Die KKH hat sich in den vergangenen Tagen mit einem Schreiben bei zahlreichen Apothekern unbeliebt gemacht. Mit einer „Vorabinformation“ zum Thema „angemessene Verwendung von Sonderkennzeichen“ will die Kasse Ärzte und Apotheker zu wirtschaftlichem Verordnen beziehungsweise Beliefern der Rezepte anhalten. Als sie die Mischung aus Drohung und Denunziation gelesen hat, ist Inhaberin Daniela Hänel der Kragen geplatzt: Sie hat sich hingesetzt und einen Brief an Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) geschrieben. Darin findet sie deutliche Worte für das Verhalten der Kasse und sendet Spahn auch eine politische Forderung.
„Ich betrachte dieses Vorgehen als Frechheit gegenüber meinem Berufsstand“, teilt Hänel dem Gesundheitsminister in ihrem Beschwerdebrief mit. Zuvor hatte die KKH ihr mitgeteilt, dass sie mit dem Verordnungsverhalten einiger Ärzte in ihrem Einzugsgebiet nicht einverstanden ist, weil diese zu oft den Austausch des verordneten Arzneimittels gegen das jeweilige Rabattarzneimittel mittels Aut-idem-Kreuz untersagt hätten – aus Sicht der Kasse ist das schließlich nicht wirtschaftlich genug. Die Vergabe der Sonder-PZN im vergangenen Jahr zu überprüfen, kündigte die Kasse damit zwar nicht explizit an – ließ der Fantasie der Apotheker aber bewusst freien Lauf.
Für die Zwickauer Apothekerin ist das Schreiben ein Affront. „Abgesehen davon, dass dieses Vorgehen einen Eingriff in die Verordnungshoheit der Ärzte darstellt, wird mir indirekt gedroht, pharmazeutische Bedenken bei Verordnungen für KKH-Versicherte anzumelden, die ebenfalls zur Nichtabgabe besagter Rabattarzneimittel führen würden“, schreibt sie. „Ich habe nicht umsonst ein Hochschulstudium abgeschlossen und über viele Jahre Berufserfahrung gesammelt, um mir dann von einer Krankenkasse die Kompetenz absprechen zu lassen, meiner professionellen Einschätzung nach im Bedarfsfall pharmazeutische Bedenken anzumelden, wenn damit zum Beispiel Fehleinnahmen von Arzneimitteln verhindert werden können.“
„Dieses Instrument wurde nicht umsonst eingeführt“, so die Inhaberin der Linda-Apotheke in der Nordvorstadt. Es diene dem Schutz der Patienten. Und das Verständnis von Pharmazie, die aus dem KKH-Brief hervorgeht, findet Hänels Unverständnis: „Apotheker sind keine Personen, die stumpfsinnig Arzneimittel über den Tisch schieben.“
Doch Hänels Frust gilt nicht nur der Kasse, sondern auch der Politik. Würde die Arbeit der Apotheker mehr geachtet und anerkannt, „könnten viele Krankenhausaufenthalte und unerwünschte Wechselwirkungen vermieden werden“. Stattdessen würde der Berufsstand seit Jahren mit immer mehr Bürokratie in seiner Arbeit eingeschränkt und die Kompetenzen der Apotheker mit Verordnungen ad absurdum geführt. „Wir werden zu Handlangern der Krankenkassen degradiert“, so Hänel.
Zu allem Überfluss fühlt sie sich dann noch unfair behandelt: Es bleibe nämlich die Frage, „ob auch Versandapotheken solche Schreiben von der KKH erhalten haben. Sicher nicht!“ Rabattverträge und ähnliches würden bei denen nämlich keine Rolle spielen – „wenn es schwierig wird, bekommt der Patient sein Rezept einfach zurückgeschickt“. Und dann sind wieder die Apotheker dran und müssen dabei alle Gesetze, Bestimmungen und Verordnungen einhalten. „So funktioniert aber flächendeckende und wohnortnahe Arzneimittelversorgung nicht!“
Deshalb hat Hänel eine eindeutige Botschaft an Spahn: „Sorgen Sie endlich dafür, dass Chancengleichheit zwischen deutschen Vor-Ort-Apotheken und ausländischen Versandapotheken hergestellt wird und dass unsere Arbeit die Anerkennung findet, die sie verdient“, schreibt sie in ihrem persönlich an den Minister adressierten Brief. „Die tägliche Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln steht auf dem Spiel!“
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