Folgen der Reform

„Wir können Sterbende nicht versorgen“ Sandra Piontek, 04.07.2024 10:39 Uhr

In der palliativmedizinischen Behandlung kommt häufig Morphin zum Einsatz. Foto: Adobestock/ Sherry Young
Berlin - 

Aufgrund der Lieferengpässe wird die Versorgung von Palliativpatient:innen ohnehin erschwert. Das geplante Apotheken-Reformgesetz (ApoRG) könnte für zusätzliche Hindernisse sorgen: Häufig melden sich Pflege- oder Altenheime kurzfristig mit dringenden Verordnungen über Opiate, um Sterbenden den letzten Weg zu erleichtern. Im Hinblick auf die Aufsichtspflicht müsste eine PTA ohne anwesende Apotheker:innen die dringende Abgabe verweigern.

Auch im Hinblick auf die Palliativversorgung ist das ApoRG eine Katastrophe: Apotheken bekommen häufiger am Freitagnachmittag oder an Wochenenden einen Anruf mit der Bitte um Morphinpräparate für sterbende Patienten. Vor allem bei Heimversorgenden Apotheken ist das nichts Ungewöhnliches. Das Problem: Da die Aufsichtspflicht für die Abgabe von Betäubungsmitteln sowie der Wirkstoffe Lenalidomid, Pomalidomid oder Thalidomid für PTA nicht entfällt, muss ein/ e Apotheker/ in bei der Abgabe anwesend sein.

Will heißen: Schlimmstenfalls können Sterbende nicht versorgt werden. Selbst wenn die Hauptapotheke „einspringen“ könnte, muss diese nicht in unmittelbarer Nähe sein. Der Weg zum nächsten Betrieb wird laut Gesetzentwurf liberalisiert und kann bis zu drei Fahrtstunden von der Hauptapotheke entfernt liegen. Haben Inhaber:innen ihre Anwesenheitspflicht von acht Stunden geleistet, können demnach BtM wie Opiate nicht mehr beliefert werden.

Was die Reform im Hinblick auf Palliativpatienten für die Apotheken vor Ort bedeutet: Der Umgang mit Angehörigen ist ohnehin schwierig und erfordert Feingefühl. Heime oder Pflegedienste sind auf schnelle Belieferung angewiesen, um Patient:innen unnötiges Leid zu ersparen. Der Aufklärungsbedarf im Umfeld wird steigen und voraussichtlich an den Apotheken hängenbleiben.