Wettbewerbsrecht

Die Drücker-Tricks der Kassen

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Berlin -

Die Krankenkassen kämpfen im Wettbewerb um neue Versicherte mit harten Bandagen: Bei der Wettbewerbszentrale sind allein in diesem Jahr 37 Beschwerden eingegangen. Bei einigen offensichtlichen Verstößen wundert sich die dort zuständige Rechtsanwältin Christiane Köber, dass es die Kassen überhaupt auf einen Prozess ankommen lassen.

In einem aktuellen Streit geht es um die Mitgliederwerbung der energie-BKK. Die Kasse hatte laut Wettbewerbszentrale zunächst bei potenziellen Neukunden angerufen. Den Vertragsabschluss samt Kündigung bei der alten Kasse sollte dann offenbar der Briefträger erledigen: Die BKK hatte das Verfahren „Postident Spezial“ genutzt, bei dem die Post die Unterschrift beim Kunden einholt.

Mehrere Verbraucher, die sich auf diese Weise von der Kasse überrumpelt fühlten, beschwerten sich bei der Wettbewerbszentrale. Aus deren Sicht waren schon die Anrufe unzulässig, der nicht beauftragte Kassenwechsel „zwischen Tür und Angel“ ohnehin. Die Klage werde derzeit vorbereitet, so Köber.

In vielen anderen Verfahren der Wettbewerbszentrale gegen Kassen ging es um unzulässige Werbung mit Testergebnissen. Oft fehle die Angabe einer Fundstelle oder die Kassen übertrieben bei ihrem Abschneiden, so Köber.

So hatte die BKK Gesundheit damit geworben, in einem Test als eine der „Top 10“ Kassen abgeschnitten habe. Der zugrunde liegende Test einer Unternehmensberatung konnte in der Vollversion allerdings nur für 900 Euro bezogen werden. Aus Sicht des Landgerichts Frankfurt fiel dies nicht mehr unter die gesetzliche Vorgabe „leicht zugänglich“ für die Verbraucher.

Eine andere Kasse hatte mit dem Prädikat „Beste Leistung“ geworben, dabei aber verschwiegen, dass dies nur eine Unterkategorie des Tests war. Die Kasse war im Vergleich eigentlich auf dem vierten Platz gelandet. In einem andern Fall hatte sich die drittplatzierte Kasse gar als „Testsieger“ bezeichnet. Die Gerichte untersagten die Werbung jeweils.

Die Wettbewerbszentrale kann künftig leichter gegen unlauteres Verhalten der Kassen vorgehen: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 3. Oktober ein Grundsatzurteil gefällt: Demnach unterliegen auch Krankenkassen dem Wettbewerbsrecht und können entsprechend belangt werden.

Diese Entscheidung hatte die BKK Mobil Oil den Kassen durch ihre Kampfeslust eingebrockt: Die Kasse hatte Kunden vor Zusatzbeiträgen bei der Konkurrenz gewarnt – ohne auf das Sonderkündigungsrecht in diesem Fall zu verweisen. Statt die geforderte Unterlassungserklärung abzugeben, trieb die BKK das Verfahren bis zum Bundesgerichtshof. Die Karlsruher Richter legten die Frage in Luxemburg vor.

Der Generalanwalt beim EuGH, Yves Bot, hatte recht eindeutige Worte gefunden: Es gebe keinen Grund, dass eine Einrichtung des öffentlichen Rechts „von der Einhaltung derart wesentlicher Regeln wie denen der beruflichen Sorgfalt befreit wäre oder dass sie wegen der ihr obliegenden Aufgaben die Verbraucher belügen oder gegenüber anderen Wirtschaftsteilnehmern ein unlauteres Verhalten an den Tag legen dürfte“.

Interessant ist in diesem Zusammenhang eine Formulierung des Landgerichts Lüneburg, dass in erster Instanz den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die BKK Mobil Oil abgelehnt hatte. Die Kasse hatte die Werbung eingestellt, laut dem Gericht bestand damit per se keine Wiederholungsgefahr: Es sei von dem Grundsatz auszugehen, „dass die öffentliche Verwaltung im Zweifel stets rechtmäßig handeln will“, fanden die Richter. Das Oberlandesgericht Celle hatte in der Berufungsinstanz keine so großes Vertrauen in das Wesen der Kassen und erließ die einstweilige Verfügung.

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