Die Apotheker in Westfalen-Lippe wollen die PTA-Ausbildung umkrempeln: Statt des sechsmonatigen Praktikums nach der schulischen Ausbildung sollen die Schüler künftig zweieinhalb Jahre lang sowohl zur Schule gehen als auch in einer Apotheke arbeiten. Auf diese Weise sollen die angehenden PTA enger an die Apotheke gebunden werden, die ihnen nicht nur die Ausbildung, sondern auch ein Taschengeld zahlen soll.
Die Apothekerkammer, der Apothekerverband und der Trägerverein der PTA-Fachschulen haben ein Konzept erarbeitet, mit dem die Ausbildungsfinanzierung gesichert werden soll. Das sogenannte Verzahnungsmodell kombiniere die bislang in Schule und Apotheke getrennten Ausbildung, erklärt Julia Gerszke, Geschäftsführerin des Trägerverbands.
Die Bilanz – 2600 Stunden an einer Lehranstalt plus 160 Stunden Praktikum sowie die praktische Ausbildung von sechs Monaten in einer Apotheke – soll bleiben, nur anders verteilt werden. Demnach sollen die PTA-Schüler von Beginn an jede Woche einen bis anderthalb Tage, rechnerisch neuneinhalb Stunden pro Woche, in einer Apotheke arbeiten. Die Apotheke übernimmt die Ausbildungskosten in Höhe von rund 300 Euro und zahlt dem Schüler ein Taschengeld.
Im besten Fall ist es auf diese Weise möglich, die Ausbildung umzustrukturieren, ohne die Ausbildungsverordnung für PTA zu ändern. Derzeit liege der Vorschlag beim Ministerium. Das muss dann darüber entscheiden, ob es die neue Struktur zulässt und ob es sie anstelle oder parallel zu der derzeitigen Ausbildung einführt.
Auf die Apotheker kommen zunächst mehr Kosten zu. Auf welche Höhe sie sich belaufen werden, ist laut Gerszke noch nicht absehbar und hängt unter anderem davon ab, ob Verband und Kammer weiterhin rund 10 Prozent der Ausbildungskosten tragen oder ob ein neues Verteilsystem gefunden wird.
Im Gegenzug hätten die Apotheker aber auch die Möglichkeit, die Auszubildenden an ihre Apotheke zu binden, so Gerszke. Sie ist überzeugt, dass der Nachwuchsmangel vielen Apothekern bereits bewusst ist. „Ich bin daher optimistisch, dass die neue Ausbildungsform zu implementieren ist“, sagt Gerszke.
Sie geht allerdings auch davon aus, dass noch viel argumentiert werden muss, um das Konzept allen Apothekern schmackhaft zu machen. In diesem Zusammenhang betont sie, dass aus dem Kampf um Ausbildungsplätze ein Kampf um Köpfe geworden ist: Es gebe immer weniger Auszubildende, die zwischen verschiedenen Angeboten wählen könnten. Nordrhein wirbt derzeit mit der Kampagne „Probier ihn an!“ für Berufe in der Apotheke, die Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL) ist in diesem Jahr auf mindestens 76 Nachwuchsmessen vertreten und informiert über den Arbeitsplatz Apotheke.
Der Wettbewerb um Auszubildende mache sich auch in den Schulen bemerkbar, die mit rückläufigen Bewerberzahlen zu kämpfen hätten: „Es gibt einen Abwärtstrend, der sich in den vergangenen Jahren beschleunigt hat“, so Gerszke. Dass die Landesregierung beginnend mit dem Jahrgang 2013 die Fördermittel gestrichen hat, habe dazu beigetragen.
256 Plätze haben die PTA-Schulen des Trägerverbands in Siegen, Paderborn, Gelsenkirchen und Castrop-Rauxel aktuell zu vergeben – aber nur 188 Verträge wurden bislang an Bewerber verschickt; in nur 156 Fällen wurde die Anmeldegebühr bereits entrichtet. Auf die offenen Plätze können sich Interessierte noch bewerben, das Schuljahr beginnt nach den Sommerferien beziehungsweise in Gelsenkirchen Anfang Oktober.
Immer wieder haben Bewerber in der Vergangenheit den angebotenen Platz nicht angenommen. „Häufig hat das mit dem Schulgeld zu tun“, weiß Gerszke aus Telefonaten mit Bewerbern, die sich letztlich doch gegen die Ausbildung entschieden haben. „Wir merken, dass sich sukzessive weniger Schüler bewerben.“ Da die Kosten für die PTA-Schulen aber nicht wesentlich sinken, war zuletzt der Apothekerverband eingesprungen und hat die Deckungssumme übernommen.
Aus Sicht von Dr. Klaus Michels, Vorsitzender des Apothekerverbands Westfalen-Lippe (AVWL), ist die Zukunft der PTA von existenzieller Bedeutung für die Apotheken. „Aber die Zeit drängt, die künftige Finanzierung der PTA-Ausbildung in Nordrhein-Westfalen zu regeln“, fordert Michels. Derzeit sei die Ausbildung durch die Unterstützung aus Rücklagen des Verbands finanziert. Doch spätestens ab 2016 müsse die Finanzierung auf neue Beine gestellt werden, da sämtliche Reserven aufgebraucht seien.
Michels warnt in diesem Zusammenhang vor einer dramatischen Unterdeckung an pharmazeutischem Fachpersonal. Es brauche mehr Ausbildungsplätze, um den Bedarf zu decken. Anderenfalls drohe ein heftiger Wettbewerb der Apotheken um das pharmazeutische Personal. „Für die kleineren Apotheken würde es schnell eng, die Beschleunigung der Konzentration im Apothekenbereich unvermeidbar“, so Michels. Er fordert auch die ABDA auf, sich konstruktiv mit der Problematik zu befassen.
Dabei sind die Aussichten für die Schüler gut: Laut Gerszke haben rund 80 Prozent der Absolventen bei ihrer Abschlussprüfung mindestens eine Zusage für einen Job. Aber die Schulgeldfinanzierung wiege sehr stark. Daher sei es das erste Ziel der Umstellung, das Schulgeld abzubauen. Darüber hinaus erhofft sie sich einen größeren Lernerfolg, wenn die Schüler in der Praxis erleben, wofür sie lernen.
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