Die Krankenkassen sollen sich nach dem Willen des Gesetzgebers künftig gegenseitig kontrollieren. Die Wettbewerbszentrale hat reichlich Erfahrung damit, Krankenkassen wegen unlauteren Verhaltens auf die Finger zu klopfen. In Bad Homburg begrüßt man daher, dass das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb auch zwischen Kassen zum Mindeststandard wird und die Kassen sich gegenseitig abmahnen können. Aber die Wettbewerbszentrale hat noch ein paar Verbesserungsvorschläge zum Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU).
Im Gesetz für eine faire Kassenwahl in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-FKG) geht es vor allem um die bundesweite Öffnung regional tätiger Kassen – maßgeblich die AOKen – sowie eine Überarbeitung des Risikostrukturausgleichs. Spahn wurde für seine Pläne bereits von verschiedenen Seiten attackiert, der GKV-Spitzenverband nannte das Gesetz falsch und gefährlich. Der AOK-Bundesverband warnt vor einem reinen Preiswettbewerb.
Die Wettbewerbszentrale befasst sich mit dem für sie entscheidenden Punkt, dass das Handeln der Krankenkassen zukünftig den Regeln des Wettbewerbsrechts unterliegen soll. Dafür habe man sich seit Langem eingesetzt. Denn die Zivilgerichte verfügten über einen reichen Erfahrungsschatz im Bereich des UWG. Die Anpassung im Sozialgesetzbuch (SGB V) werde zu einem Gleichlauf der Rechtsprechung, mehr Rechtssicherheit und Stärkung eines fairen Wettbewerbs sorgen.
Die Wettbewerbszentrale hat nach eigenen Angaben in den vergangenen beiden Jahren je rund 50 Beschwerden und Anfragen zum Krankenkassenbereich erhalten. Während sie in zahlreichen wettbewerbsrechtlich Grundsatzfragen klärt, mussten die Krankenkassen bei Wettbewerbsstreitigkeiten untereinander den Sozialrechtsweg beschreiten.
Die Wettbewerbszentrale hat eine Nachfrage zum geplanten Verbot von Maßnahmen, die eine Risikoselektion von Versicherten unmittelbar oder mittelbar fördern: Sollen dazu auch Werbemaßnahmen zählen? „Dann wäre zukünftig jegliche Werbung untersagt, die sich an ‚gesunde‘ Verbrauchergruppen wie Berufsanfänger wendet. Zahlreiche Kassen wie etwa die DAK oder die Barmer wendeten sich mit zielgruppengerechter Werbung aber bewusst an Auszubildende oder Studenten wenden. Wäre ein Plakat an der Bushaltestelle vor der Berufsschule schon unzulässige Risikoselektion, fragt sich die Wettbewerbszentrale, nach Auffassung das Sozialgesetzbuch (SGB V) unzulässige Anreize ausreichend unterbinde.
Anders als der Gesetzgeber hat die Wettbewerbszentrale kein allzu großes Vertrauen in die Kassen. Den Passus im UWG zur Gesetzestreue bei den Kassen ausdrücklich auszuklammern, weil diese als Körperschaften des öffentlichen Rechts ohnehin an Gesetz und Recht gebunden seien, hält man in Bad Homburg für eine schlechte Idee. Nach den Erfahrungen der Wettbewerbszentrale missachten Kassen nämlich durchaus gesetzliche Verpflichtungen. Das zeigten zum Beispiel die immer wieder aufkommenden Beschwerden zu verspäteten Kündigungsbestätigungen.
Nicht nachvollziehbar findet die Wettbewerbszentrale auch, dass reine Marken- oder Imagewerbung verboten sein soll. „Warum sollte eine Krankenkasse nicht eine lautere, nicht irreführende Imagewerbung betreiben?“ Eine Abgrenzung zwischen Imagewerbung und zulässiger „sachbezogener“ Werbung dürfte im Einzelfall schwierig sein, erwartet man in Bad Homburg. Auswüchse könnten mit Hilfe der Vorschriften des UWG unterbunden werden.
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