Ein Arzneimittel darf bei Ärzten nicht den Eindruck erwecken, stets wirtschaftlich zu sein. Diese Behauptung ist nach einem Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg (OLG) wettbewerbsrechtlich relevant: AstraZeneca wurde untersagt, das Antidiabetikum Forxiga (Dapagliflozin) als „bei indikationsgerechter Verschreibung wirtschaftlich“ zu bezeichnen. Das sei irreführend, entschieden die Richter.
Im konkreten Fall sprach der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) dem Antidiabetikum Forxiga den Zusatznutzen ab. Daraufhin konnte sich AstraZeneca mit dem GKV-Spitzenverband zunächst nicht auf einen Erstattungspreis einigen. Der Hersteller drohte, das Arzneimittel zum 15. Dezember 2013 vom deutschen Markt zu nehmen. Schließlich einigten sich die Kassen mit dem Unternehmen im Februar 2014 auf einen Preis. Forxiga blieb.
Zu dem Anlass versendete der AstraZeneca am 26. Februar 2014 eine Pressemitteilung. Darin wurde darauf hingewiesen, dass das Medikament „auch zukünftig voll verordnungs- und erstattungsfähig“ bleibe. Daran schloss sich der Satz an: „Durch die Vereinbarung eines Erstattungsbetrags ist Forxiga bei indikationsgerechter Verschreibung wirtschaftlich.“
Ein Konkurrent ging gegen diese Aussage rechtlich vor. Aus Sicht des Klägers ist der Satz irreführend, da er Ärzten suggeriere, dass das Medikament schon wirtschaftlich sei, wenn es indikationsgerecht verschrieben werde – und dass ein Regress ausgeschlossen sei. Es gebe zahlreiche andere Präparate, die deutlich preiswerter seien. Die erste Instanz, das Landgericht Hamburg (LG), schloss sich mit seinem Urteil vom 6. Oktober 2015 der Sichtweise des Mitbewerbers an und untersagte AstraZeneca die Werbung mit dem umstrittenen Satz.
Der Konzern legte gegen die einstweilige Verfügung vor dem OLG Widerspruch ein: Der Satz sei nicht irreführend, meinte AstraZeneca. Zum einen habe sich die Presseaussendung nicht an Ärzte gerichtet. Zum anderen beziehe sich die Aussage ausschließlich auf die abstrakt generelle Wirtschaftlichkeit von Forxiga. Es könne angenommen werden, dass Ärzte mit der Wirtschaftlichkeitsprüfung von Medikamenten ausreichend vertraut seien. Daher sollte den Ärzten klar sein, dass die Wirtschaftlichkeit eines Arzneimittels vom konkreten Einzelfall abhänge und allgemeine Wirtschaftlichkeit einen Regress wegen Überschreitung der Richtgrößen nicht ausschließe.
Das OLG urteilte am 23. Juni, dass die Berufung des Herstellers nicht begründet sei. Eine Pressemitteilung werde regelmäßig auch von Ärzten gelesen. Der bemängelte Satz erwecke bei Ärzten den Eindruck, beim Verordnen des Medikaments vor einer Strafzahlung sicher zu sein, so die Richter.
Bei der Wirtschaftlichkeit eines Medikaments sei nicht nur der Preis entscheidend, sondern auch, dass damit eine „ausreichende und zweckmäßige Therapie“ erreicht werde. Da der Erstattungspreis für Forxiga auf einer Mischkalkulation beruhe, sei das Mittel im Einzelfall nicht das günstigste, befanden die Richter. Daher sei der Satz der Pressemitteilung irreführend und dürfe nicht verwendet werden. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
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