„Arznei-Alarm“, lautet die aktuelle Titelstory des „Focus“, die Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) wohl gar nicht gefallen dürfte. „Husten, Krebs, Depression: Deutschlands Apotheken gehen Hunderte Medikamente aus, die Politik versagt – was Patienten jetzt tun können.“ Zu Wort kommt auch Noweda-Chef Dr. Michael P. Kuck, der hart mit Lauterbach ins Gericht geht.
„Diagnose ‚Nicht lieferbar‘“, so der Titel des Beitrags, in dem eine Mutter, zwei Ärzte und Klinikapotheker Torsten Hoppe Tichy zu Wort kommen. Zusätzlich gibt es ein mehrseitiges Interview, in dem Kuck zur Liefersituation im Großhandel befragt wird. „Ein bisschen was kommt rein, aber das verdampft dann sofort, wie wir sagen: Wir haben von vielen Arzneimitteln schlicht viel zu
wenig, auch bei Blutdrucksenkern, Psychopharmaka oder Augenarzneimitteln. Eine ganz schwierige Situation.“
Laut Kuck kommt die Entwicklung nicht überraschend, Lauterbach habe sie auch tatsächlich von seinen Vorgängern geerbt. Aber dass er keine Strategie habe, sondern das Problem negiere, kreidet Kuck ihm an: „Der Minister verkennt die Situation komplett. Die Lage ist jetzt schon schlimm, und es kann noch schlimmer werden, je nach Infektionsgeschehen im Winter.“ Der Großhandel setze seit Monaten alles daran, jede Packung, die es irgendwo gibt, zu kaufen. „Wenn Herr Lauterbach meint, man müsste sich nur bei der Beschaffung anstrengen und für den Winter Vorräte anlegen, unterstellt er erstens, wir würden unseren Job nicht gut machen, und zweitens ist das eine vollkommen absurde, geradezu groteske Vorstellung!“
Im Normalfall, erklärt Kuck weiter, kaufe der Großhandel bei etwa 1500 Herstellern, nur im Einzelfall besorge man Arzneimittel auch im Ausland, „dafür gibt es allerdings einige Hürden, angefangen mit einem Wust an Bürokratie bis zu rechtlichen Fragen“. Importe könnten daher keine Lösung sein – schon aufgrund von ehtischen Bedenken: „Was ist das auch für eine Einstellung? Wir selbst kriegen in Deutschland die Produktion von Arzneimitteln nicht auf die Reihe, weil die Branche hierzulande vertrieben oder zu Tode gespart wurde, und jetzt, wo das Kind im Brunnen liegt, kaufen wir anderen Ländern die Arzneimittel weg.“
Dazu komme der ökonomische Aspekt: „Knappe Ware im Ausland zu beschaffen, ist unglaublich teuer. Und wenn sich der Markt dann wieder entspannt, bleiben wir darauf sitzen. Wir bräuchten daher nicht nur eine Haftungsübernahme, sondern auch eine staatliche Abnahmegarantie.“ Denn das Risiko sei angesichts der geringen Margen für den Pharmagroßhandel nicht zu stemmen. „Deshalb haben wir in dieser Notlage den Gesundheitsminister aufgefordert, hier Abhilfe zu schaffen, indem der Staat pauschal die Haftung übernimmt, wenn der Großhandel Medikamente importiert. Da ist bis heute nichts passiert. Wir fühlen uns vom Gesundheitsminister alleingelassen.“
Kucks Fazit: „Das Ausland kann und wird uns jedenfalls nicht retten, Importe können die Not allenfalls lindern. Wir müssen mit den Engpässen klarkommen.“ Und das bedeutet: „Die Menschen horten jetzt schon, wie wir täglich an den Bestellungen der Apotheken ablesen können, bei so simplen Dingen wie Nasensprays zum Beispiel schießen die Verkäufe durch die Decke, aus der Furcht, dass die Vorräte zur Neige gehen.“
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