Westfalen-Lippe

Strenge Kontrollen gegen Preisbrecher

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Berlin -

Durch das Scheitern des Rx-Versandverbots in der Bundesregierung sehen Apothekerkammer und Apothekerverband in Westfalen Lippe die Apotheken in großer Gefahr: In einer gemeinsamen Erklärung rufen sie die Politik auf, die Blockade zu überwinden. Zugleich fordern Kammer und Verband die Apothekenaufsicht zu strengen Kontrollen gegen Preisbrecher auf, um die in Deutschland geltende Preisbindung zu verteidigen.

Wie auch immer die Politik beim Thema Rx-Versandhandel entscheide: „Die Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel gilt in Deutschland nach wie vor uneingeschränkt. Jeden Versuch, sie auszuhöhlen oder gar abzuschaffen, lehnen wir klar ab. Die zuständigen Behörden fordern wir dazu auf, bei Verstößen gegen die Arzneimittelpreisverordnung konsequent einzugreifen“, heißt es in der Erklärung.

Die Politik stehe in der Pflicht, „den für ein funktionierendes, qualitativ hochwertiges und das Patientenwohl in den Mittelpunkt stellendes Gesundheitssystem unablässigen Ordnungsrahmen wiederherzustellen“. Wenig Hoffnung haben Kammer und Verband, dass die Koalition doch noch zu einem Konsens zum Rx-Versandverbot findet: „Das geplante Versandhandelsverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel scheint vorerst blockiert“.

CDU/CSU und SPD hätten beim Koalitionsgipfel keine Einigung erzielen können. Dabei habe sich der Bundesrat im Vorfeld mit deutlicher Mehrheit für ein Versandhandelsverbot ausgesprochen – „genauso wie, mit Ausnahme der FDP, sämtliche Parteien in Nordrhein-Westfalen, allen voran NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Bündnis 90/Die Grünen)“. Sogar NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) habe für ein Rx-Versandverbot plädiert.

„Für die bewährte Arzneimittelversorgung und das deutsche Gesundheitssystem wäre die Nichtumsetzung des Gesetzentwurfs in der laufenden Legislaturperiode ein herber und gefährlicher Rückschlag“, so Verbandschef Klaus Michels und Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening. Weder die Fakten noch das Wohl der Patienten und deren wohnortnahe Versorgung hätten gesiegt, sondern die „Interessen kapitalstarker ausländischer Versandhändler“. Diese könnten nun weiterhin auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherungen Boni gewähren und damit die flächendeckende Versorgung existenziell gefährden.

„Die Apotheken sind mit dem Scheitern des Gesetzentwurfs in großer Gefahr“, so die Erklärung. Das Risiko eines ruinösen Preiswettbewerbs und des damit einhergehenden Verlustes tausender Arbeitsplätze hätten maßgebliche Politiker offensichtlich immer noch nicht erkannt. Die Blockadehaltung einzelner Verantwortlicher der Großen Koalition gefährde aber nicht nur die Apotheken, sondern vor allen Dingen das Patientenwohl: Die drohende Entfesselung eines Preiswettbewerbs unter den Apotheken führe zwangsläufig zu einer Verschlechterung der Versorgung in der Fläche und im Nacht- und Notdienst.

„In einem Flächenland wie Nordrhein-Westfalen ist diese Gefahr besonders groß“, so Michels und Overwiening. In einigen ländlichen Regionen sei es nicht selten schon jetzt schwierig, alle Bürger in der gewünschten Qualität versorgen zu können. „Wir Apotheker in Westfalen-Lippe werden daher nicht nachgeben und fordern weiterhin, dass die Politik ihrer Verantwortung für eine sichere und zuverlässige Versorgung mit Arzneimitteln gerecht wird – unabhängig von Standort, Wochentag und Tageszeit“, heißt es weiter.

Ohne Preisbindung werde es nicht mehr lange dauern, bis die Krankenkassen unter Hinweis auf das Wirtschaftlichkeitsgebot begännen, ihre Patienten zugunsten von Versendern von der bisherigen Versorgung durch die Präsenzapotheken wegzusteuern, warnen Verband und Kammer. Damit gehe die Wahlfreiheit zur Auswahl der Apotheke des Vertrauens verloren. „Dies würde den Anfang vom Ende der deutschen Präsenzapotheke bedeuten“, so Michels und Overwiening.

Immerhin seien sich alle politischen Akteure einig, dass die im Zuge des EuGH-Urteils eingetretene Wettbewerbsverzerrung zwischen Versendern aus dem EU-Ausland und deutschen Apotheken nicht hinnehmbar sei. Die zu diesem Thema von der Bundes-SPD bislang unterbreiteten Vorschläge überzeugten allerdings in keiner Weise. In jedem Fall müssten sich alle künftigen Vorschläge aus der Politik an einem Versandhandelsverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel messen lassen.

„Wir werden alles daran setzen, dieses Thema sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene auf der politischen Agenda zu halten“, kündigen Michels und Overwiening an. Dazu soll die NRW-Landtagswahl genutzt werden.

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