Der kürzlich von der Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL) vorgestellte AMTS-Vertrag mit der AOK-Nordwest sorgt für neuen Geschwisterstreit im Münsterland. Der Apothekerverband Westfalen-Lippe (AVWL) wirft Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening vor, in seinem Revier zu wildern. Auch bei der ABDA in Berlin sieht man im Kammer-Vorstoß eine Grenzüberschreitung. Jetzt will sich der Geschäftsführende ABDA-Vorstand der Sache annehmen.
Anfang März hatte die AKWL ihr neues AMTS-Projekt vorgestellt. Im Kammerbezirk werden Apotheker künftig für Medikationschecks bezahlt: 80 Euro erhalten Apotheker einmalig, wenn sie die Medikation von AOK-Versicherten prüfen. Mitmachen können Apotheken, die sich in Sachen Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) geschult haben. Das Modellprojekt soll über drei Jahre laufen und wird von der AKWL und der AOK Nordwest finanziert.
Solche Verträge sind gewöhnlich Sache der für die wirtschaftlichen Fragen zuständigen Apothekerverbände. Daher schwelt in Westfalen-Lippe schon seit Jahresbeginn ein heftiger AMTS-Streit. Es geht nicht um die Inhalte des Vertrages, sondern um die Form. Nicht von Kammerpräsidentin Overwiening, sondern bei einer Sitzung der ABDA in Berlin erfuhr AVWL-Chef Klaus Michels vom AMTS-Vertrag. Aus Sicht des AVWL wäre allerdings die Kammer in der Pflicht gewesen, bei der Anbahnung von Verträgen mit dem bedeutensten Vertragspartner des Verbandes diesen ohne Aufforderung zu informieren.
Die Kammer soll zudem auf mehrfache Nachfragen des AVWL nicht reagiert und die Einsicht in die Vertragsunterlagen verweigert haben. Damit verstößt die Kammer aus Sicht des AVWL gegen das nach dem Streit um die Finanzierung der PTA-Schulen zwischen den ABDA-Geschwisterorgansationen getroffenen Versprechen, sich in allen Fragen eng abzustimmen. Verbandschef Michels schaltete daraufhin die ABDA-Führung in Berlin ein.
Dort ist man ebenfalls „not amused“ über den erneuten Geschwisterstreit. Bei einer ABDA-Sitzung in Berlin soll Overwiening deutlich zu verstehen gegeben worden sein, dass solche Alleingänge nicht gewünscht sind. Auf seiner heutigen Sitzung will sich der Geschäftsführende ABDA-Vorstand erneut mit der Sache befassen. Mit einem Beschluss sollen die Mitgliedsorganisationen aufgefordert werden, sich angesichts der wachsenden Zahl von AMTS-Projekten eng abzustimmen.
Gegenüber APOTHEKE ADHOC räumt die AKWL „Irritationen“ beim Verband wegen des AMTS-Vertrags ein: Schließlich sei es ein „ungeschriebenes Gesetz“, dass Verträge mit Krankenkassen Angelegenheit der Verbände seien, so ein Sprecher. „Wir würden das beim nächsten Mal anders machen. Das war aber nicht böse gemeint.“ Es gehe der Kammer darum, das Thema AMTS auch in Westfalen-Lippe voranzubringen: „Die Sache war uns wichtiger als Strukturen.“
Bei der Vorstellung des Projekts mit der AOK-Nordwest im Berliner Apothekerhaus habe man außerdem Lob von ABDA-Präsident Friedmann Schmidt erhalten: „Friedmann Schmidt hat mir zum Vertrag gratuliert“, so Kammerpräsidentin Overwiening zu APOTHEKE ADHOC. Das will man bei der ABDA so nicht stehen lassen. Die Zustimmung Schmidts habe sich nur auf den Inhalt des Vertrages bezogen, nicht auf die Begleitumstände.
Für die AKWL ist der AMTS-Streit inzwischen sowieso erledigt. Bei einem Schlichtungstermin der Vorstände von Kammer und Verband Anfang vergangener Woche seien die Irritationen ausgeräumt worden. „Alles Vergangenheit“, so der Kammersprecher. Beim AVWL will man sich offiziell nicht dazu äußern.
Allerdings ist das Verhältnis von Kammerpräsidentin Overwiening und Verbandschef Michel seit der hart geführte Auseinandersetzung über die Finanzierung der PTA-Schulen ohnehin angeschlagen. Über die Beteiligugn der Kammer daran war es im Sommer zu einem offenen Konflikt zwischen den beiden obersten Repräsentanten der westfälisch-lippischen Apotheker gekommen.
Overwiening hatte daraufhin ihre Verbandsmitgliedschaft aufgekündigt. Auch Kammervize René Graf verließ den Verband. Am 22. Januar ist Overwiening wieder in den Verband eingetreten.
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