EU-Sektoruntersuchung

Werkzeugkiste der Originalhersteller

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Anfang Juli stellt die EU-Kommission ihren Abschlussbericht zur Untersuchung des Pharmasektors vor. Nach anderthalbjähriger Aufklärungsarbeit beschreibt die Brüsseler Behörde eine „Toolbox“ verschiedener Strategien, mit denen Originalhersteller die Einführung von Generika erschweren und verzögern. Auf die abschließenden Empfehlungen, wie Wettbewerbsverzerrungen im 214 Milliarden Euro schweren europäischen Pharmamarkt verhindert werden können, und mögliche kartellrechtliche Schritte gegen Hersteller darf man gespannt sein.

Vor allem juristische Scharmützel bremsen demnach Generikahersteller in Europa aus. Laut EU-Kommission schaffen Originalhersteller bei drohendem Ablauf des Erstpatents ein regelrechtes Dickicht an Sekundär- und Folgepatenten um ihre Blockbuster, das noch dazu je nach Mitgliedstaat variieren kann. Von den knapp 460 untersuchten Patentstreiten wurden laut Kommission 91 Prozent von Originatoren eingeleitet; bei den rund 700 Patentverletzungsverfahren waren es 54 Prozent. Davon gingen 60 Prozent zugunsten der Generikahersteller aus, bei Sekundärpatenten lag die Quote noch höher.

200 Fälle wurden zwischen den Firmen gütlich beigelegt; die Hälfte davon führte aber dazu, dass der Generikahersteller - mitunter gegen Abschlag - auf die Markteinführung seines Produkts verzichtete. Auch bei Zulassung, Preisbildung und Aufnahme in den Erstattungskatalog der Krankenkassen intervenieren laut EU-Kommission die Hersteller regelmäßig.

Weiter sei es „eine weit verbreitete Praktik“ von Originalherstellern, Warnschreiben über die generischen Versionen ihrer Produkte an Apotheken, Ärzte, Großhändler und Krankenhäuser zu schicken. Auch das so genannte „Evergreening“, also die Einführung patentgeschützter Alternativpräparate, wird im Report kritisiert. Die Kommission weist auf drei Fälle hin, in denen Hersteller sogar die Erstprodukte vom Markt genommen hätten, um die Umstellung der Patienten auf den Nachfolger zu forcieren.

Die Kommission hatte für ihre Untersuchung Fragebögen verschickt und persönliche Gespräche mit den wichtigsten Marktteilnehmern geführt. Zu Beginn der Untersuchung waren außerdem die Geschäftsräume verschiedener Hersteller durchsucht worden. Für 219 zwischen 2000 und 2007 patentfrei gewordene Arzneimittel hatte die Behörde eine Tiefenanalyse durchgeführt. Der vorläufige Bericht war im vergangenen November veröffentlicht worden.

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