AMG-Novelle

Wie geheim darf Pharma sein? APOTHEKE ADHOC, 11.06.2012 17:18 Uhr

Berlin - 

Im Gesundheitsausschuss des Bundestags liefern sich Vertreter der Branche zur Stunde einen Schlagabtausch zur AMG-Novelle. Auch die Arzneimittelpreise beschäftigen Lobbyisten und Politiker: Wie vertraulich dürfen die zwischen Hersteller und GKV-Spitzenverband ausgehandelten Preise sein? Wer muss wissen, wie teuer die Packung jenseits der Eintragung in der Lauertaxe wirklich ist?

 

Für die Hersteller geht es um viel, denn die deutschen Preise gelten vielerorts als Referenz. Laut Verband forschender Arzneimittelhersteller (VfA) bilden 60 Länder den Preis auf Basis des Wertes in Deutschland plus/minus X. Wenn die ausgehandelten Preise öffentlich würde, gebe es eine Abwärtsspirale, so der VfA.

Die Kassen profitierten von einer gewissen Geheimhaltung – wobei die Hersteller lieber das Wort Vertraulichkeit benutzen: Denn wenn im Ausland niemand die Preise kennt, kann der Rabatt komplett an deutsche Zahler gehen und muss nicht auf alle Märkte verteilt werden.

Dem Vorsitzenden des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), Dr. Rainer Hess, ist es eigentlich egal: „Wir müssen mit dem Erstattungsbetrag arbeiten können, was in der Lauertaxe steht, ist mir nicht wichtig.“ Genau hier sehen die Reimporteure ein Problem: Ärzte und Apotheker müssten die Preise kennen, um die Wirtschaftlichkeit nach Importregel einhalten zu können. Im Übrigen sei Transparenz die Grundlage für Wettbewerb: Umgekehrt würde man bei Impfstoffpreisen auch nicht wollen, dass es im Ausland fiktive Preise gäbe.

 

 

Die Kassen wiederum sind ebenfalls dagegen und wollen mindestens genaue Kriterien. GKV-Verbandsvize Johann-Magnus von Stackelberg fragt sich und auch die Politik, ob vertrauliche Arzneimittelpreise nicht auch schon eine Form der Ausländerdiskriminierung seien: „Alle sollen die Preise kennen, nur die Ausländer nicht?“

Auch die private Krankenversicherung ist gegen allzu viel Vertraulichkeit, schon wegen der Selbstzahler. Jenseits von organisatorischen Problemen drohten nämlich Selbstbehalttarife zu leiden, weil die Grenzen bei höheren Listenpreisen schneller erreicht würden. Und dann der Aufwand: Müssten wie bei den Rabattverträgen Abschläge im Nachhinein zurückgezahlt werden, gäbe es viel Arbeit für die Zentralestelle Zesar, die schon heute nicht so richtig funktioniere.

Professor Dr. Jürgen Wasem als unabhängiger Einzelsachverständiger würde den Ausgleich trotzdem handhaben wollen wie bei den Rabattverträgen: Listenpreis bleibt, Rabatt wird getrennt abgewickelt.

Die Gesundheitsexpertin der Grünen, Birgitt Bender, hat bereits ihre Meinung: Geheime Preise hieße Rumpelstilzchen-Prinzip: „Ach wie gut, dass niemand weiß, wie hoch in Deutschland ist der Preis“.