Westfalen-Lippe

Versorgungswerk kürzt Anwartschaften APOTHEKE ADHOC, 01.06.2017 11:44 Uhr

Berlin - 

Die Vertreterversammlung des Versorgungswerkes der Apothekerkammer Westfalen-Lippe (VAWL) hat den Weg für ein umfangreiches Maßnahmenpaket zur Sicherung der Altersversorgung frei gemacht. Bei drei Nein-Stimmen und vier Enthaltungen beschlossen die Delegierten eine Kürzung des Leistungsrechts. Bestandsrentner bleiben ausgenommen. Allerdings sinken die Anwartschaften für die kommenden Ruhegeldempfänger. Damit reagiert das VAWL auf die anhaltende Niedrigzinsphase.

„Unseren Mitgliedern wollen und werden wir auch in Zeiten dauerhaft niedriger Zinsen und großer Umbrüche auf dem Kapitalmarkt eine sichere Altersversorgung auf höchstmöglichem Niveau bieten“, begründete der VAWL-Vorstandsvorsitzende Dr. Mathias Flume die Satzungsänderungen. Das Maßnahmenpaket setze im Sinne einer Doppelstrategie sowohl auf der Aktivseite als auch auf der Passivseite an. „Mit einer offensiveren, chancenorientierten Strategie in unserer Kapitalanlage erhalten wir unsere Fähigkeit, Rücklagen zu bilden und weiter aufzubauen“, ergänzte Rudolf Strunk, Aufsichtsratsvorsitzender des VAWL. „Gleichzeitig wollen wir in der Kapitalanlage, unter Beachtung der Risiken, unsere Renditechancen erhöhen“, so Strunk.

Dabei werde die offensivere Anlagestrategie des VAWL mit einem stärkeren Fokus auf Sachwerten fortgesetzt und von der nötigen Risikovorsorge flankiert. „Im Wesentlichen geht es um eine sukzessive Umschichtung von zinstragenden Anlagen hin zu Sachwerten wie Aktien, Immobilien, Infrastruktur und Private Equity“, so Flume.

Wesentlicher Bestandteil des Maßnahmenpaketes sei die Verlässlichkeit der vom VAWL zugesagten Versorgungsleistungen. „Wir vermeiden Eingriffe in bereits laufende Rentenleistungen ebenso wie wir einen weitgehenden Vertrauensschutz für Anwartschaften aus Beiträgen bis zum 31. Dezember 2017 gewährleisten“, so der Vorstandsvorsitzende des VAWL. Dieser Vertrauensschutz wirkt umso stärker, je rentennäher das einzelne Mitglied ist. Für Anwartschaften (Grundversorgung und Zusätzliche Höherversicherung) aus Beitragszahlungen bis zum 31. Dezember 2013 wird der die Verzinsung von jährlich vier Prozent dauerhaft auf 3,5 Prozent gesenkt.

Der Rechnungszins für Anwartschaften, die in den Jahren 2014 bis 2017 erworben worden sind beziehungsweise noch werden, wird von 3 Prozent auf 2,75 Prozent gesenkt. Um diese Maßnahmen einmalig zu finanzieren, werden Generationen- und Renditefaktoren eingeführt, Teile der Zinsschwankungsreserve aufgelöst.

Für alle Beiträge ab dem Jahr 2018 gilt ein Rechnungszins in Höhe von 2,75 Prozent. Darüber hinaus wird eine jährliche Entlastung durch die Einführung von Elementen aus dem offenen Deckungsplanverfahren erzielt. Im Ergebnis gilt somit: „Für die Rentner ändert sich nichts, für alle anderen Mitglieder gilt die Faustformel: Je näher sie vor dem Renteneintritt stehen, desto geringer sind die Auswirkungen. Das macht auch deshalb Sinn, weil die 'rentenferneren Jahrgänge' auch noch ausreichend Zeit haben, um gegenzusteuern, beispielsweise durch Einzahlungen in eine freiwillige Höherversicherung in unserem Versorgungswerk“, so Flume. „Gleichwohl bleibt das Niveau im Vergleich zur gesetzlichen Rentenversicherung attraktiv.“

Das VAWL hat ein konkretes Beispiel berechnet. Für ein heute 50-jähriges Mitglied, das mit 25 Jahren ins Versorgungswerk eingetreten ist und 50 Prozent des GRV-Höchstbeitrags geleistet hat, ergeben sich folgende Auswirkungen: Die Altersrente mit 67 Jahren würde sich um 12,4 Prozent verringern, sollte es keinerlei Dynamisierungen geben. Sie liegt immer noch deutlich über der Gesetzlichen Rente. Bei einer Dynamisierung um 0,9 Prozent pro Jahr halbiert sich die „Rentenkürzung“.

Bei einer jährlichen Dynamisierung von 1,4 Prozent ergibt sich eine „Rentenlücke“ von fünf Prozent. „Angesichts der radikalen Veränderungen auf den Kapitalmarkt sind das vergleichsweise milde und schonenden Eingriffe“, so die Bewertung von Flume und Strunk: „Die Altersversorgung durch unser VAWL bleibt also stabil und verlässlich.“

Das Versorgungswerk der Apothekerkammer Westfalen-Lippe (VAWL) besteht seit dem 1. Januar 1978. Aufgabe ist es, allen Mitgliedern der Apothekerkammern Westfalen-Lippe und Bremen und ihren Familien einen Rechtsanspruch auf Versorgungsleistungen gemäß Satzung zu gewähren. Aktuell gehören dem VAWL 6.725 Mitglieder und 2.171 Empfänger von Versorgungsleistungen an.

Nach Angaben von Flume blickt das VAWL auf ein „erfolgreiches Geschäftsjahr 2016“ zurück. Die erwirtschafteten Nettorendite betrug 4,1 Prozent. Die Summe der Kapitalanlagen wuchs um 83 Millionen Euro (4,1 Prozent) auf nunmehr 2,11 Milliarden Euro, die Bilanzsumme um ebenfalls 83 Millionen Euro auf 2,15 Milliarden Euro. Der Rohgewinn 2016 in Höhe von 14,86 Millionen Euro wird vollständig den Rücklagen zugeführt. Der Verwaltungskostensatz im Verhältnis zur Summe der Gesamtkapitalanlagen belief sich im Jahr 2016 auf 0,12 Prozent.