Rundum zufrieden mit dem Referentenentwurf für die 15. Novelle des Arzneimittelgesetzes (AMG) können die Pharmagroßhändler sein: Neben der gewünschten Änderung der Arzneimittelpreisverordnung enthält das Papier aus dem Bundesgesundheitsministerium auch ein Belieferungsrecht. Damit könnte der Exklusivvertrieb (Direct to pharmacy, DTP) ausgeschlossen werden.
Im Referentenentwurf wird die Rolle der Pharmagroßhändler neu definiert: Danach werden die vollsortierten Grossisten wie die Pharmahersteller in Umsetzung einer EU-Richtlinie verpflichtet, an der Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln mitzuwirken. Bislang hatten nur die Apotheken einen gesetzlichen Versorgungsauftrag. Diese seien jedoch auf eine kontinuierliche Belieferung mit Arzneimitteln und eine funktionierende Infrastruktur zur Distribution und Lagerung von Arzneimitteln angewiesen, heißt es in der Begründung zum Vorschlag.
Entsprechend soll im Arzneimittelgesetz verankert werden, dass Großhändler „eine angemessene und kontinuierliche Bereitstellung des Arzneimittels“ sicherstellen. Das Lager soll nach Breite und Tiefe so beschaffen sein, dass „der Bedarf von Patienten von den mit der Großhandlung in Geschäftsbeziehung stehenden Apotheken werktäglich innerhalb angemessener Zeit gedeckt werden kann; die vorzuhaltenden Arzneimittel müssen dabei mindestens dem durchschnittlichen Bedarf für zwei Wochen entsprechen.“
Neben der Lieferpflicht impliziert der Versorgungsauftrag auch ein Belieferungsanspruch: Denn die Pharmahersteller müssen „im Rahmen ihrer Verantwortlichkeit eine bedarfsgerechte und kontinuierliche Belieferung vollversorgender Arzneimittelgroßhandlungen gewährleisten“. Spezielle Verträge mit ausgewählten Großhändlern wie das DTP-Modell von Pfizer dürfte es demnach also nicht geben.
„Es besteht ein besonderes öffentliches Interesse daran, dass Großhandelsbetriebe vorhanden sind, die ein möglichst breites Sortiment, auch an niedrigpreisigen Arzneimitteln, dauerhaft zu Gunsten der Apotheken und der Patienten vorhalten können“, so die Begründung des BMG. Der Anspruch ist allerdings auf die „bedarfsgerechte“ Belieferung deutscher Patienten beschränkt; der Bedarf für den sonstigen Handel, insbesondere für Exportgeschäfte oder der Zwischenhandel innerhalb der Europäischen Union, wird nicht erfasst. Ebenso wenig gilt die Regelung für Großhändler, die nur ein Teilsortiment vorhalten.
Erst im September hatte der Europäische Gerichtshofs (EuGH) Pharmaherstellern untersagt, die Belieferung bestimmter Großhändler zu verweigern. Demnach sollen die Mitgliedstaaten den zu erfüllenden Bedarf definieren. Wer im konkreten Fall die Menge für den deutschen Markt festlegt, wird sich zeigen.
Auch die vom Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels (Phagro) seit längerem angestrebte Änderung der Arzneimittelpreisverordnung wurde aufgenommen. Gesundheits- und Wirtschaftsministerium werden aufgefordert, zur Neugestaltung der Großhandelsspannen einen Vorschlag zur Neugestaltung der Arzneimittelpreisverordnung vorzulegen, der zum 1. Januar 2010 umgesetzt werden und in Kraft treten kann.
Im ursprünglichen Vorschlag des Phagro sollte ein Fixzuschlag von 0,93 Euro für jede vom Großhandel an die Apotheken verkaufte Packung eines rezeptpflichtigen Medikaments festgelegt werden. Zusätzlich war ein prozentualer Zuschlag auf den Abgabepreis von bis zu 3 Prozent geplant, aus dem die Rabatte an die Apotheken finanziert werden sollten. Die Verbände im Gesundheitswesen hatten dem Modell prinzipiell zugestimmt. Wie hoch Fixzuschlag und Marge tatsächlich ausfallen, bleibt abzuwarten. Nicht wenige Apotheker bangen um ihre ausgehandelten Konditionen.
Die Verbände haben bis zum 16. Januar Zeit, ihre Stellungnahmen zum Entwurf abzugeben. Am 20. Januar findet in den Räumen des Bundesumweltministeriums in Bonn eine Besprechung statt.
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