur Bundesapothekerordnung oder der Approbationsordnung. „Unser Anspruch ist es, überall dort unsere Perspektive einzubringen, wo es um die Qualität des Berufsbilds geht.“

Üblicherweise geht auch der Sitz im Abda-Gesamtvorstand an einen Vertreter der Fachgrupe. „Das ist nicht zwingend, aber gute Tradition.“ Und die beiden Pharmazeuten würden sich sogar wünschen, dass deutschlandweit ein Netzwerk an Kolleginnen und Kollegen aufgebaut wird, das in den Kammerversammlungen die eigenen Positionen einbringt und vertritt. Aber dafür brauche es eben engagierte jüngere Kolleginnen und Kollegen.

Tatsächlich war es in den vergangenen Jahren eher ruhig um die WIV-Apotheker geworden, denen aktuell rund 100 Mitglieder angehören. Ein- bis zweimal pro Jahr wird eine Veranstaltung für die pharmazeutische Fachöffentlichkeit und den pharmazeutischen Nachwuchs angeboten. Um große berufspolitische Themen geht es weniger. In der Satzung sind die Ziele des Vereins auch weit gefasst: Förderung des Nachwuchses, Förderung von Wissen und Gedankenaustausch, Fortbildung und Mitgestaltung von Berufspolitik und Politik.

Die Fachgruppe gibt es seit Mai 1950, genauso lange wie die Kammern und Verbände. Bereits 1931 wurde als Vorgänger die „Vereinigung der Industrieapotheker“ ins Leben gerufen. 2012 erfolgte schließlich die Eintragung als – nicht gemeinnütziger – Verein im Vereinsregister zu Köln. Später gab es Gespräche über eine Übernahme des Bundesverbands der Apotheker im öffentlichen Dienst (BApÖD), der damals in Auflösung war. Die Fachgruppe erhebt keinen Mitgliedsbeitrag, sondern finanziert sich über Spenden.

Am Beispiel Nordrheins kann man sehen, wie gut die Zusammenarbeit zwischen Offizin- und WIV-Apothekern funktioniert: Der heutige Kammerpräsident Dr. Armin Hoffmann arbeitet selbst bei Bayer und war seinerzeit Initiator der Vereinsgründung. Auch in Baden-Württemberg steht mit Dr. Martin Braun (Schwabe) ein Industrieapotheker an der Spitze der Kammer.

In Berlin dagegen konnte man vor Kurzem sehen, wie die Kolleginnen und Kollegen mit einer Tätigkeit außerhalb der öffentlichen Apotheke von der Koalition in der Kammer gezielt ausgeschlossen wurden. Hintergrund dürfte die Tatsache sein, dass eine Umstellung des Kammerbeitrags vorbereitet wird, durch die die Angestellten mit hohem Einkommen stärker zur Kasse gebeten werden sollen. Listenführer Dr. Björn Wagner (Kenvue) hatte in den vergangenen Jahren unglaublich viel Aufbauarbeit geleistet und zuletzt sogar als Vize den Vorstand mitgeführt.

Der Verein vertritt eine seit Jahren wachsende Gruppe an Kolleginnen und Kollegen: Während laut Abda die Zahl der Approbierten in öffentlichen Apotheken seit 2005 um 15 Prozent auf zuletzt knapp 53.200 gewachsen ist, kam es im selben Zeitraum bei den Apothekerinnen und Apothekern in Wissenschaft, Industrie und Verwaltung zu mehr als einer Verdopplung. Rund 13.600 Kolleginnen und Kollegen sind bei Herstellern (8200), an Universitäten (1700), in Behörden und Körperschaften (1100), Lehranstalten und Berufsschulen (600) oder in der Bundeswehr (300) tätig.