Westfalen-Lippe

Opposition beklagt Frühstart

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Berlin -

Samstag vor einer Woche musste sich Apotheker Dr. Wolfgang Graute ärgern. In seinem Briefkasten lag der Wahlaufruf seiner Apothekerkammer Westfalen-Lippe. Eigentlich müsste Graute (Dr. Graute's Tiber Apotheke, Dülmen) dem Termin entgegenfiebern, immerhin ist er Kammervorstand und will wiedergewählt werden. Den Brief hatte er aber später erwartet und wittert nun eine Verschwörung um Kammerpräsidentin Gabriele Overwiening. In Münster weist man solche Anschuldigungen weit von sich.

Die neue Kammerversammlung wird bis zum 24. Juni gewählt. Spätestens einen Monat vorher müssen die Wahlunterlagen bei den Mitgliedern sein. Der Versand war Graute mündlich für Montag, den 19. Mai, angekündigt worden, auch auf der Kammer-Homepage war offiziell von der vierten Maiwoche die Rede.

Eigentlich sollte es keinen großen Unterschied bedeuten, ob die Wahlunterlagen am Samstag oder am Dienstag darauf in der Post sind. Für Graute und seinen Vorstandskollegen Michael Mantell aber schon: Sie kandidieren nicht auf der „Gemeinschaftsliste“ der Präsidentin, sondern gewissermaßen für die Opposition – Graute für die „Neue Liste“, Mantell für die „Aktive Liste“.

Die kleineren Gruppen in der Kammerversammlung haben im Wahlkampf– wie sie es nennen – nur einen Schuss. Schon wegen der Versandkosten wird nur eine Wahlinformation an die Mitglieder verschickt. Umso wichtiger ist das Timing: Die Briefe gingen am Dienstag in die Post und sollten idealerweise kurz nach den Wahlunterlagen in den Apotheken eintreffen.

Dass die Briefwahlunterlagen schon am Samstag in den Apotheken waren, findet Graute unfair. Er hat sich beim Wahlleiter, Kammergeschäftsführer Dr. Andreas Walter, beschwert: „Durch den frühen Versand der Wahlbriefe Ihrerseits haben die Wähler nun ausschließlich die Wahlwerbung der vom Präsidium vertretenen Gemeinschaftsliste vor Empfang der Wahlunterlagen erhalten.“

Graute glaubt nicht an einen Zufall: „Die zweite Wahlwerbung der Gemeinschaftsliste ist gleichzeitig mit Ihrem Versand der Wahlbriefe verschickt worden.“ Aus seiner Sicht wäre es korrekt gewesen, „den Wählern eine rechtzeitige, freie und umfassende Information durch alle zur Wahl stehenden Listen zu ermöglichen“. Auch Mantell (Stifts-Apotheke, Dortmund) hatte sich bei der Vorstandssitzung am Montag kritisch zu dem Vorgehen der Geschäftsstelle geäußert.

Die Kammer rechtfertigt den frühen Versand mit dem Wahldatum: Damit alle Mitglieder mit Sicherheit vier Wochen Zeit vor der Wahl ihre Unterlagen haben, würden die Briefe immer mit etwas Vorlauf verschickt. Da die Sendung bereits am Freitag fertig verpackt gewesen sei, habe man sie schon in die Post gegeben, so ein Sprecher. Schließlich habe am Montag auch die Vorstandssitzung stattgefunden, und damit seien die mit der Wahl betrauten Personen unabkömmlich gewesen.

Was Graute und Mantell unruhig macht, ist der Liveticker zur Wahlbeteiligung auf der Kammer-Homepage: In den drei Kammerbezirken Arnsberg, Detmold und Münster hatten bis Donnerstagabend schon jeweils mehr als 15 Prozent der Mitglieder gewählt. Angesichts einer typischen Wahlbeteiligung von rund 50 Prozent sind das schon markante Anteile. Daher die Nervosität wegen einzelner Wahltage, die womöglich ohne eigene Wahlwerbung verstrichen.

Schließlich war das Ergebnis bei der vergangenen Kammerwahl vor fünf Jahren denkbar knapp. Overwienings Gemeinschaftsliste holte damals 50,4 Prozent. Weil die Opposition nicht alle Listenplätze besetzen konnte, hatte die Präsidentin schließlich eine Mehrheit von drei Stimmen in der Kammerversammlung. Graute und Mantel waren zusammen mit einer weiteren „Oppositionellen“ damals von der Kammerversammlung in den Vorstand gewählt worden – unabhängig von ihrer Liste.

Bei dieser Wahl gibt es eine weitere Besonderheit: Die Delegiertenversammlung wird von derzeit 118 auf 92 Personen reduziert – die Folge einer Änderung des Heilberufsgesetzes durch das Land Nordrhein-Westfalen. Auf den Wahlkreis Arnsberg entfallen dann 38 Apotheker, auf den Wahlkreis Detmold 21 und auf den Wahlkreis Münster 33.

Bis zum 24. Juni, 18 Uhr, müssen die Wahlbriefe der rund 7400 Wahlberechtigen in der Geschäftsstelle angekommen sein. Am nächsten Tag wird ausgezählt – und wer sich dann freut und ärgert, entscheidet der Wähler. Präsidium, Vorstand sowie die Fachausschüsse werden bei der konstituierenden Sitzung am 3. September gewählt.

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