Die Apothekerkammer Hamburg hat bei ihrer gestrigen Kammerversammlung ebenfalls eine Resolution zum Erhalt der Gleichpreisigkeit verabschiedet. Kammerpräsident Kai-Peter Siemsen kritisierte das Gesetzesvorhaben von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), aber auch die ABDA-Spitze. Aus den Reihen der Delegierten wurde konkret gefragt, wie man den Präsidenten der Bundesapothekerkammer, Dr. Andreas Kiefer, abwählen könne. Auch zu weiteren Themen wurde gestern heiß diskutiert, Teilnehmer berichten von „nahezu eklatartigen Zuständen“ bei der Kammerversammlung.
Siemsen kritisierte das Apothekenstärkungsgesetz, das Spahn ins Kabinett einbringen will. Es müsse jetzt jegliche Gelegenheit genutzt werden, dieses Gesetz abzuwehren. Dass von Seiten der ABDA-Spitze in der Vergangenheit immer wieder Zustimmung zu einzelnen Aspekten aus dem Entwurf signalisiert worden war, kritisierte der Kammerpräsident.
Ebenso unglücklich findet er in der aktuellen Phase die geplante Erhöhung der Bezüge der Mitglieder des Geschäftsführenden ABDA-Vorstandes. Der Haushaltsausschuss war in den von der ABDA-Spitze verschickten zweiten Haushaltsentwurf nicht eingeweiht. Diskutiert wurde auch in Hamburg über die Abwahl der ABDA-Spitze. Ein Delegierter fragte nach allgemeinen Ausführungen zur Satzung nach der Möglichkeit zur Abwahl von BAK-Präsident Dr. Andreas Kiefer.
Zur Revolte kam es freilich nicht. Die Kammerversammlung verabschiedete aber immerhin eine Resolution. Die Bundesregierung wird darin aufgefordert, „sich für den sicheren Erhalt des festen Arzneimittelpreises bei verschreibungspflichtigen Medikamenten einzusetzen“. Spahns Entwurf führe aber genau zum Gegenteil. Der Bundesgerichtshofes (BGH) habe die Bundesregierung ausdrücklich aufgefordert, den Sachverhalt des EuGH-Urteils zu Rx-Boni durch Wiedervorlage in Luxemburg korrigieren zu lassen.
Und am Ende steht die Extremforderung: „Zur Sicherung des festen Arzneimittelpreises ist in letzter Konsequenz das europarechtskonforme Versandhandelsverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel umzusetzen“, so die Resolution. Jede weitere „Ökonomisierung und Industrialisierung innerhalb der Arzneimittelversorgung“ stehe dem Solidargedanken im Gesundheitswesen diametral entgegen.
Zuletzt hatte schon die Kammerversammlung Nordrhein in einer Resolution die Politik zur Rückkehr zum Rx-Versandhandelsverbot gefordert. Auch die Mitgliederversammlung der Bundesapothekerkammer hatte Stellung gegen das von Spahn vorgelegte Apothekenstärkungsgesetz bezogen. Ob die Ministerriege tatsächlich noch vor der politischen Sommerpause darüber beraten wird, steht allerdings in den Sternen. Das Bundesjustizministerium – demnächst unter neuer Führung – hat noch Bedenken. Und angesichts der nicht abreißenden Kritik aus dem Apothekenlager fragt man sich in den Reihen der Union überdies frustriert, ob eine Verabschiedung überhaupt noch sinnvoll ist.
Zurück nach Hamburg: Neben Kritik an Spahn und der ABDA-Spitze musste auch der Kammervorstand aus den Reihen der Mitglieder Kritik einstecken. Als es um zwei DAT-Anträge des Kammervorstands zum Thema weniger Zucker in Lebensmitteln ging, wurde es Apothekerin Doris Lüdke zu bunt: Die Inhaberin der Oberdörffers Apotheke meldete sich zu Wort mit der Frage, ob man denn in Hamburg keine anderen Probleme habe. Sie selbst habe die Option auf Verlängerung des Mietvertrags ihrer Apotheke nicht gezogen, da sich nicht wisse, ob sie den Standort noch sechs Jahre lang halten könne. Alle Kollegen hätten aktuell mit Lieferengpässen und dem auch in der Hansestadt gravierenden Personalmangel zu kämpfen, berichtet Lüdke.
Da sie selbst für die CDU für die Hamburger Bürgerschaft kandidiert, hat sie sich noch über einen anderen Vorfall geärgert: Der CDU-Bundestagsabgeordnete Dr. Christoph Ploß war in seinem Hamburger Wahlkreis unterwegs, um sich für jeweils eine Stunde verschiedene Betriebe und Einrichtungen anzusehen, darunter die Polizei, eine Bücherstube und einen Foto-Express-Dienst.
Lüdke hatte vorgeschlagen, dass der stellvertretende Vorsitzende der CDU Hamburg sich auch eine Apotheke ansieht, wollte aufgrund der Parteifreundschaft aber einem Kollegen den Vortritt lassen, um keinen falschen Eindruck zu erwecken. Doch das sei bei drei angefragten Apotheken aus unterschiedlichen Gründen nicht zustande gekommen. Natürlich könne das jeder selbst entscheiden, betont Lüdke. Aus ihrer Sicht ist es aber immer besser, mit der Politik im Dialog zu bleiben.
Länger diskutiert wurde zudem über den Einsatz von Stationsapothekern nach niedersächsischem Vorbild. Bei der Debatte ging es vor allem um die Anerkennung beziehungsweise Regeln zur Weiterbildung.
Die Kammerversammlung hat zudem die Abschaffung der Spätdienste beschlossen. Dabei handelt es sich um eine Besonderheit in der Hansestadt mit geregelten Öffnungszeiten bis 22 Uhr. Diese Dienste werden allerdings in keiner Weise aus dem Nacht- und Notdienstfonds vergütet. Zudem gibt es in Hamburg drei Apotheken, die bis 24 Uhr geöffnet haben.
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