Westfalen-Lippe

Apothekenzahl sinkt unter die 2000er-Grenze APOTHEKE ADHOC, 06.01.2017 13:49 Uhr

Berlin - 

In Westfalen-Lippe gibt es erstmals seit dem Jahr 1980 wieder weniger als 2000 Apotheken. Die Gesamtzahl der Apotheken im Landesteil sank 2016 zum elften Mal in Folge auf nunmehr nur noch 1998. „Dabei standen zehn Neugründungen 32 Schließungen gegenüber“, berichtet Dr. Andreas Walter, Hauptgeschäftsführer der Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL).

„Echte“ Neugründungen gab es im Jahr 2016 sogar nur drei. In Dorsten, Gelsenkirchen und Gladbeck eröffneten neue Einzelapotheken. Bei den übrigen sieben Neugründungen handelte es sich um Filialen bereits bestehender Hauptapotheken. Der stärkste Rückgang war 2016 in der Stadt Bochum mit minus vier Apotheken zu verzeichnen, gefolgt von Dortmund, Gütersloh und Hagen mit jeweils minus zwei.

Derzeit werden 23 Prozent der Apotheken in Westfalen-Lippe als Filialapotheken betrieben. Ihre Zahl hat sich im Verlaufe des Jahres 2016 weiter erhöht – von 441 auf 457. Im Umkehrschluss heißt dies: Im Kammerbezirk gibt es nur noch 1541 Apothekeninhaber nach 1579 im Vorjahr. „Damit hat sich die Zahl der Apothekeninhaber innerhalb von 15 Jahren um sage und schreibe 715 verringert“, bilanziert Walter. Sie liegt damit auf dem Stand des Jahres 1973.

Die AKWL sieht durch den Rückgang zwar noch keine akute Gefahr für die flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln. „Sorgen bereitet uns aber die faktische Bevorzugung von ausländischen Versandapotheken durch eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom Oktober 2016“, so Walter. Demnach dürfen die ausländischen Versender ihre Kunden und Patienten mit Rezept-Boni locken, was den deutschen Apotheken gemäß Arzneimittelpreisverordnung untersagt bleibt. Walter: „Wir sehen die Gefahr, dass durch diese Schieflage viele Apotheken in ihrer Existenz gefährdet werden.“

In der ersten Jahreshälfte 2016 entwickelte sich die wirtschaftliche Lage der rund 2000 westfälisch-lippischen Apotheken nach Angaben des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe (AVWL) allerdings jetzt mit einem leichten Plus. Verantwortlich dafür waren unter anderem die rezeptpflichtigen Arzneimittel: In den ersten sechs Monaten wurden knapp 2 Prozent mehr Rx-Packungen abgegeben. Außerdem verbesserten sich laut AVWL die Einkaufskonditionen im Großhandel leicht. Der Tarifabschluss für 2016 habe zu geringeren Personalkostensteigerungen geführt als angenommen.

Nach Zahlen der Steuerberatungsgesellschaft Treuhand Hannover erzielten die Apotheken in Westfalen-Lippe im Durchschnitt des ersten Halbjahres 994.000 Euro Umsatz (plus 0,4 Prozent) erzielt. Den Löwenanteil, nämlich 728.000 Euro Umsatz oder 73 Prozent, erwirtschafteten sie mit den Krankenkassen. Der Rest entfällt auf Selbstzahler und Privatversicherte und auf das OTC-Geschäft.

Nach Abzug der Kosten blieb ein fast unverändertes Betriebsergebnis vor Steuern von 65.000 Euro pro Apotheke, teilte der AVWL mit. Statt einer roten Null erwartete der Verband bis Ende des Jahres nun ein leichtes Plus im Betriebsergebnis.

Im Jahr 2015 sank die Gesamtzahl der Apotheken in Deutschland um 187 auf 20.254. Die größten Verluste waren in Baden-Württemberg, Hamburg, Nordrhein und Rheinland-Pfalz zu verbuchen. Nur Bremen konnte 2015 ein Plus verbuchen. Deutschlandweit schlossen rund 340 Apotheken. Deutschlandweit lag die Apothekendichte bei 24,9 Apotheken pro 100.000 Einwohnern.

Für 2017 befürchtet die ABDA ein Absinken der bundesweiten Apothekenzahl auf unter 20.000. Zwischen Januar und September schlossen erneut deutlich mehr Apotheken als neu geöffnet wurden. Unter dem Strich steht nach ABDA-Zahlen ein Verlust von 156 Apotheken, was in diesem Fall ein Nettowert ist. Nachdem das Apothekensterben vorübergehend etwas abgeflacht war, ist der Trend jetzt wieder negativ: In den ersten neun Monaten des Vorjahres 2015 hatten 145 Betriebsstätten geschlossen.

Zum Ende des dritten Quartals 2016 fiel die Zahl auf 20.093 Apotheken. Zum Jahresende 2015 waren es noch 20.249. Bei der ABDA geht man daher davon aus, dass die Apothekenzahl im kommenden Jahr unter 20.000 sinken wird. Schon jetzt sei der niedrigste Stand seit dem Wiedervereinigungsjahr 1990 mit damals 19.898 Apotheken erreicht.