Lieferengpässe

Wenn Rabattverträge zu exklusiv werden

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Berlin -

Im Kampf gegen Lieferengpässe hat der Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbandes (DAV), Fritz Becker, den Gesetzgeber zum Handeln aufgefordert: „Bei Rabattverträgen müssen Mehrfachvergaben zwingend vorgeschrieben werden“, forderte Becker bei einer Diskussion über Lieferengpässe auf dem Apothekerforum beim Hauptstadtkongress. „Die Politik muss aktiv werden.“ Außerdem forderte Becker die Einführung einer Meldepflicht der Hersteller bei Lieferproblemen.

Die freiwillige Meldepflicht reiche nicht aus, so Becker. „Das System ist zu träge, das ist kein Durchbruch. Die Firmen müssen verpflichtet werden.“ Insgesamt müsse die Transparenz in der Lieferkette für Arzneimittel erhöht werden. Als weitere Ursachen für immer wieder auftretende Lieferprobleme nannte Becker neben dem Preisdruck aufgrund der Rabattverträge, Produktionsverlagerungen ins EU-Ausland und das Preisgefälle: „Deutschland ist kein Hochpreisland mehr“, so Becker, Für die Hersteller sei es attraktiver, Arzneimittel in anderen Ländern zu verkaufen.

Eine Umfrage im Jahr 2017 habe ergeben, dass 90 Prozent aller Apotheken in den letzten drei Monaten mit 5 bis 15 Lieferproblemen zu kämpfen gehabt hätten. Darunter leide die Versorgung der Patienten, auch wenn es keine echten Versorgungslücken gebe. „In den Apotheken müssen wir intensiver beraten, Arzneimittel bevorraten, Einzelimporte organisieren oder sogar die alte Rezeptur anwerfen, wenn wenigstens der Wirkstoff erhältlich ist“, so der DAV-Chef: „Wir unternehmen alles, um adäquaten Ersatz für die Patienten zu besorgen.“

Dr. Michael Horn vom BfArM sieht die Lage nicht so dramatisch: „Wir können keine vermehrten Lieferengpässe feststellen.“ Allerdings bezog Horn seine Aussage auf die vom BfArM beobachteten versorgungsrelevanten Arzneimittel. Den zuletzt aufgetretenen Engpass bei Ibuprofen führte Horn auf die außergewöhnlich intensive Grippe- und Erkältungssaison zurück: „So etwas kann man nicht vorhersehen. Die extrem stark gestiegenen Nachfrage konnte nicht gesättigt werden.“

Horn erinnerte daran, dass 90 Prozent der Antibiotika in China hergestellt werden. „Was machen wir, wenn die Handelsbeziehungen zu China mal nicht so gut laufen?“ Mit der populären Forderung nach einer größeren Bevorratung können man gegen die Konzentration der Märkte nichts ausrichten, „das hilft nichts“. Die Politik müsse darüber nachdenken, die Herstellung wichtiger Wirkstoffe auf mehrere Regionen der Welt zu verteilen.

Auch Wolfgang Späth, Vorsitzender des Branchenverbands ProGenerika, plädierte für die Verpflichtung der Mehrfachvergabe bei Rabattverträgen: „Dann bleiben mehr Firmen am Markt. Das stärkt die Versorgungssicherheit.“ Das führt laut Späth für die Krankenkassen auch nicht zu Mehrkosten, weil die Preise der Generikahersteller ohnehin eng beieinander lägen: „Das ist für die Krankenkassen ein Nullsummenspiel.“ Auch weil bei Mehrfachvergaben gegenüber Exklusivverträgen das Aut-idem-Kreuz auf Rezepten seltener gesetzt werde.

Späth lobte den Erfolg des Jour Fixe beim BfArM zu Lieferengpässen, sieht darin aber noch nicht die Lösung: „Wir sind noch nicht an den Ursachen.“ Wie für Horn ist auch für Späth die Situation „noch nicht dramatisch“. Es gebe im ambulanten Bereich aber „punktuell“ Lieferprobleme. Wie zuletzt bei Ibuprofen-Saft für Kinder sei dies auch auf den niedrigen Preis zurückzuführen: „Bei 1,30 Euro macht das keinen richtigen Spaß mehr.“ Für 50 Prozent weniger Geld lieferten die Generikahersteller inzwischen 70 Prozent mehr Ware als 2011. Entgegen der Verabredungen im Pharmadialog mit der Bundesregierung sei der Anteil der exklusiven Rabattverträge der Kassen gestiegen.

Dr. Peter Schreiner, Vorsitzender der Gehe-Geschäftsführung, machte ebenfalls den Preisdruck für die Lieferprobleme verantwortlich: „Die Lieferfähigkeit hat sich verschlechtert. Das gilt vor allem für kontingentierte Arzneimittel.“ Die Engpasslisten des BfArM reichten für die tägliche Arbeit der Großhändler nicht aus. „Dann liegt das Kind bereits im Brunnen“, so Schreiner. Gehe stehe täglich mit wichtigen Herstellern in Kontakt, um absehbare Lieferengpässe abzufragen. Der Arzneimittelmarkt benötige bessere Rahmenbedingungen zur Sicherstellung der Versorgung.

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