Bei der Bundestagswahl 2017 hat die Mehrheit der Apotheker:innen der Union ihre Stimme gegeben. Doch nach vier Jahren mit einem Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) haben sich viele Pharmazeut:innen abgewandt. CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak erklärt im Exklusiv-Interview mit APOTHEKE ADHOC, wie er die Apotheken für die Union zurückgewinnen will.
ADHOC: Warum sollten Apotheker:innen die Union wählen?
ZIEMIAK: Die Union ist die Partei für ein leistungsfähiges Gesundheitssystem. Die Corona-Pandemie hat uns die hohe Bedeutung der Apotheken vor Ort für die Gesundheitsversorgung in ganz Deutschland, und besonders im ländlichen Raum, vor Augen geführt.
CDU und CSU wollen die flächendeckende Arzneimittelversorgung in Deutschland erhalten und stärken. Mit unserem Regierungsprogramm zeigen wir, dass wir allen Selbstständigen eine stärkere Konzentration auf ihr Kerngeschäft ermöglichen werden. Wir werden ein umfangreiches Entfesselungspaket auf den Weg bringen, das Unternehmen und Selbstständige von Steuern und Bürokratie entlastet – davon profitieren gerade auch Apothekerinnen und Apotheker.
Mit dem „Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken“ hat die Union in dieser Legislaturperiode bereits die Grundlagen für einen fairen Wettbewerb gelegt. Wir werden uns in der Zukunft auf europäischer Ebene dafür einsetzen, dass gesundheitspolitische Entscheidungen auch weiter auf nationaler Ebene zu treffen sind.
ADHOC: Die Union hat in der Apothekerschaft zuletzt stark an Zustimmung verloren. Wie wollen Sie die Apotheken wieder für sich gewinnen?
ZIEMIAK: Wir müssen den Apothekern mehr Wertschätzung entgegenbringen und verdeutlichen, wie wichtig uns das Angebot der Apotheke vor Ort ist. Wir müssen als Politik stets verlässlicher Partner sein. Mit der besseren Vergütung von Nacht-, Not- und Botendiensten haben wir in dieser Legislaturperiode ein Zeichen in diese Richtung gesetzt. Während der Pandemie haben die Apotheken vor Ort mit der Versorgung der Bevölkerung mit Masken, Schnelltests oder bei der Ausstellung des digitalen Impfnachweises einen sehr wichtigen Beitrag in der wohnortnahen Versorgung geleistet. Für diesen Einsatz möchte ich meine Anerkennung und meinen Dank aussprechen.
ADHOC: Wo sehen Sie innerhalb des Apothekenmarktes Defizite oder Verbesserungsbedarf und was sollte konkret reformiert werden?
ZIEMIAK: Mit Blick auf den ländlichen Raum sehe ich Herausforderungen für den Apothekenmarkt auf uns zukommen. Wir müssen sicherstellen, dass Apotheken auch außerhalb der Ballungsräume existieren können. Dafür müssen wir Strukturen schaffen, die einen Ausgleich zwischen Stadt und Land zulassen. Wir müssen uns auch um den Nachwuchs kommen und die Arbeit in der Apotheke für Jungapprobierte, gerade im ländlichen Raum, attraktiver machen.
ADHOC: Welche zusätzlichen Aufgaben können Apotheken übernehmen?
ZIEMIAK: Mit dem Masernschutzgesetz haben wir geregelt, dass Apothekerinnen und Apotheker im Rahmen von Modellvorhaben gesetzlich Krankenversicherte gegen Grippe impfen dürfen. Ich bin auf die Auswertung dieser Modellprojekte gespannt und hoffe, dass wir das Impfen in Apotheken zukünftig fest verankern können.
ADHOC: Welche Ideen haben Sie, um die Apotheke vor Ort zu stärken?
ZIEMIAK: Mit dem „Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken“ hat die Union gute Grundlagen für einen zukünftig fairen Wettbewerb zwischen Apotheken vor Ort und dem Versandhandel gelegt. Es gelten gleiche Preise für verschreibungspflichtige Arzneimittel. Auch die Rabatte von Versandapotheken auf rezeptpflichtige Arzneimittel an gesetzlich Versicherte verzerren den Wettbewerb nicht mehr. Ich schätze zudem die persönliche Beratung vor Ort – sie wird ein Standortvorteil bleiben und durch das Gesetz verbessert. Apotheken sollen zukünftig chronisch Schwerkranke durch eine spezialisierte Beratung intensiver betreuen und beraten können. Auch die bessere Vergütung von Botendiensten wird die Apotheken in ihrem regionalen Umfeld stärken und insbesondere die Versorgung von älteren Patientinnen und Patienten in Gebieten mit wenigen Apotheken verbessern.
ADHOC: Was spricht aus Ihrer Sicht dagegen, Apothekenketten zuzulassen?
ZIEMIAK: Ein wesentlicher Grund für die Beschränkung der Kettenbildung im Apothekenmarkt ist der Verbraucherschutz. Eine qualitativ hochwertige, sichere und wohnortnahe Arzneimittelversorgung erfordert aus meiner Sicht freiberuflich tätige Apothekerinnen und Apotheker in inhabergeführten Apotheken. Eine Monopolisierung des Marktes kann darüber hinaus auch zu schlechteren Arbeitsbedingungen der Angestellten führen. Deshalb wollen CDU und CSU an der jetzigen Rechtslage festhalten. An dem bestehenden Mehr- und Fremdbesitzverbot planen wir keine Änderungen.
ADHOC: Welchen Beitrag müssen die Apotheken zum steigenden Finanzierungsbedarf der GKV leisten?
ZIEMIAK: Wir müssen die Chancen von innovativen Ansätzen in der Versorgung stärker in den Blick nehmen und vorhandene Effizienzreserven im System nutzen. Für mich ist aber ein Punkt von zentraler Bedeutung: Wir brauchen für Apothekerinnen und Apotheker einen klaren Kompass und gute finanzielle Rahmenbedingungen, damit sie auch in Zukunft die Menschen vor Ort versorgen und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bezahlen können.
ADHOC: In welche Richtung wollen Sie den Apothekenmarkt führen? Was wird Ende der nächsten Legislaturperiode anders sein als heute?
ZIEMIAK: Am Ende der nächsten Legislaturperiode wird unser Gesundheitssystem hoffentlich nicht mehr unter dem starken Eindruck der Pandemie stehen. Dank der Apotheken vor Ort wird die Arzneimittelversorgung der Versicherten weiterhin gesichert sein. Gemeinsam mit den Fachverbänden und relevanten Akteuren werden wir die Voraussetzungen für eine leistungsgerechte Vergütung und eine innovative Versorgungstruktur geschaffen haben.
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