Arzneimittelkriminalität

Profiler für Pillenfälscher

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Berlin -

Gefälschte Tabletten und illegale Versandapotheken sind ein Problem für Verbraucher und Industrie. Bei einer weltweiten Aktion sind im Juni innerhalb nur einer Woche knapp 21 Millionen Packungen illegaler Arzneimittel beschlagnahmt worden. Mit einem großangelegten Forschungsprojekt sucht das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) nach Wegen, gezielt gegen Kriminelle vorzugehen. Eingespannt sind die Universität Osnabrück, die ABDA, der Bundesverband Deutscher Versandapotheken (BVDVA) sowie Hersteller.

Untersucht werden die Auswirkungen der Liberalisierung des Internethandels in Europa auf den Phänomenbereich der Arzneimittelkriminialität (ALPhA). Erstmals wird in einem Forschungsprojekt der Fokus auf die rechtliche Situation in allen 28 EU-Mitgliedsstaaten gelegt. Initiator ist Professor Dr. Arndt Sinn von der Universität Osnabrück. In einer Datenbank hat er die relevanten Passagen aus dem Strafrecht aller Länder zusammengetragen. „Der Rechtsraum ist völlig unharmonisiert und macht eine Strafverfolgung nahezu unmöglich“, sagt er.

Das Projekt ALPhA startete im Mai vergangenen Jahres. Im kommenden Juni sollen in Osnabrück effektive Instrumente zur Bekämpfung von internetgestützter Arzneimittelkriminalität vorgestellt werden. Das BMBF unterstützt das Vorhaben mit 1,7 Millionen Euro. Wissenschaftler und Kriminologen arbeiten in verschiedenen Modulen. Derzeit werden die Ergebnisse ausgewertet.

Erstellt wird etwa eine Datenbasis von bereits aufgedeckten Verstößen und Täterstrukturen. Ein Kriminologe befragt außerdem Apotheker, Ärzte und Verbraucher über persönliche Erlebnisse und Erfahrungen. Bei den Interviews wurden auch illegale Angebote, die über Internetportale wie ebay veröffentlicht werden, genannt. „Diese Fälle fallen auf, unser Fokus liegt aber im Bereich organisierte Kriminalität“, sagt Sinn. Die Anbieter verkauften die Medikamente eher fahrlässig.

Das Problem liegt laut Sinn im Bereich Wirtschaftskriminalität. Dem Experten für Europäisches und Internationales Strafrecht zufolge sind die illegalen Anbieter im Internet sehr schlecht zu erkennen. Außerdem seien Verbraucher nicht ausreichend aufgeklärt. „Keiner darf mit gefälschten Arzneimitteln über's Ohr gehauen werden“, sagt Sinn. Auch der Pharmabranche werde dadurch erheblich geschädigt. „Heute kann mit gefälschten Potenzmitteln mehr Geld verdient werden als mit Kokain.“

Sowohl bei der Bevölkerung als auch bei der Politik müsse mehr Empfindsamkeit für illegale Versender und Fälschungen geschaffen werden, fordert Sinn. Zusätzlich zur einheitlichen Datenbank wird außerdem nach technischen Lösungen gesucht, um illegale Versender aufzustöbern. „Es gibt Ergebnisse“, sagt Sinn. Mehr verrät er nicht. Das Tool wird vom Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie (SIT) entwickelt und ebenfalls in einem Jahr vorgestellt.

Verbände und Hersteller wie Lilly, Bayer, Novartis oder Mitarbeiter des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) dienen Sinn und seinen Kollegen als Berater. „Sie werden für eine Einordnung einbezogen oder liefern uns Statistiken“, sagt er. Die ABDA wird von Jurist Arndt Preuschhof, der BVDVA von Sanicare-Chefapotheker Heinrich Meyer vertreten. „Lobbyarbeit findet nicht statt“, betont Sinn.

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