DAT-Antrag: „Sterbehilfe“ für Apotheker Hagen Schulz, 26.07.2019 11:38 Uhr
Zwei Monate sind es noch bis zum Deutschen Apothekertag 2019. In der Stadthalle der Messe Düsseldorf werden dann wieder die Zukunftsfragen der Branche diskutiert. Klare Vorstellungen bringt Apotheker Lorenz Weiler mit. Der Inhaber der WeilerVital-Apotheke im niedersächsischen Hemmingen beantragt mehrere Beschlüsse der Mitgliederversammlung, die die Politik zum Handeln auffordern sollen.
Vier Kernpunkte möchte Weiler zur Abstimmung stellen. So solle die Politik eine offizielle Zielgröße der verbleibenden Apothekenzahl in Deutschland benennen. Außerdem fordert der Apotheker eine gesetzliche Grundlage, mit der die Folgen des „Aushungerungsprozesses“ für Einzelhandelskaufleute abgefedert werden.
Im dritten Punkt spricht sich Weiler dafür aus, dass Inhaber langjährige Mietverträge außerordentlich kündigen dürfen. Die Interessenabwägung zwischen Mieter, Vermieter und Gemeinwohl müsse immer zu Ungunsten des Vermieters ausfallen, da dieser in der Regel seine Einheit schnell branchenübergreifend neu vermieten könne. In der letzten Forderung schlägt der Apotheker ein Budget für Apothekenschließungsprämien aus Krankenversicherungs- oder Steuergeldern vor – quasi eine Art „Sterbehilfe“.
Weiler sieht die Forderungen als notwendig an, um künftig den Schaden bei unverschuldeten Privatinsolvenzen zu minimieren. Es müsse Schluss sein mit dem Achselzucken der Politiker, während eine gesamte Branche aushungert, der zuvor das gesamte unternehmerische Risiko aufgebürdet wurde. Auch in der Öffentlichkeit soll ein Sinneswandel erreicht und mit der Mär vom reichen Apotheker aufgeräumt werden, so Weiler weiter.
Der Pharmazeut erhofft sich durch seine Forderungen, dass die Politik im hier und jetzt Stellung zu den Problemen der Branche beziehen muss, anstatt die Fragen auf die lange Bank zu schieben. Zudem verliere das Argument „zu viele Apotheken“ endlich seine Wirkung, wenn deutlich würde, wie nah Deutschland am Verlust des Kulturguts Apotheke steht.
Weiler fordert den Apothekertag auf, den Mitgliedern reinen Wein einzuschenken. Sollte die ABDA den Eindruck haben, dass das Gesundheitsministerium die Apotheke vor Ort mittelfristig abwickele, müsse das auf der Veranstaltung auch so gesagt werden. Seine Forderungen, wie etwa die angedachte „Sterbehilfe“, seien zwar überraschend. Aber sie seien auch notwendig, um in der Öffentlichkeit das nötige Bewusstsein für die Problematik zu schaffen, argumentiert Weiler. Andernfalls drohe ein jahrelanges Siechtum und der Verlust junger Fachkräfte, die sich dann lieber in anderen Branchen umschauen.
Die ABDA reagierte zurückhaltend auf den Vorstoß Weilers und verwies auf das offiziele Prozedere zur Veranstaltung. Der Apotheker braucht die Unterstützung seines Verbandes beziehungsweise seiner Kammer oder von fünf Delegierten, um seine Forderungen zur Abstimmung stellen zu können. Aber auch ein Adhoc-Antrag auf der Hauptversammlung sei möglich. Weiler hatte bereits sämtlichen Verbänden und Kammern seine Ausführungen zukommen lassen und schlägt vor, dass der Antrag auch aus deren Reihen eingebracht werden könnte.