Normalerweise sind Pharmazieräte nicht dafür bekannt, dass sie sich mit der Kammer anlegen. Doch in Bayern weigert sich ein Kollege seit Jahren, den Mitgliedsbeitrag zu zahlen. Er zog sogar vor Gericht, musste aber eine Niederlage kassieren.
Aufgefallen war die Sache 2016, als der Pharmazieoberrat einen Vortrag vor Pharmazeuten im Praktikum (PhiP) hielt. Damals stellte die Kammer fest, dass der Kollege nicht bei ihr als Mitglied gemeldet war. Im März 2019 stellte die Geschäftsstelle zunächst vier Gebührenbescheide aus: Für 2015 bis 2018 sollte der bei der Aufsichtsbehörde angestellte Apotheker Gebühren von jeweils 192 Euro nachzahlen.
Nicht allzu viel Geld, sollte man meinen. Doch der Pharmazierat zog umgehend vor Gericht und klagte gegen die Bescheide. Aus seiner Sicht sei er für den Freistaat Bayern tätig und übe daher nicht den Beruf als Apotheker im engeren Sinne aus. Er berief sich auf eine Übergangsregelung im Heilberufe-Kammergesetz (HKaG).
Doch das Verwaltungsgericht München (VG) wies die Klage ab: Pharmazeutische Tätigkeiten als Kennzeichen für die Ausübung des Apothekerberufs seien nicht auf die klassische Herstellung und Abgabe von Arzneimitteln als Apotheker in der öffentlichen Apotheke beschränkt, sondern erfassten eine Reihe weiterer Tätigkeiten in der Industrie und im öffentlichen Gesundheitswesen.
Der Apothekerberuf werde schon dann ausgeübt, wenn „Kenntnisse und Fähigkeiten, die Voraussetzung für die Approbation waren, einsetzt oder mitverwendet“ werden. Dies sei hier der Fall, da der Kollege als Pharmazieoberat sowie stellvertretender Sachgebietsleiter und GMP-Inspektor für den Vollzug des Arzneimittelrechts zuständig sei. „Dabei kommt ihm die pharmazeutische Ausbildung, die naturwissenschaftliche und heilberufliche Inhalte verbindet, zugute.“ Die Approbation diene regelmäßig als Nachweis der Sachkenntnis für Mitarbeiter der Behörden. Ob auch Personen mit abweichender Berufsqualifikation diese Aufgaben wahrnehmen könnten, spiele dabei keine Rolle.
Die Kammermitgliedschaft für beamtete Apotheker sei auch sachlich gerechtfertigt, denn die Kammern hätten die Aufgabe, „die beruflichen Belange der Gesamtheit der Apotheker zu wahren“. Die Arbeit als Pharmazierat sei auch kein Randbereich: „Die behördliche Überwachung der Herstellung und des Umgangs mit Arzneimitteln gehört angesichts der Gefahren durch unsichere oder gar gefälschte Arzneimittel seit jeher – zurückgehend auf die sog. Medizinalordnung des Stauferkaisers Friedrich II. im Jahr 1241 – zu den Grundpfeilern einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung, der zu dienen der Apotheker berufen ist.“ Die Richter verwiesen darauf, dass es gerade deshalb den Fachapotheker für Öffentliches Gesundheitswesen gebe.
Auch die Höhe der Beiträge sei nicht zu beanstanden, da sie gemäß des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprinzips angemessen und nicht unzumutbar sei. „Ein Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip ist nicht festzustellen. Es ist weder so, dass dem Kläger aus seiner Mitgliedschaft überhaupt kein Vorteil erwüchse, noch kann ein Missverhältnis der Beitragserhebung zu dem gewährten Vorteil gesehen werden.“
In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Streit um die Zwangsmitgliedschaft in den Kammern beziehungsweise den Kammerbeitrag. Vor allem Apothekeninhaber, die wegen Aktivitäten im Versand- oder Großhandel größere Umsätze erzielen, versuchten, vor Gericht eine Deckelung zu erwirken: Die Höhe des umsatzabhängigen Beitrags stehe in keinerlei Verhältnis zum Nutzen der Mitgliedschaft, so ihr Argument. Doch die Verwaltungsgerichte ließen sich bislang nicht überzeugen. Apotheker in Industrie und Verwaltung mussten dagegen in den vergangenen Jahren darum kämpfen, aufgrund ihrer pharmazeutischen Tätigkeit von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit zu werden. Dass hier ein Pharmazierat gegen die Kammermitgliedschaft kämpft, ist wohl eher als Sonderfall zu sehen.
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